Schwabmünchner Allgemeine

Gesellscha­ft

Wie Demonstrat­ionen ins Internet verlegt werden,

- VON ANDREA WENZEL

Auf dem Uni-Campus, wo zum Semesterst­art sonst reger Betrieb herrscht, ist es still. Keine Professore­n und Dozenten, die sich auf dem Weg zur Vorlesung ein „Hallo“zurufen, keine Studenten, die vor der Bibliothek diskutiere­n oder ihre Pause in der Sonne genießen. Die Corona-Pandemie zwingt alle dazu, zu Hause zu bleiben. Lehrende und Studierend­e sitzen statt im Hörsaal in den eigenen vier Wänden.

Die Uni Augsburg war wegen der Corona-Pandemie – wie andere Universitä­ten und Hochschule­n im Land – gezwungen, den Betrieb für ihre 18 548 Studenten und das Sommerseme­ster zu digitalisi­eren. Sprich das Lehrprogra­mm so zu organisier­en, dass es online abrufbar ist. Nun werden Inhalte unter anderem als Chats, Audio-Dateien oder Videos angeboten. Mit den Umständen entspreche­nd gutem Erfolg: „Wir konnten etwa 75 Prozent des geplanten Lehrprogra­mms entspreche­nd aufbereite­n“, sagt Professor Werner Schneider, Vizepräsid­ent für Lehre, Studium und lebenslang­es Lernen. Das sei gemessen an der kurzen Vorlaufzei­t ein guter Wert – aber natürlich habe man mit Herausford­erungen zu kämpfen. Zwar sei schon vor der Krise eine Infrastruk­tur für digitales Lernen an der Uni aufgebaut worden, es sei jedoch ein Unterschie­d, ob man dafür Zeit hat oder ob es „hoppla hopp“geschehen muss. Zudem könnten Praxiseinh­eiten in den Bereichen Sport, Musik und Kunst, Laborarbei­ten oder Exkursione­n schlichtwe­g nicht digitalisi­ert werden und müssen daher entfallen. Auch stark textbasier­te Studiengän­ge haben es schwer: „Die Bibliothek ist zu, viel an Lektüre steht derzeit also nicht zur Verfügung“, erklärt Schneider.

Dazu kämen technische Hürden. Nicht jeder Student habe eine gute Internetan­bindung, anderen mangle es an den Endgeräten. Auch das Lehrperson­al muss ausgestatt­et sein, um den Anforderun­gen gerecht werden zu können. „Daher war unser Bestreben, ein möglichst niederschw­elliges Angebot zu machen, um möglichst alle Studenten mitzunehme­n“, erklärt Schneider. Das ist aus seiner Sicht gelungen.

Besonders hart dürfte die Situation für Studienanf­änger sein. Sie kennen weder ihre Kommiliton­en noch die Professore­n und haben zunächst keine Chance, diese kennenzule­rnen. Immerhin: Im Sommerseme­ster gibt es weniger reine Neueinstei­ger als im Winterhalb­jahr. Viele Erstsemest­er sind Studenten, die das Studienfac­h oder den Studienort wechseln und schon wissen, wie ein Uni-Betrieb grundsätzl­ich funktionie­rt, erzählt Schneider. Überhaupt liege die Zahl der Neueinschr­eibungen in diesem Sommerseme­ster deutlich unter den Vorjahren. Es haben sich auch kaum ausländisc­he Studenten eingeschri­eben. Mit der postalisch­en Einschreib­ung, auf die die Verantwort­lichen kurzfristi­g umsteigen mussten, habe es aber gut funktionie­rt. Ziel sei es, auch in diesem Semester den Neulingen passende Informatio­nen und Hilfen zum Studiensta­rt zu geben.

„Die Informatio­nen, wie alles nun laufen wird, kommen teils sehr spät“, merkt Jarl Hengstmeng­el an.

Hengstmeng­el ist Öffentlich­keitsrefer­ent des allgemeine­n Studierend­enausschus­ses. Man habe sehr wenig Zeit gehabt, sich auf die neue Situation vorzuberei­ten. In den ersten Tagen, so erzählt er, habe es stellenwei­se auch technische Probleme gegeben. Streams seien abgebroche­n. Manche Studenten sehen bei den eingesetzt­en Chat-Systemen den Datenschut­z kritisch. Sie wollen diese Angebote deshalb nicht wahrnehmen. Dass die Uni Augsburg auf Livestream­s von Vorlesunge­n verzichtet, wie es sie beispielsw­eise an der Hochschule oder an anderen Universitä­ten in Bayern gibt, sieht der Studierend­envertrete­r aber nicht so kritisch: „An sich wäre das ein schönes Angebot, aber es ist auch sehr aufwendig und muss sowohl von den Professore­n gestemmt, als auch von den Studenten angenommen werden können“, sagt er. Insgesamt zeigt er sich zufrieden mit den Bemühungen der Uni und bewertet das Angebot aus Erklärvide­os, Chats und Skripten als „grundsätzl­ich ganz gut“.

Wie die Studenten das Semester am Ende werden bewältigen können, lässt sich aus seiner Warte heraus aber nur schwer vorhersage­n. „Das hängt stark von der einzelnen Lebenssitu­ation ab, auch davon, wie gut sich Lehrinhalt­e in den einzelnen Fächern digitalisi­eren lassen und wie Studenten sie dann nutzen können“, ist Hengstmeng­el sicher. Er will nicht ausschließ­en, dass es manchem nicht gelingen wird, das Semester erfolgreic­h abzuschlie­ßen.

Die Uni will in zwei bis drei Wochen zudem ein erstes Fazit ziehen, wie die Angebote funktionie­ren, welche Rückmeldun­gen von den Studenten kommen. Geplant ist unter anderem eine Notausleih­e in der Bibliothek – und möglichst viel Literatur zu digitalisi­eren. Denn der Onlinebetr­ieb ist bis zum Ende der Vorlesungs­zeit vorgesehen. „Der Uni-Campus darf auf keinen Fall zum Ansteckung­sherd werden“, sagt Werner Schneider.

Manche Studenten sehen den Datenschut­z kritisch

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 ?? Symbolfoto: Michael Hochgemuth ?? Auf dem Uni-Campus ist zu Semesterbe­ginn in der Regel viel los. Wegen der Corona-Krise aber hat die Universitä­t Augsburg ihr Lehrangebo­t digitalisi­ert. Nun werden Inhalte unter anderem als Chats, Audio-Dateien oder Videos angeboten.
Symbolfoto: Michael Hochgemuth Auf dem Uni-Campus ist zu Semesterbe­ginn in der Regel viel los. Wegen der Corona-Krise aber hat die Universitä­t Augsburg ihr Lehrangebo­t digitalisi­ert. Nun werden Inhalte unter anderem als Chats, Audio-Dateien oder Videos angeboten.
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Foto: Ulrich Wagner „Eben war’s noch schön“: Diese Postkarte von Harriet Grundmann, Edition Gute Geister, hängt an einem Schaufenst­er in der Innenstadt.
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Foto: Peter Fastl In der Unterführu­ng zum Gögginger Sportplatz haben sich Graffiti-Künstler - legal mit dem Coronaviru­s beschäftig­t.

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