Mit dem Auto zum Virus-Test
Der neue Wertstoffhof wurde zum Beprobungszentrum umfunktioniert. Wie der Alltag dort aussieht
Die kleine, blaue Imbissbude am Unteren Talweg im Haunstetter Industriegebiet ist verlassen. Wo sonst Currywurst und Burger verkauft werden, sind die Fenster verschlossen. Doch immer wieder biegen Autos in den benachbarten „Drive-In“ein. Der hat allerdings nichts mit dem Imbiss zu tun. „Hier Einfahrt zum Beprobungszentrum Coronavirus“steht auf einem großen Schild. Daneben wartet eine Mitarbeiterin mit Mundschutz und einer Liste.
Seit dem 7. März ist der neue Wertstoffhof der Ort, an dem Menschen Gewissheit haben wollen. Hier werden sie bei Verdacht auf eine Infizierung mit dem Coronavirus von Ärzten getestet. Dick vermummt in Schutzkleidung, doppelter Lage von Handschuhen, Schutzbrille und Atemschutzmaske steht Ärztin Veronika Baur-Gnannt in der neuen, großen Halle. Eigentlich sollte hier Streusalz für den Winter lagern. Jetzt geht es um die Verhinderung einer anderen Streuung.
An diesem Nachmittag testet die Hausärztin mit einem Kollegen Menschen mit Krankheitssymptomen. Die Klienten fahren direkt mit den Autos in die Halle. Zwei Fahrzeuge haben nebeneinander Platz. Dann werden die Fensterscheiben heruntergelassen. Die Ärzte entnehmen mit einem Stäbchen einen Nasenabstrich, überreichen das Stäbchen Helfern, die die Proben eintüten. Sie werden an Labore weiter gegeben. Das Prozedere geht ruckzuck. Innerhalb von fünf Minuten können drei Menschen abgefertigt werden, berichten Koordinator Harald Geisser und Ordnungsreferent Dirk Wurm. „Für ein langes Gespräch ist da keine Zeit“, sagt Ärztin Baur-Gnannt. In die Beprobungsstelle werden sowieso nur Menschen mit Termin hineingelassen. Dies wird schon an der Einfahrt anhand der Liste überprüft.
Wie Harald Geisser berichtet, kämen manche Patienten vor lauter Aufregung zu früh. Viele seien spürbar angespannt. Dann müssen sie im Auto warten. Im „CoronaDrive-In“erfolgt alles strukturiert und nach strengen Vorsichtsmaßnahmen.
Wie Dirk Wurm erklärt, nehmen am Vormittag Mediziner des Gesundheitsamtes Proben von sogenannten Kontaktpersonen – Menschen also, die direkten Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatten. Sie müssen dazu auch Symptome aufweisen. Am Nachmittag testen Ärzte im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Egal ob die Menschen über das Gesundheitsamt, ihren Hausarzt oder über die KVB einen Termin bekommen, letztendlich laufen alle Fäden beim städtischen Gesundheitsamt zusammen. Dort will man den Überblick bewahren. Laut Wurm sei der Wertstoffhof als Beprobungszentrum ideal.
„Es ist besser, als wenn Personen, die zum Test gebeten werden, in einem Raum warten müssen.“Augsburg, so Wurm nicht ohne Stolz, habe den ersten Corona-Drive-In in Bayern gehabt. „Wir erkannten schnell, dass es eine Herausforderung wird, die Tests vorzunehmen.“Laut Koordinator Harald Geisser wurden die vergangenen 14 Tage, unter der Woche, rund 520 Abstriche am Unteren Talweg vorgenommen.
In Augsburg wurden bis Mittwoch insgesamt 312 Bürger positiv auf das Coronavirus getestet. 212 von ihnen sind bereits wieder genesen. Am Dienstag wurde der achte Coronavirus-Todesfall im Stadtgebiet bestätigt. Laut Gesundheitsamt handelte es sich um eine 85-jährige Patientin mit Vorerkrankung. Wie lange der neue Wertstoffhof als Corona-Teststelle verwendet wird, ist ungewiss. Zumindest aber erhalten diejenigen Gewissheit, die sich dort testen lassen.