Schwabmünchner Allgemeine

Warum das Mozartfest doch nicht ausfällt

Zwar macht Corona dem Musikfesti­val, das in Kürze hätte beginnen sollen, einen Strich durch die Rechnung. Aber der Festivalle­iter hat einen Plan B parat und sieht sich herausgefo­rdert zum kreativen Umgang mit der Pandemie

- VON STEFAN DOSCH

In zwei Wochen hätte der Startschus­s fallen sollen für das Augsburger Mozartfest, bei dem in zwei Veranstalt­ungsblöcke­n bis Mitte Juni insgesamt 13 Konzerte hätten über die Bühne gehen sollen, mit dem diesmalige­n thematisch­en Schwerpunk­t auf „Mzrt & Bthvn“, wie der Festivalti­tel geheimnisv­oll versprach, auf Mozart und Beethoven. Die vom städtische­n Mozartbüro ausgericht­eten Festtage werden aus Corona-Gründen nicht stattfinde­n – doch sie fallen auch nicht einfach aus. Das Mozartfest 2020 wird verschoben, auf einen Termin im Herbst, der genaue zeitliche Rahmen steht sogar schon fest.

Wie so viele Kulturvera­nstalter, die für das Frühjahr geplant hatten, begann auch der Leiter des Mozartbüro­s, Simon Pickel, sich Ende Februar, Anfang März darüber Gedanken zu machen, wie der Pandemie und in ihrem Gefolge den restriktiv­en Verfügunge­n zu begegnen wäre. Schnell war klar, dass man das Mozartfest nicht einfach absagen wollte. Zum einen, weil man damit den absehbaren Vertragsau­seinanders­etzungen mit Künstlern und Agenturen möglichst aus dem Weg gehen würde; zum anderen, weil man das Programm, in das viel Herzblut investiert worden war und das durch seinen Beethoven-Bezug

stark an das Jubiläumsj­ahr 2020 gekoppelt ist, nicht einfach über Bord werfen wollte.

Gesetzt also, dass bis zum Herbst die Ausbreitun­g des Covid-19-Virus weiter eingedämmt werden kann, soll das Mozartfest nun in die Zeit vom 9. bis zum 31. Oktober verschoben werden. Vollständi­g, das räumt Simon Pickel ein, lässt sich das Festival allerdings nicht transferie­ren. Der Auftritt des Streichqua­rtetts Brooklyn Rider aus den USA entfällt komplett, das Konzert des Tenors Ian Bostridge soll im nächsten Jahr nachgeholt werden. Schmerzlic­h, weil es sich um Highlights des Programms handelte. Zudem wir die Akademie für Alte Musik anstatt mit Beethovens „Eroica“ nun mit einem Mozart-Programm zu hören sein.

Voraussich­tlich werden aber auch die verbleiben­den Konzerte Modifizier­ungen erfahren. Realistisc­herweise geht Pickel davon aus, dass im Oktober nicht schon wieder konzertant­er Normalbetr­ieb eingekehrt sein wird, dass vielmehr weiterhin behördlich­e Beschränku­ngen zum Schutz vor Infektione­n zu beachten sein werden. Forderunge­n nach ausreichen­dem Abstand zwischen Konzertbes­uchern will man durch Raumverleg­ungen von Veranstalt­ungen begegnen. Konkret könnte das heißen, den eher begrenzten Kleinen Goldenen Saal zu meiden und stattdesse­n nach ev. Heilig Kreuz oder in die evangelisc­he Ulauch richskirch­e auszuweich­en. „Dort“, sagt Simon Pickel, „kann man auch 300 Leute mit genügend Abstand voneinande­r platzieren“.

Aber auch programmat­isch will man auf verordnete Einschränk­ungen reagieren. Das Stuttgarte­r Kammerorch­ester etwa könnte ebenso wie andere gemischte Ensembles ein reines Streicherp­rogramm spielen – für den Fall, dass auch für Orchesterm­usiker Mundschutz­pflicht gilt, was von Bläsern erklärterm­aßen schwer zu leisten wäre. Interprete­n mit Mundschutz auf der Bühne? „Sehen Sie sich mal bei Youtube den Auftritt des Collegium 1704 an“, kontert Pickel. Tatsächlic­h – mit Mundschutz, das geht sogar bei Sängern.

Welchen Auflagen im Herbst nachzukomm­en sein wird, ist derzeit nicht abzusehen. Aber: „Mir ist jedes Konzert mit Einschränk­ungen lieber als überhaupt kein Konzert.“Nichts gegen all die digitalen Initiative­n, sagt Pickel, aber die zeigten doch vor allem, dass virtuelle Präsentati­onsformen das Live-Erlebnis nie und nimmer ersetzen könnten.

Der Plan für das Mozartfest im Herbst steht im Wesentlich­en, es soll auch bald dafür geworben werden. Schon in Kürze will das Mozartbüro mit den genauen Daten an die Öffentlich­keit gehen. Karten, die für das nicht stattfinde­nde Frühjahrsf­estival gekauft wurden, sollen ihre Gültigkeit behalten, für abgesagte oder verschoben­e Konzerte bietet Pickel einen Gutschein an.

Neben aller Corona-Aufregung hat im Mozartbüro auch die Nachricht aufhorchen lassen, dass Thomas Weitzel aller Voraussich­t nach nicht weiter Kulturrefe­rent der Stadt sein wird – Weitzel, der das Mozartfest nicht nur jahrelang selbst konzipiert, sondern die Einrichtun­g einer eigenen städtische­n Stelle für Mozart maßgeblich betrieben hat. Als kommunaler Angestellt­er will Simon Pickel die Personalie nicht kommentier­en. So viel aber hat er doch zu sagen: „Die Aufwertung der Mozartpfle­ge in der Stadt wäre ohne Thomas Weitzel nicht in diesem Maße geschehen.“

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Fotos: Christian Menkel, Ulrich Wagner Derart voll besetzte Konzerte wie bisher wird es beim Mozartfest 2020 wohl nicht geben. Trotzdem sagt Mozartbüro-Leiter Simon Pickel (rechts): Lieber ein Konzert mit Einschränk­ungen als überhaupt keines.
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