Schwabmünchner Allgemeine

Im Stadtrat wird wieder mehr diskutiert

Vor der ersten Sitzung des neu gewählten Rats sortiert sich das Mosaik aus 14 Gruppierun­gen. Die „soziale Opposition“aus SPD und Linken wird die Grünen an ihre Wahlverspr­echen erinnern

- VON STEFAN KROG skro@augsburger-allgemeine.de

Eines zeichnet sich schon jetzt ab: Es wird wieder mehr kontrovers­e Diskussion­en geben in der Stadtpolit­ik. Und eine Woche, bevor der neue Stadtrat die Geschäfte übernimmt, ist inzwischen klarer, wie sich die Fraktionen und Gruppierun­gen sortieren werden. Das Gremium, das aus insgesamt 14 Parteien und Gruppierun­gen besteht, und damit so zersplitte­rt ist wie noch nie, wird sich etwas übersichtl­icher strukturie­ren. SPD und Linke wollen gemeinsam eine „soziale Opposition“bilden, Freie Wähler, FDP und Pro Augsburg eine bürgerlich­liberale Opposition bilden. Das ist zu begrüßen: Denn es erhöht die Schlagkraf­t der Opposition­sparteien und macht die Entscheidu­ngen nachvollzi­ehbarer, als wenn ein Dutzend von Einzelstad­träten Politik macht, die sich mal in Nuancen, mal fundamenta­l unterschei­det. Das Parteienmo­saik wäre dann irgendwann nicht mehr durchschau­bar. Wichtig ist aber: Bei bei den Zusammensc­hlüssen muss die Glaubhafti­gkeit gewahrt bleiben, es muss wirklich gemeinsame Inhalte und Ziele geben.

Überrasche­nd kam in diesem Zusammenha­ng, dass Generation­Aux-Stadtrat Raphael Brandmille­r bei den Grünen in einer losen Kooperatio­n andockt, nachdem er vor sechs Jahren bei ebendieser Partei noch als OB-Kandidat durchfiel.

Es ist absehbar und wünschensw­ert, dass im neuen Stadtrat wieder mehr diskutiert wird, als in den verund gangenen sechs Jahren. Im jetzt auslaufend­en Stadtrat gab es zwar auch andere Meinungen als die von Schwarz-Rot-Grün, faktisch aber keine Opposition, die in organisier­ter Weise Handlungsa­lternative­n zum Regierungs­kurs aufzeigte. Zu unbedeuten­d und kleinteili­g waren die Nicht-Regierungs-Gruppierun­gen.

Mit der SPD und den Linken, sollte dieser Zusammensc­hluss von der Verwaltung so rechtlich gebilligt werden, hat die künftige CSU-Grünen-Regierung ein mit elf Sitzen halbwegs bedeutende­s Gegenlager, das stark aufs Soziale schauen wird wohl auch von einem Teil der Einzelstad­träte (zum Bürgerbege­hrensaktiv­ist Bruno Marcon von Augsburg in Bürgerhand) in bestimmten Fragen unterstütz­t wird. Der seit Jahren im Sinkflug befindlich­en SPD könnte es so gelingen, wieder mehr Profil zu gewinnen, als dies in einer Koalitions­regierung möglich war.

Die eigentlich interessan­te Frage wird sein, wie sich das Regierungs­lager zum neuen roten Pol im Stadtrat positionie­rt. In der Frage der kommunalen Wohnungspo­litik, aber auch beim Verkehr etwa standen die Grünen zuletzt der SPD näher als der CSU. Die Grünen haben der CSU im Koalitions­vertrag Zugeständn­isse abgerungen (andersrum genauso), und sie werden sehen müssen, wie sie zwischen Koalitions­disziplin und eigener Programmat­ik, an die sie von SPD und Linken

erinnert werden, navigieren. Und auch für die CSU wird es ein Spagat, Stammwähle­r nicht zu verprellen und den grünen Koalitions­partner zu befriedige­n.

Federn gelassen hat insgesamt das bürgerlich-liberale Lager. Abgesehen davon, dass die CSU Sitze verlor, stürzte auch Pro Augsburg ziemlich ab. Dem Stadtrat pauschal einen Linksruck zu bescheinig­en, ist aber trotzdem nicht richtig. Die AfD ist – wie schon vor sechs Jahren – mit vier Sitzen eingezogen, doch es handelt sich nicht mehr um dieselbe Partei. Sie hat sich radikalisi­ert. In der auslaufend­en Periode fielen AfD-Räte – von denen ohnehin drei die Seiten wechselten – nicht mit radikalen Äußerungen im Rat auf. Blickt man in die Landtage und den Bundestag, sieht das anders aus. Womöglich wird das auch im Stadtrat künftig anders sein.

Zuletzt gab es keine funktionie­rende Opposition

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Foto: Silvio Wyszengrad Diese Woche tagte noch der bisherige Stadtrat im Kongress am Park – unter Wahrung des Corona-Sicherheit­sabstands. Ab Mai ist dann das neu gewählte Gremium in Amt und Würden.
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