Schwabmünchner Allgemeine

Folgt ein Reiseboom im kommenden Jahr?

Die Anfragen in den Augsburger Reisebüros sind fast zum Stillstand gekommen. So einen Einbruch hat die Branche noch nie erlebt. Nach Ende der Krise rechnen die Experten aber mit verstärkte­n Buchungen

- VON BRIGITTE MELLERT

In den Augsburger Reisebüros herrscht Dunkelheit. Nur vereinzelt sieht man noch Mitarbeite­r an den Schreibtis­chen sitzen, dort, wo Menschen zuvor noch voller Vorfreude ihren Urlaub geplant hatten. Das Ostergesch­äft ist schon verloren. Doch auch was Pfingsten und die Sommerferi­en betrifft, mag im Augenblick niemand an Urlaub denken. Der komplette Ausfall von Reisen hat die Tourismusb­ranche hart getroffen. Dennoch blickt die Branche vorsichtig optimistis­ch in die Zukunft.

So auch der Geschäftsf­ührer eines großen Reiseunter­nehmens in Augsburg. Trotz der Krise gibt er sich zuversicht­lich: „Das Grundbedür­fnis zu reisen ist bei den Menschen weiterhin da“, sagt der Experte, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Schon jetzt seien bei ihm erste Buchungen für Kreuzfahrt­en im kommenden Jahr eingegange­n. Allerdings, so schätzt er, werde das Reiseverha­lten sich erst nach und nach normalisie­ren. „Ich vermute, dass zunächst die Reisen innerhalb Deutschlan­ds und dann in Österreich und der Schweiz wieder zunehmen.“Länger werde es dauern, bis wieder Fernreisen gefragt seien.

Bis dahin ist es aber noch lange Momentan sei es ruhig, nur noch wenige Mitarbeite­r befinden sich im Büro. „Die Urlaubsanf­ragen sind bisher verhalten, ab Herbst und für die Sommerferi­en gibt es vereinzelt wieder welche.“Eine ungewohnte Situation für den Geschäftsf­ührer. Er könne sich nicht erinnern, dass die Reisebranc­he schon einmal solche Einbußen erlitten hatte.

Bis Ende Mai habe er alle Reisen stornieren müssen. „Wir bieten Urlaube in den Pfingstfer­ien an“, sagt er. In Bayern beginnen diese Anfang Ob die Reise dann tatsächlic­h stattfinde­n werde, könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. „Wir benachrich­tigen unsere Kunden vier Wochen im Voraus, wenn ihre Reise storniert wird.“Überhaupt falle es ihm schwer, Prognosen abzugeben. „Es hängt von der Entscheidu­ng seitens der Regierung ab“, verdeutlic­ht der Geschäftsf­ührer.

Ähnlich ergeht es Reinhard Kotzaurek, General Manager Central Europe für STA Travel. Einem Reiseanbie­ter, der aufgrund seiner Individual­und Abenteuerr­eisen behin. sonders bei Jüngeren und Studenten beliebt ist. Anders als sein Augsburger Kollege bewirbt er auf seiner Homepage weiterhin Urlaubsrei­sen. Allerdings bisher ohne Resonanz. Kotzaurek: „Faktisch besteht Interesse ab der zweiten Jahreshälf­te 2020“, beschreibt er den Rückgang an Kundenanfr­agen. Beliebte Urlaubszie­le wie etwa Südostasie­n aber auch Weltreisen seien „merklich zurückgega­ngen“, sagt er. Auch das Interesse an Kreuzfahrt­en liege momentan bei Null.

Wobei manche Urlauber wohl noch leise Hoffnung für Ende des Jahres und für 2021 schöpfen, wie es scheint. „Wir haben Anfragen, natürlich auf Sparflamme. Kundenanfr­agen kommen zu Australien, Neuseeland, Bali aber auch zu EU-Staaten.“Sogar Interesse an „Round the World Tickets“gebe es für Ende des Jahres.

Diese Entwicklun­g stimmt den Reiseexper­ten zuversicht­lich, dass die Tourismusb­ranche sich wieder erholen wird. Allerdings rechnet auch Kotzaurek mit einer langsamen Normalisie­rung und „einer stufenweis­en Entwicklun­g des Reiseverha­ltens“. Viel hänge von den äußeren Umständen der Reiseziele ab.

Aber auch die wirtschaft­liche Situation der Urlauber spiele eine Rolle, gibt Carolina Härting vom Reisecente­r Lechhausen zu bedenJuni. ken. Sie beobachtet derzeit eine große Verunsiche­rung bei ihren Kunden. „Viele wissen nicht, ob sie demnächst in Kurzarbeit gehen oder ob sie überhaupt noch ihre Stelle haben werden.“Nicht viel besser ergehe es dem Reisebüro selbst, dessen finanziell­e Lage angespannt sei, wie Härting verdeutlic­ht. „Da wir für Reisen, welche nicht durchgefüh­rt werden, keine Provision vom Veranstalt­er erhalten, arbeiten wir momentan ehrenamtli­ch und ohne Ertrag.“

Auch für Adnan Straub, Inhaber des Reisebüros am Kö, hat sich seine Arbeit grundlegen­d geändert. „Der Alltag heißt nun, bedingt durch die aktuelle Situation, Kunden zu informiere­n und Reisen beziehungs­weise Flüge zu stornieren oder umzubuchen. Anfragen zu neuen Buchungen kommen im Moment so gut wie überhaupt nicht.“Erste Reisen bietet er ab Juni an, Pauschalre­isen sogar erst einen Monat später.

„Im Moment bin ich in dieser Sache sehr vorsichtig“, sagt Straub. Eine solche Krise habe er noch nicht erlebt, sagt der Reisebüro-Betreiber. „Politische Unruhen oder Kriegszust­ände gab es immer“, schildert er. „Von diesen waren aber oftmals nur die betroffene­n Regionen betroffen.“Dafür rechnet der Geschäftsm­ann ab Frühjahr 2021 mit einem Reiseboom.

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Foto: Anna Lisa Lienert (Symbol) Palmen, Strand und Meer: Für viele Menschen gehört das zu einem Traumurlau­b dazu. Doch wann sind Fernreisen wieder möglich?

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