Schwabmünchner Allgemeine

„In Moria droht eine Katastroph­e“

Der langjährig­e bayerische Kultusmini­ster Hans Maier engagiert sich für die Menschen in dem überfüllte­n griechisch­en Flüchtling­slager und erklärt, warum er sich an den Krieg erinnert fühlt

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Herr Maier, wie ist aktuell die Lage im Flüchtling­scamp Moria auf Lesbos?

Hans Maier: Die Lage ist nach wie vor katastroph­al. Das ist ja auch kein Wunder, wenn man sich vor Augen führt, dass das Camp Moria ursprüngli­ch für 3000 Menschen ausgelegt war, jetzt aber rund 20000 Geflüchtet­e dort leben. Erschweren­d kommt hinzu, dass die Hilfsorgan­isationen aus Angst um ihre Mitarbeite­r, die ja ebenfalls von Ansteckung bedroht sind, Personal weitgehend abgezogen haben. Sorgen macht uns auch, dass sich die Übergriffe im Lager häufen. Einmal unter den verschiede­nen Nationalit­äten im Lager, anderseits gibt es aber auch die griechisch­en Einwohner und vor allem Leute vom Festland, die zunehmend gegen die Situation protestier­en. Sie müssen sich vor Augen führen, dass es auf der Insel lediglich ein Krankenhau­s gibt.

Ist denn das Virus in Moria bereits nachgewies­en worden?

Maier: auf Lesbos, aber meine Tochter hat mich überzeugt, dass ich da helfen kann.

Werden Sie auch angefeinde­t dafür, dass Sie mit Ihrer Hilfsiniti­ative bereits eine sechsstell­ige Summe eingesamme­lt haben?

Maier: Glückliche­rweise bekomme ich in erster Linie Zuschrifte­n, die positiv sind. Allerdings werfen mir auch einige vor, dass ich doch lieber Deutschen helfen sollte. Aber das sind nur Ausnahmen. Ich sage dann immer, dass das Virus keine Grenzen kennt. Wir müssen alles daran setzen, die Infektione­n zu stoppen, ob in Deutschlan­d oder anderswo.

Wie sorgen Sie dafür, dass das Geld der Initiative „Ein Osterlicht für Moria“(https://osterlicht­moria.de) – es handelt sich ja bereits um eine sechsstell­ige noch mehr passieren. Die Europäisch­e Union ist gefordert. Wir brauchen eine solidarisc­he Politik.

Wie soll das gehen, wenn man zum Beispiel nach Ungarn blickt. Die CSU hat den Ministerpr­äsidenten Victor Orbán ja lange hofiert. Doch Orbán hält von Solidaritä­t ja offensicht­lich gar nichts.

Maier: Ich war in der Tat gar nicht glücklich darüber, dass die CSU eine Zeit lang diesen Kurs gefahren hat. Glückliche­rweise hat da unter dem Ministerpr­äsidenten Markus Söder ein Umdenken stattgefun­den. Mit Leuten wie Victor Orbán kann man gerade in Krisenzeit­en keine sinnvolle Politik machen. Generell muss ich sagen, dass Söder sich tatsächlic­h zu einem verantwort­ungsvollen und konstrukti­ven Politiker gewandelt hat. nur hoffen, dass sich die europäisch­e Zusammenar­beit nach der CoronaKris­e wieder belebt und intensivie­rt; im Augenblick sehe ich mit Sorge den Rückfall in Abschottun­g, Grenzpfähl­e, Zollstatio­nen ...

Ist das in Zeiten, in denen die USA unter Präsident Donald Trump nur noch schwer zu berechnen sind, nicht eine Option, die sträflich vernachläs­sigt wird?

Maier: Genauso ist das. Für Europa gibt es keine Alternativ­e. Das sollte gerade heute jeder begreifen.

Für Sie als Katholik muss es doch bitter gewesen sein, dass Sie das Osterfest nicht in Ihrer Gemeinde begehen konnten.

Maier: Ich habe mich in diesen Tagen an das Osterfest 1946 erinnert. Das war nach dem Krieg für mich ein ganz besonderes Ereignis. Dass

„Mit Leuten wie Viktor Orbán kann man gerade in Krisenzeit­en keine sinnvolle Politik machen.“

Hans Maier

 ?? Foto: Imago ?? Kinder warten auf die Ausgabe von Essensrati­onen im Flüchtling­scamp Moria auf der griechisch­en Insel Lesbos. Der frühere bayerische Kultusmini­ster Hans Maier setzt sich für die Menschen mit einer Spendenakt­ion ein.
Foto: Imago Kinder warten auf die Ausgabe von Essensrati­onen im Flüchtling­scamp Moria auf der griechisch­en Insel Lesbos. Der frühere bayerische Kultusmini­ster Hans Maier setzt sich für die Menschen mit einer Spendenakt­ion ein.

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