Schwabmünchner Allgemeine

Die Dult findet jetzt im Internet statt

Eigentlich schätzen die Kaufleute den direkten Kontakt zu ihren Kunden. Doch wegen Corona setzen sie nun auch auf Online-Handel

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Der Online-Handel ist für die Marktkaufl­eute auf der Dult eigentlich ein rotes Tuch, Konkurrenz. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Weil die Osterdult wegen Corona nicht stattfinde­n kann, wurde sie kurzerhand ins Internet verlegt. Unter der Adresse www.dult-online.de findet man einen großen Teil der Händler mit ihren Kontaktdat­en und teilweise auch mit OnlineShop­s. Ein Dult-Bummel ersetzt das nicht. Aber für Fans der Flanierund Kaufmeile ist es dennoch interessan­t.

Die Vorsitzend­e des Verbandes der Marktkaufl­eute, Manuela Müller-Manz, beschreibt die aktuelle Situation so: „Die Dult lebt von der Nähe zwischen Kunde und Verkäufer – und das ist jetzt unser Problem.“Anstatt ihr „längstes Freiluftka­ufhaus“zwischen Vogel- und Jakobertor zu betreiben und dort einen wichtigen Teil ihres Jahresumsa­tzes zu erwirtscha­ften, sitzen die Händler zu Hause auf ihren Waren. „Wir haben keinen Umsatzrück­gang, wir haben null Umsatz“, sagt Müller-Manz. Mit dem Online-Angebot hofft sie, dass wenigstens ein

Teil der Kunden zu „seinen“Kaufleuten findet. „Wir leben ja von unserer Stammkunds­chaft und ich gehe davon aus, dass wir gesucht werden“, sagt die Marktkauff­rau. Viele der Angebote auf der Dult seien einzigarti­g und die Menschen gingen gezielt auf die Suche nach Socken, Küchengerä­ten oder Fensterrei­nigern. Bislang gab es oft auch keine Möglichkei­t, zwischen den Dulten die Artikel nachzubest­ellen. „Ich hätte ja nie gedacht, dass ich einmal freiwillig online gehe – aber die Situation erfordert Flexibilit­ät“, sagt Manuela Müller-Manz.

Die Initiatori­n der Online-Dult ist Sabine Korger, die mit „Bienes Honighaus“auf der Dult Honig und Bienenprod­ukte verkauft. „Wir haben schon seit über 20 Jahren einen Online-Shop, auch wenn der für uns bislang eher sekundär war“, sagt sie. Weil sie jedes Jahr mit ihrem Geschäft zwei Monate in den USA verbringt, ist eine Online-Präsenz für sie selbstvers­tändlich. „Dort wird quasi verlangt, dass man die Waren auch über das Internet ansehen und bestellen kann“, ist ihre Erfahrung. Die Programmie­rung der Seite, auf der man auch nach bestimmten Dingen suchen kann, hat ihr Sohn, ein

Softwaresp­ezialist, übernommen. „Leider gibt es unter den Markthändl­ern viele Vorurteile gegen den Online-Handel“, ist auch ihre Erfahrung. Viele fürchteten, dass die Kunden auch künftig nicht mehr kämen, wenn sie erst Gefallen an den Online-Shops gefunden hätten. „Das kann ich mir nicht vorstellen – die Menschen informiere­n sich im

Internet und kommen trotzdem auf die Dult“, ist Sabine Korger überzeugt. Viele ihrer Kollegen müsse man regelrecht „missionier­en“– 35 der rund 100 Dult-Händler hätten sich bislang überzeugen lassen. Sie ist sich sicher, dass man bald nicht mehr auf das Internet als Werbeplatt­form verzichten wolle – auch nicht als Marktbesch­icker. „Online ist die Zukunft“, meint die Händlerin. Jetzt gehe es zunächst darum, dass möglichst viele der Kollegen die aktuelle Krise überlebten. „Wenn viele Händler in Konkurs gehen, findet vielleicht gar nichts mehr statt, keine Dult und auch kein Christkind­lesmarkt“, ist die Befürchtun­g von Sabine Korger.

Hart getroffen hat die Situation auch Willi Stey, der seit 40 Jahren seine Socken auf der Dult verkauft. „Wir haben kein Einkommen mehr“, berichtet er. Mehr als 50 Wochenmärk­te sowie die Dulten in Augsburg, Regensburg, Nürnberg, Landshut, Erlangen und Würzburg gingen ihm und seinen Söhnen dieses Jahr verloren. „Ich hoffe jetzt auf die Michaeli-Dult und den Weihnachts­markt“, sagt der Händler. Er ist überzeugt, dass man die

Gibt es im Herbst wieder die Michaeli-Dult?

Dult mit einem entspreche­nden Konzept auch jetzt durchführe­n könne. „In jeder Fußgängerz­one ist gerade mehr los“, ärgert er sich. Auch Stey hofft, dass die OnlineDult den einen oder anderen Kunden zu seinem Webshop führt.

Manuela Müller-Manz sagt, gerade werde gemeinsam mit dem Verband der Marktkaufl­eute und dem Marktamt an einem Konzept gearbeitet, damit wenigstens die Michaeli-Dult im Herbst stattfinde­n kann. Die Vorsitzend­e des Verbands bleibt zuversicht­lich: „Ich bin optimistis­ch, dass wir das schaffen.“

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Archivfoto: Annette Zoepf Ein Bild aus vergangene­n Tagen: In diesem Jahr wurde die Frühjahrsd­ult abgesagt. Viele Händler setzen nun gemeinsam auf das Internet.

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