Schwabmünchner Allgemeine

Das Telefon als Tor zur Außenwelt

Die Ausgangsbe­schränkung­en verändern unseren Alltag. Es gibt verschiede­ne Formen der Ablenkung. Wir haben heute bekannte Frauen nach ihrem Umgang mit der Krise gefragt

- VON TOBIAS KARRER Staatsmini­sterin Carolina Trautner.

Landkreis Augsburg Freie Zeit haben die meisten Menschen in diesen Tagen mehr als sonst. Männer schauen sich Fußball-Klassiker an oder garteln. Das haben wir gestern in einer Umfrage bei bekannten Persönlich­keiten erfahren. Und welche Tätigkeite­n zur Ablenkung bevorzugen Frauen? Wir haben uns umgehört.

Für Tina Schüssler sind Ausgangssp­erre und Corona-Krise eine „Katastroph­e“. Zusammen mit ihrer Band wollte sie eigentlich auf Tournee sein. Tickets, Plakate, Flyer, alles war gedruckt, ein neues Album sollte erscheinen. All das verschiebt die ehemalige Weltmeiste­rin in drei verschiede­nen Kampfsport­arten, die mittlerwei­le als Sängerin auf der Bühne steht, auf den September. „Ich warte ab. Wir müssen zusammenha­lten und das gemeinsam stemmen“, erklärt sie.

Nicht nur die Musik, sondern auch ihr ehrenamtli­ches Engagement als Landkreisb­otschafter­in oder Trainerin an der Uniklinik fällt weg. „Das bedeutet mehr Zeit für meinen Sohn und für Dinge, die man sonst eher vor sich herschiebt“, erklärt Schüssler.

Auch für Waltraut Wellenhofe­r bedeutet die Corona-Krise einige Veränderun­gen. Die 85-Jährige aus

wurde zwar vor einigen Wochen wieder in den Stadtrat Bobingen gewählt und auch ihr Engagement als Vorstand des örtlichen Sportverei­ns geht weiter, trotzdem verbringt sie ihre Zeit jetzt „ganz reserviert in meinem Haus“. Politische­s und ehrenamtli­ches Engagement passiert über das Telefon. Wellenhofe­r spricht viel mit Freunden, Verwandten und Kollegen. „Man versucht sich in dieser schweren Zeit so gut es geht beizustehe­n“, sagt sie. Jeden Tag liest sie die Zeitung von vorne bis hinten durch und freut sich dabei vor allem über Geschichte­n von Zusammenha­lt und Miteinande­r. „Wir müssen unser Leben ja auch im Wirrwarr der Krise weiterführ­en“, sagt Wellenhofe­r.

In Cennet Durguns Alltag dreht sich normalerwe­ise alles um Sport und Bewegung. Sie spielt für den TTC Langweid in der Zweiten Bundesliga Tischtenni­s und arbeitet als Personal Trainerin und Sportwisse­nschaftler­in in München. Jetzt versucht sie sich in ihrem Elternhaus in Donauwörth so gut es geht nützlich zu machen, erledigt Besorgunge­n für ihre Großeltern und hilft bei Renovierun­gsarbeiten. Zeit für Sport bleibt trotzdem noch. Fast jeden Tag geht sie Joggen. An der Donau entlang und zwischen Feldern zu laufen sei eine „schöne Abwechslun­g zur Großstadt“. Hinzu kommen regelmäßig­e Anrufe in der Türkei. Durguns Verwandtsc­haft ist genauso vom Coronaviru­s eingeschrä­nkt wie sie, „wenn die Auswirkung­en dort nicht noch schlimmer sind“, sagt die Sportlerin.

Die Einschränk­ungen der Corona-Krise bekommen auch Musiklehre­r zu spüren. „Für Musiker war die Krise ein grundsätzl­icher Schock, plötzlich war der Terminkale­nder leer“, betont Johanna Groß, Leiterin der Musikschul­e Stauden in Fischach und Lehrerin an der Singund Musikschul­e Zusmarshau­senStraßbe­rg

Horgau. Beide Schulen haben jetzt auf Online-Unterricht umgestellt – mit positiven Effekten für alle Beteiligte­n, erklärt Groß.

Die regelmäßig­en Termine bringen Abwechslun­g in den Krisenallt­ag von Lehrern und Schülern. Vor allem die Kinder würden aktuell vor einem Berg von Aufgaben aus der Regelschul­e sitzen und könnten sich nicht mit Freunden treffen. Der Termin mit dem Musiklehre­r bringe Struktur und sei eine willkommen­e Ablenkung.

Groß sieht auch positive Entwicklun­gen, die nach der Krise weiterwirk­en könnten. Über Aufnahmen, die hin- und hergeschic­kt werden, erziehe man die Schüler jetzt zu mehr Eigenständ­igkeit im Instrument­alunterric­ht. Außerdem bekommen viele Eltern jetzt zum ersten Mal mit, wie der Musikunter­richt eigentlich abläuft: „Für uns Lehrer ist das auch eine Chance, unsere Arbeit zu präsentier­en. Auf dem Land gibt es nämlich immer noch Menschen, die einen Instrument­allehrer nach seinem Hauptberuf fragen.“

Für Angelika Kienberger, Künstlerin und Bildhaueri­n mit Atelier in Emersacker, hat sich bisher nicht allzu viel verändert. „Ich kann meiner Arbeit ganz normal nachgehen“, erklärt sie. Was wegfällt, seien natürlich die Treffen mit Freunden am Abend, aber dafür telefonier­e ich jetzt mehr. Für ihre Kunst bleibt bisher nicht mehr Zeit. Nebenher arbeitet Kienberger in einem Dentallabo­r. „Da geht es bisher ganz normal weiter, mal sehen, wie lange noch.“Ansonsten versucht sie, viel an die frische Luft zu gehen. Aufgefalle­n ist ihr, dass auch das Leben auf dem Land ruhiger geworden ist. Trotz allem sei das „auch ganz schön“. Außerdem arbeitet auch ihr Mann jetzt von zu Hause. „Ich habe also jemanden, mit dem ich mich austausche­n kann“, sagt die Künstlerin.

Auch während der Corona-Zeit im Dienst ist

„Was mich derzeit wirklich beeindruck­t, ist der große Zusammenha­lt unserer Gesellscha­ft über alle Generation­en hinweg“, sagt die CSU-Politikeri­n. Ein Herzensanl­iegen ist ihr die Wertschätz­ung der sozialen Berufe: „Diese Menschen leisten Großartige­s und verdienen bessere Rahmenbedi­ngungen in ihrem Arbeitsall­tag sowie eine bessere Bezahlung.“Persönlich freue sie sich in der Zeit nach der Pandemie darauf, endlich Saxofonunt­erricht nehmen zu können. Und noch etwas fehlt der Politikeri­n: gemeinsame Restaurant­besuche mit ihrer Familie.

 ??  ?? Tina Schüssler
Tina Schüssler
 ??  ?? W. Wellenhofe­r
W. Wellenhofe­r
 ??  ?? Johanna Groß
Johanna Groß
 ??  ?? Carolina Trautner
Carolina Trautner

Newspapers in German

Newspapers from Germany