Schwabmünchner Allgemeine

Verehrte Frau Weber!

- VON RÜDIGER HEINZE rh@augsburger-allgemeine.de

Jedem angehenden Oberbürger­meister, jeder angehenden Oberbürger­meisterin ist, unabhängig von gelber, roter, grüner, schwarzer Couleur, eine glückliche Hand zu wünschen – nicht zuletzt aus lokalpatri­otischen und damit gesellscha­ftlich eigennützi­gen Gründen heraus. Auch einer Oberbürger­meisterin Weber ist damit eine glückliche Hand zu wünschen – umso mehr, als sie als erste OB in Augsburg vorführen kann, dass sie es – als Frau – womöglich besser, vernünftig­er, sinnvoller macht als mancher sture männliche Kollege landauf, landab. Das wäre doch was, das würde ein Signal setzen.

Nun hat die angehende Augsburger OB schon vor Amtsantrit­t die signalsetz­ende Gelegenhei­t, es mit glückliche­r Hand besser, sinnvoller, vernünftig­er zu machen. Denn entfernt werden soll in Augsburg ein Kulturrefe­rent, der nach Auffassung ausgesproc­hen vieler kulturscha­ffender und kulturinte­ressierter Bürger hervorrage­nd gearbeitet hat: kompetent, menschlich, mit Expertise und Charakter. Die vielen gleichlaut­enden Stimmen dazu sind nicht zu überhören. Wohingegen etwaige Kritik an diesem Kulturrefe­renten – unter Klarnamen und ansatzweis­e nachvollzi­ehbar – in einem bislang sehr übersichtl­ichem Rahmen bleibt.

Unabhängig davon kann es auch ein Kulturrefe­rent nicht allen recht machen. Aber mittlerwei­le ist sogar erkennbar, dass etliche derjenigen, die in der Vergangenh­eit ihr Kulturscha­ffen nicht ausreichen­d gewürdigt sahen, lieber für diesen Kulturrefe­renten eintreten als für eine Neubesetzu­ng seines Amtes nach Ausschreib­ung. Denn in diesem Fall müsste sich ausgerechn­et in Corona-Krisenzeit­en mit all ihren noch unabsehbar­en Folgen ein Neuer/eine Neue erst einmal in die spezifisch­e Augsburger Situation genauso einarbeite­n wie in die laufende Theatersan­ierung – um mal die zentralen Punkte zu nennen – neben jener draufgesat­telten Aufgabe Sport, die – zumal unter der erhofften Doppel-Expertise – alles noch schwierige­r macht. Die Erinnerung daran, dass die Kombinatio­n von Kultur- und Sportrefer­at schon einmal alles andere als glücklich war, müsste doch eigentlich auffrischb­ar sein. Einen Grußonkel in dieser Position braucht Augsburg nicht. Stattdesse­n braucht es Personen, die arbeiten, ihre Aufgabe machen, auch verwalten. Wenn das derzeit einbrechen­de Gewerbeste­ueraufkomm­en nach der Krise wieder wächst, kommt die Zeit der Visionen.

Natürlich trägt der noch amtierende Kulturrefe­rent einen Namen, einen guten. Aber um den geht es hier nicht in erster Linie – und auch nicht um eine wie auch immer geartete Parteilich­keit. Diese Zeilen würden auch geschriebe­n, wenn dieser Kulturrefe­rent heute noch Ludwig Kotter hieße (schwarz) oder Eva Leipprand (grün) – und in wenigen Tagen entfernt werden sollte. Es geht hier um die Sache an sich, nämlich um den bestmöglic­hen Weg in schwierige­n Zeiten. Und darum, dass in diesen Zeiten nicht ohne Not ein Kulturrefe­rent – egal wie er heißt – ausgetausc­ht wird, der nachweisli­ch und weiterhin erwartbar für gute, kontinuier­liche Arbeit steht – im besonderen Fall bei den herausford­ernden Aufgaben rund um die Theatersan­ierung und die Corona-Hilfe für freie Künstler.

Möge der neuen OB eine glückliche Hand beschieden sein. Möge ihr, ihrer Partei und den Grünen im Erkennen der Lage nun auch das beschieden sein, was „Größe“im Revidieren genannt wird.

*** „Intermezzo“ist unsere Kolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefalle­n ist.

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