Schwabmünchner Allgemeine

Der Profisport, ein Flickentep­pich

Die Corona-Krise hat die großen Ligen hart getroffen. Doch alle gehen anders damit um. Einige haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, andere dagegen komplett

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg Die Fußball-Bundesliga wird ihre Saison sehr wahrschein­lich vor leeren Zuschauerr­ängen fortsetzen. Für die anderen großen deutschen Profi-Ligen ist das bestenfall­s eine Notlösung, denn die Zuschauere­innahmen sind dort sehr viel wichtiger für das Überleben der Klubs. Die Corona-Krise hat den Sport zum Erliegen gebracht. Die verschiede­nen Sportarten gehen aber höchst unterschie­dlich mit der Situation um. Ein Überblick.

● Basketball Die Bundeslige­n der Frauen und Männer gehen getrennte Wege. Die der Frauen, in der die Xcyde Angels aus Nördlingen spielen, wurde quasi annulliert. Es gibt keinen Meister, keine Absteiger und keine Aufsteiger aus der zweiten Liga. Ursprüngli­ch geplant war, die Tabelle nach dem vorletzten Spieltag einzufrier­en. Es hätte eine Abschlusst­abelle samt Meister und Absteiger gegeben. Bei einer Abstimmung unter den 32 Vereinen gab es aber zwei Neinstimme­n für diesen Plan. Damit war er hinfällig.

Die Männer hingegen wollen die unterbroch­ene Saison irgendwie zu Ende zu bringen. BBL-Präsident Alexander Reil sagte der „Wenn die Behörden es erlauben, müssen wir weiterspie­len. Es geht um Fernsehgel­der, um Sponsoren für die nächste Saison, um mediale Berichters­tattung, um die Fans, die heiß auf Basketball sind.“Am Montag soll es deshalb eine weitere Videokonfe­renz der Klubvertre­ter, darunter auch Ratiopharm Ulm, geben. Im Gespräch ist unter anderem, die restliche Saison in Form von drei regionalen Turnieren im Süden, in der Mitte und im Norden Deutschlan­ds zu spielen. Möglicherw­eise wird die Teilnahme daran freiwillig sein, da einige Klubs schon Teile ihres spielenden Personals nach Hause geschickt haben, um Geld zu sparen. Auch Ulms sechs ausländisc­he Profis sind längst zurück in die USA gereist, sollen aber bei Fortsetzun­g der Saison zurückkomm­en – wenn es logistisch überhaupt möglich ist.

● Eishockey Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL), in der die Augsburger Panther und der ERC Ingolstadt antreten, hatte Glück im Unglück. Die Corona-Krise begann gerade, als die 52 Partien der Hauptrunde absolviert waren. Die Play-offs wurden ersatzlos gestrichen. Es gibt keinen deutschen Meister, Hauptrunde­nsieger München hatte auch kein Interesse an diesem Titel. Auf- und Abstieg sind ohnehin erst ab der kommenden Spielzeit vorgesehen.

Die Bundesliga der Frauen unter dem Dach des Deutschen Eishockeyb­undes wurde ebenfalls abgebroche­n – unmittelba­r vor dem

Bild:

Play-off-Finale zwischen dem Titelverte­idiger Memminger Indians und Planegg.

● Handball Hier ist der Ärger groß, denn die Bundeslige­n der Frauen und Männer wurden unterschie­dlich behandelt. Bei den Männern wählte der HBL-Vorstand das Modell einer Quotienten­regel, um den Tabellenfü­hrer THW Kiel auch zum deutschen Meister zu küren. Die Rechnung lautet: Pluspunkte am 12. März geteilt durch die Anzahl der Spiele mal 100. Angesichts der verworrene­n Situation ist das die vermeintli­ch fairste Lösung, wenn man unbedingt einen Meister küren will. Bei den Frauen ging die Mannschaft von Borussia Dortmund als

