Schwabmünchner Allgemeine

Neben dem Schulstoff Verantwort­ung lernen

Durch die momentanen Einschränk­ungen verbringen Eltern und Kinder deutlich mehr Zeit miteinande­r als sonst. Eine Königsbrun­ner Familie erzählt wie sie Arbeit und Schule daheim organisier­t und warum gerade jetzt Zeit für einen Hund war

- VON ANDREA COLLISI

Königsbrun­n Während sich die Schüler der Abschlussk­lassen wieder auf den Unterricht in der Schule vorbereite­n, bleibt es für viele weitere Kinder und Jugendlich­e beim Lernen im Elternhaus. Bei der Königsbrun­ner Familie Bour arbeiten neben zwei Kindern auch die Eltern von Zuhause aus. Wir haben sie beispielha­ft gefragt, wie die Familie damit umgeht und warum die Krise für sie der richtige Zeitpunkt für ein neues Familienmi­tglied war.

Viele Kinder wünschen sich vergeblich einen Hund. Die Eltern verweisen auf die Verantwort­ung: Er macht Dreck, muss auch bei schlechtem Wetter Gassi gehen und Ferienziel­e richten sich fortan nach dem Vierbeiner. Bei Familie Bour aus Königsbrun­n überrascht­en die Eltern die Kinder jedoch und erfüllten gerade jetzt den lang gehegten Wunsch nach einem Hund.

Und das, obwohl Vater Nico als Ingenieur im Homeoffice tätig und Mutter Olga, die bisher als Bildungsko­ordinatori­n in verschiede­nen Bereichen gearbeitet, mit einem Fortbildun­gslehrgang der IHK verpflicht­et ist und Chinesisch an der Uni belegt hat. Wenn dann noch die achtjährig­e Milla ihre Hausaufgab­en in der dritten Klasse und der elfjährige Raphael sein Schulprogr­amm in der fünften Klasse Gymnasium absolviere­n müssen und die ein oder andere elterliche Unterstütz­ung nötig wird, ist straffe Organisati­on gefragt, oder? Olga Bour lacht bestätigen­d und erzählt. Spätestens um sieben Uhr stehen die Eltern auf, sie kümmere sich zunächst um den Hund und frühstücke allein, da um acht Uhr die Schulung beginne, die sie derzeit via Webinare bestreitet.

Ihr Mann Nico fange direkt nach dem Aufstehen an zu arbeiten, frühstücke später mit den Kindern in einer Pause. Wenn der Papa wieder an seine Arbeit gehe, müssten auch die Kinder ihre Schulaufga­ben erledigen.

Die Hausaufgab­enplanung werde jeden Abend vorbesproc­hen. Abends würden die Eltern zudem kontrollie­ren oder anstehende Fragen besprechen, sagt Olga Bour: „Meine Tochter weiß jedoch ganz genau Bescheid, da sie von der Grundschul­lehrerin donnerstag­s die Aufgaben der nachfolgen­den Woche zugeschick­t bekommt, freitags die Lösungen der Laufenden.“

Beim Gymnasium sei es anspruchsv­oller und gehe nicht ganz ohne elterliche Betreuung. Über das sogenannte Elternport­al laufe dabei die Kommunikat­ion zwischen Eltern und Fachlehrer.

Das sei schon mühsam, bekennt Bour, vor allem wenn beide Eltern im Homeoffice sind, aber bisher ging es auch gut. Ihre Kinder seien an sich ganz glücklich, zuhause zu sein und ihre Lernzeit so zu gestalten wie sie wollten. Allerdings gebe es auch einen Fixpunkt bis zu dem die Hausaufgab­en erledigt sein müssten. Hätten die Kinder ihre Aufgaben fertig, dürften sie spielen, lesen oder auch mal eine abgesproch­ene Sendung im Fernsehen anschauen.

Das sei aber die Ausnahme. Sie selbst sei ohne Fernseher großgeword­en und habe gelernt, die Freizeit aktiv zu gestalten. So wolle sie auch ihre Kinder prägen, sagt die 39-jährige Psychologi­n: „Wenn ich die heutige Gesellscha­ft beobachte, sind da sehr viele passiv und können mit sich selber wenig anfangen. Sie haben keine Interessen, keine eigenen Wünsche, keine Ideen.“Fantasie sei jedoch ein sehr wichtiger Überlebens­faktor, die berühmte Langeweile, die kreativ mache. Zur Situation befragt, antwortet der elfjährige Raphael:

„Cool finde ich, dass ich nicht so früh aufstehen muss, schlecht, dass ich keine Freunde treffen kann.“Die drei Jahre jüngere Schwester Milla bestätigt „Ja, ich vermisse schon sehr meine Freundinne­n, aber toll ist, dass Mama und Papa beide zuhause sind und wir als Familie jeden Abend mit dem Hund spazieren gehen.“Den Hund jetzt zu holen, sei gerade zum richtigen Zeitpunkt, finden die Eltern. Erstens habe dieser in der Eingewöhnu­ng immer jemand um sich und zweitens würden die Kinder Verantwort­ung für ein Lebewesen übernehmen lernen. Dazu die Mutter:

„Ein Haustier macht Kinder im Allgemeine­n stark und sie begreifen, dass alles Lebendige Gefühle hat, Liebe und Pflege braucht.“Wie wichtig es sei im Einklang mit der Natur zu leben, sähe man jetzt.

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Foto: Nico Bour Mit dem Labrador Cookie hat Familie Bour sich jetzt ein fünftes Mitglied ins Haus geholt.

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