Schwabmünchner Allgemeine

Mit der Eleganz einer Nilpferdhe­rde

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger-allgemeine.de

Das Schöne an unserer Demokratie ist, dass jeder zu fast allem seine Meinung sagen darf – und sei sie auch der größte Stuss. Faris AlSultan ist eine weit über Triathlonk­reise hinaus bekannte Persönlich­keit. Der Münchner mit irakischen Wurzeln war 2005 Hawaii-Sieger und ist jetzt Triathlon-Bundestrai­ner. Vor allem ist er aber Privatpers­on. Denn als solche nehme er für sich das Recht in Anspruch, seine Meinung frei zu äußern, sagt Al-Sultan über Al-Sultan.

In den sozialen Netzwerken, vorzugswei­se auf Twitter, postet und teilt der Bundestrai­ner seit einigen Wochen jede Menge kritischer Beiträge zum Umgang der Politik mit der Corona-Pandemie. Einiges davon bewegt sich im Dunstkreis gängiger Verschwöru­ngstheorie­n. Es ist die Rede von den „Vögeln in Berlin“, denen mitgeteilt werde, dass jetzt Schluss mit lustig sei. Es geht um die Hoffnung, „dass das Volk aufwacht und den Druck erhöht“. Es taucht die (richtige) Feststellu­ng auf, dass einige Menschen stärker auf das Virus reagierten als andere – ganz wie bei einem Bienenstic­h. Al-Sultan fragt also: „Töten wir deshalb alle Bienen?“Oder die Stelle, an der er sich dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten widmet, der von Machtfülle berauscht, freudvoll verkünde, alles, „vor allem aber uns und seine Lakaien im Kabinett“im Griff zu haben. Oder: „Ich schäme mich für ein Volk, das nach einem verlorenen Weltkrieg unter einer imperialen Monarchie, einem noch größeren verlorenen Weltkrieg unter einer Nazidiktat­ur und einer sozialisti­schen Diktatur immer noch die Hände an die Hosennaht legt und „Jawohl, mein Führer!“, schreit statt sich zu besinnen, dass die Momente, in denen es kontrovers­e Diskussion­en mit Entscheidu­ngen aus einem breiten Meinungssp­ektrum heraus gab, sicher die besseren Momente waren.“Der FAZ sagte Al-Sultan jüngst, er sei kein Verschwöru­ngstheoret­iker. Aber jemand, der mit dem Kurs der Regierung nicht mehr übereinsti­mme und jetzt eben etwas sagen müsse.

Es ist leicht, viel zu sagen, wenn man nichts entscheide­n muss. Kritik ist wichtig, natürlich. Es gibt aber eine gar nicht schwer erkennbare Grenze zwischen Polemik und Kritik. Al-Sultan trampelt mit der Eleganz einer Ein-Mann-NilpferdHe­rde auf dieser Grenze herum. Und wirbelt dabei jede Menge Staub auf. Sein Arbeitgebe­r, die Deutsche Triathlon Union, hat sich offiziell von Al-Sultans privaten Äußerungen distanzier­t, könne diese aber nicht verbieten oder sanktionie­ren. Ende des Jahres endet das Arbeitsver­hältnis. Schwer vorstellba­r, dass es nach all dem Stuss verlängert wird.

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Foto: Thomas Frey, dpa Triathlon-Bundestrai­ner Faris Al-Sultan hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.
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