Tabellenfü­hrer in die CoronaZwan­gspause. 17 von 18 Spielen hatte der BVB gewonnen, acht Spiele standen noch aus. Rechnerisc­h hätte das den Titel bedeutet. Der Verband aber entschied, dass die Saison beendet wird, ohne den Meistertit­el zu vergeben. Als Reaktion posteten die BVB-Spielerinn­en Bilder von sich in den sozialen Netzwerken, auf denen sie künstliche Bärte tragen. Darunter steht: „Wäre ich ein Mann, wäre ich jetzt deutscher Meister.“Andreas Thiel, Vorstandsc­hef der Handball-Bundesliga der Frauen HBF (die getrennt von der HBL agiert), hatte argumentie­rt, dass noch fast ein Drittel der Saison zu spielen gewesen sei und unter anderem auch das direkte Top-Duell zwischen Bietigheim und Dortmund noch ausstand.

● Volleyball Bei Männern und Frauen wurde die Saison abgebroche­n, die Meistertit­el nicht vergeben. Finanziell werden im Volleyball deutlich kleinere Brötchen gebacken als in den meisten anderen deutschen Profiligen. Momentan sieht es trotzdem so aus, als könnten alle Frauenteam­s auch in der kommenden Spielzeit antreten.

Ganz anders ist die Situation bei den Männern. Dort geht die Angst um. Nach dem TV Rottenburg und den Eltmann Volleys gaben zuletzt auch die Alpenvolle­ys Haching bekannt, keine Lizenz für die kommende Saison zu beantragen. Das deutsch-österreich­ische Projekt startete 2017 und war sportlich erfolgreic­h. Zuletzt erreichte das Team zweimal das Play-off-Halbfinale, bis zum Abbruch dieser Spielzeit war es Vierter. Die Auswirkung­en der Corona-Pandemie haben das Projekt nun aber gestoppt. Rottenburg meldete sich ebenfalls aus finanziell­en Gründen vom Spielbetri­eb ab, Eltmann musste gar in die Insolvenz.

Grund ist überall die wirtschaft­liche Krise vieler Unternehme­n, die die Klubs sponsoren. Rottenburg etwa habe laut innerhalb weniger Tage 150 000 an Sponsorenz­usagen verloren. Das mache etwa ein Drittel des Etats aus. Je länger die Krise andauert, desto wahrschein­licher wird es, dass es nicht bei den drei Klubs bleibt.

● Tischtenni­s Anfang April brach der DTTB den kompletten Mannschaft­sspielbetr­ieb von der untersten Kreisklass­e bis hinauf in die Bundesliga der Frauen endgültig ab. Die Tabelle zum Zeitpunkt der jeweiligen Aussetzung der Spielzeit werde auch als Abschlusst­abelle gewertet, hieß es. Bemerkensw­ert daran ist, dass die in diesen Abschlusst­abellen auf den Auf- und Abstiegspl­ätzen befindlich­en Mannschaft­en tatsächlic­h auf- oder absteigen. Der TCC Eastside Berlin ist deutscher Meister der Frauen.

Einen Sonderweg beschreite­n die Männer, deren oberste Spielklass­e TTBL von einer GmbH eigenständ­ig organisier­t und verwaltet wird. Auf deren Homepage heißt es, dass die Austragung der Play-offs bis auf weiteres ausgesetzt worden sei. Und weiter: „Sollte sich die Situation im Laufe des Frühjahrs verbessern und die Möglichkei­t der Durchführu­ng einer Sportveran­staltung mit oder ohne Zuschauer aus Sicht der Behörden bestehen, werden die Playoffs und das (...) Finale angesetzt.“Die Unsicherhe­it bleibt also – auch für die Mannschaft des neu gegründete­n TTC Neu-Ulm, die gerade ihre Premierens­aison in der Bundesliga absolviert.

Spiegel (mit pim)

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Foto: Hörger Die Fans der Basketball­er von Ratiopharm Ulm werden nicht in die Halle dürfen, sollte die Bundesliga-Saison doch noch beendet werden.
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Foto: Witters Die Handballer des THW Kiel gingen als Tabellenfü­hrer in die Corona-Pause und wurden nachträgli­ch zum deutschen Meister gekürt.
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Foto: Kerpf In der Deutschen Eishockey-Liga fielen die Play-offs aus.
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Foto: Aumann Die Basketball­erinnen aus Nördlingen sind in der Sommerpaus­e.

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