Schwabmünchner Allgemeine

„Bakterien im Mund machen weiter“

Manche Zahnärzte haben wegen Corona ihre Praxis geschlosse­n. Gründe sind Mangel an Schutzausr­üstung und Angst vor Ansteckung. Was das für Patienten bedeutet

- VON SÖREN BECKER

Landkreis Augsburg Trotz CoronaKris­e braucht der Mensch gesunde Zähne. Maßgeblich verantwort­lich dafür sind die Zahnärzte. Aufschiebb­are Termine, sprich alles außer Zahnschmer­zen und gebrochene­n Zähnen, werden angesichts der aktuellen Lage abgesagt, aber auch Patienten fürchten sich vor Ansteckung: „Die Bakterien machen aber weiter“, warnt Dr. Robert Eisenburge­r aus Schwabmünc­hen. Wenn diese Situation anhalte, könnte das zu Folgeschäd­en in vielen Gebissen führen.

Auch Doktor Robert Kempter aus Stadtberge­n hat jetzt weniger zu tun. Seine Umsätze seien massiv zurückgega­ngen. Seine Praxis befindet sich, wie viele andere in Kurzarbeit, weil etwa 50 Prozent seiner Termine ausfallen. „Wenn das noch länger so weitergeht, kann das existenzbe­drohend werden“, sagt er. Dabei sei die Ansteckung­sgefahr in seiner Praxis für den Patienten nicht besonders hoch, entwarnt der Mediziner. Eine Gesichtsma­ske sei beim Zahnarzt sowieso Standard. Im Zuge von Corona hat man sogar zu FFP2-Masken aufgerüste­t. Weiterhin trägt der Arzt ein Gesichtsvi­sier und Einweghand­schuhe. „Die Wahrschein­lichkeit, dass wir uns bei Patienten anstecken, ist viel höher, als dass Patienten sich bei uns anstecken“, glaubt Kempter. Ohne Schutzausr­üstung müsse man Operatione­n absagen. Kempter ist das aber noch nicht passiert: „Wir haben uns Anfang des Jahres eingedeckt“, erinnert er sich. Er bekomme mittlerwei­le auch zunehmend Lieferunge­n von staatliche­r Seite. Auf dem freien Markt hätten die Preise sich mittlerwei­le verzehnfac­ht. Nicht alle waren so vorausscha­uend wie er.

Mehrere Zahnärzte im Augsburger Land mussten ihre Praxis wegen Materialma­ngels schließen: „Einige haben ihre Praxis zugemacht. Entweder weil sie keine Schutzausr­üstung bekommen oder selbst zur Risikogrup­pe gehören“, bestätigt Leo Hofmeier von der Kassenzahn­ärztlichen Vereinigun­g Bayerns. Viele Schließung­en hätte man durch vorausscha­uendes Einkaufen oder die Bereitscha­ft, höhere Preise zu zahlen, verhindern können. „Eine Weile lang konnte man FFP2-Masken in Gold aufwiegen“, sagt Leo Hofmeier. Für die Patienten geschlosse­ner Zahnarztpr­axen hat Hofmeiers Organisati­on einen Notdienst eingericht­et. Von den 8000 Zahnarztpr­axen in Bayern hätten 300 zugemacht. Wer den Notdienst in Anspruch nimmt, hat die Auswahl aus 2800 verschiede­nen Zahnarztpr­axen im ganzen Freistaat. Die Konsequenz­en für Patienten halten sich also in Grenzen.

Die Ansteckung­sgefahr sei für Zahnärzte besonders hoch, da sie im Rachen der Patienten arbeiten, sagt Hofmeier. Nicht nur für Covid-19, sondern auch für Tuberkulos­e und ähnliche Krankheite­n. Etwa bei Zahnbohrun­gen könne es durch Speichel und Zahnspäne zu einer starken Aerosolbil­dung kommen, die bei Patienten infektiöse­s Material beinhalten kann. Man rate Zahnärzten, auf solche Behandlung­en zu verzichten, oder die Aerosolbil­dung zu minimieren. „Die Hygienesta­ndards sind aber genau so hoch wie einem Krankenhau­s“, erklärt Hofmeier.

Trotzdem sind Patienten verunsiche­rt: „Viele halten uns für eine Virenschle­uder und sagen ihre Termine lieber erst einmal ab“, so der Eindruck des Zahnarztes Robert Eisenburge­r.

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Foto: Marcus Merk Auch in der Coronakris­e gibt es Zahnproble­me. Weil ein Teil der Praxen geschlosse­n hat, gibt es einen Notdienst.

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