Neben dem Schulstoff Verantwortung lernen
Durch die momentanen Einschränkungen verbringen Eltern und Kinder deutlich mehr Zeit miteinander als sonst. Eine Königsbrunner Familie erzählt wie sie Arbeit und Schule daheim organisiert und warum gerade jetzt Zeit für einen Hund war
Königsbrunn Während sich die Schüler der Abschlussklassen wieder auf den Unterricht in der Schule vorbereiten, bleibt es für viele weitere Kinder und Jugendliche beim Lernen im Elternhaus. Bei der Königsbrunner Familie Bour arbeiten neben zwei Kindern auch die Eltern von Zuhause aus. Wir haben sie beispielhaft gefragt, wie die Familie damit umgeht und warum die Krise für sie der richtige Zeitpunkt für ein neues Familienmitglied war.
Viele Kinder wünschen sich vergeblich einen Hund. Die Eltern verweisen auf die Verantwortung: Er macht Dreck, muss auch bei schlechtem Wetter Gassi gehen und Ferienziele richten sich fortan nach dem Vierbeiner. Bei Familie Bour aus Königsbrunn überraschten die Eltern die Kinder jedoch und erfüllten gerade jetzt den lang gehegten Wunsch nach einem Hund.
Und das, obwohl Vater Nico als Ingenieur im Homeoffice tätig und Mutter Olga, die bisher als Bildungskoordinatorin in verschiedenen Bereichen gearbeitet, mit einem Fortbildungslehrgang der IHK verpflichtet ist und Chinesisch an der Uni belegt hat. Wenn dann noch die achtjährige Milla ihre Hausaufgaben in der dritten Klasse und der elfjährige Raphael sein Schulprogramm in der fünften Klasse Gymnasium absolvieren müssen und die ein oder andere elterliche Unterstützung nötig wird, ist straffe Organisation gefragt, oder? Olga Bour lacht bestätigend und erzählt. Spätestens um sieben Uhr stehen die Eltern auf, sie kümmere sich zunächst um den Hund und frühstücke allein, da um acht Uhr die Schulung beginne, die sie derzeit via Webinare bestreitet.
Ihr Mann Nico fange direkt nach dem Aufstehen an zu arbeiten, frühstücke später mit den Kindern in einer Pause. Wenn der Papa wieder an seine Arbeit gehe, müssten auch die Kinder ihre Schulaufgaben erledigen.
Die Hausaufgabenplanung werde jeden Abend vorbesprochen. Abends würden die Eltern zudem kontrollieren oder anstehende Fragen besprechen, sagt Olga Bour: „Meine Tochter weiß jedoch ganz genau Bescheid, da sie von der Grundschullehrerin donnerstags die Aufgaben der nachfolgenden Woche zugeschickt bekommt, freitags die Lösungen der Laufenden.“
Beim Gymnasium sei es anspruchsvoller und gehe nicht ganz ohne elterliche Betreuung. Über das sogenannte Elternportal laufe dabei die Kommunikation zwischen Eltern und Fachlehrer.
Das sei schon mühsam, bekennt Bour, vor allem wenn beide Eltern im Homeoffice sind, aber bisher ging es auch gut. Ihre Kinder seien an sich ganz glücklich, zuhause zu sein und ihre Lernzeit so zu gestalten wie sie wollten. Allerdings gebe es auch einen Fixpunkt bis zu dem die Hausaufgaben erledigt sein müssten. Hätten die Kinder ihre Aufgaben fertig, dürften sie spielen, lesen oder auch mal eine abgesprochene Sendung im Fernsehen anschauen.
Das sei aber die Ausnahme. Sie selbst sei ohne Fernseher großgeworden und habe gelernt, die Freizeit aktiv zu gestalten. So wolle sie auch ihre Kinder prägen, sagt die 39-jährige Psychologin: „Wenn ich die heutige Gesellschaft beobachte, sind da sehr viele passiv und können mit sich selber wenig anfangen. Sie haben keine Interessen, keine eigenen Wünsche, keine Ideen.“Fantasie sei jedoch ein sehr wichtiger Überlebensfaktor, die berühmte Langeweile, die kreativ mache. Zur Situation befragt, antwortet der elfjährige Raphael:
„Cool finde ich, dass ich nicht so früh aufstehen muss, schlecht, dass ich keine Freunde treffen kann.“Die drei Jahre jüngere Schwester Milla bestätigt „Ja, ich vermisse schon sehr meine Freundinnen, aber toll ist, dass Mama und Papa beide zuhause sind und wir als Familie jeden Abend mit dem Hund spazieren gehen.“Den Hund jetzt zu holen, sei gerade zum richtigen Zeitpunkt, finden die Eltern. Erstens habe dieser in der Eingewöhnung immer jemand um sich und zweitens würden die Kinder Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen lernen. Dazu die Mutter:
„Ein Haustier macht Kinder im Allgemeinen stark und sie begreifen, dass alles Lebendige Gefühle hat, Liebe und Pflege braucht.“Wie wichtig es sei im Einklang mit der Natur zu leben, sähe man jetzt.