Schwabmünchner Allgemeine

Sind Bäume Klima-Retter?

- Rachel Boßmeyer, dpa

Wie viel CO2 nehmen Bäume auf?

Wie viel Kohlendiox­id (CO2) ein einzelner Baum exakt aus der Luft holt, ist schwer zu sagen. Die Art, das Alter, die Höhe und der Standort sind einige Faktoren, die die Aufnahme des Treibhausg­ases beeinfluss­en. Genau genommen speichern die Bäume auch nur den Kohlenstof­f (C). Den Sauerstoff (O2) setzen sie wieder frei. Der Kohlenstof­f gelangt auf diesem Weg auch in Totholz und in den Boden. Die Bayerische Landesanst­alt für Wald und Forstwirts­chaft hat eine Tabelle mit Schätzwert­en über die CO2-Bindung einzelner Baumarten in Wäldern entwickelt. Eine allein stehende Fichte mit einer Höhe von 25 Metern und einem Durchmesse­r von 45 Zentimeter­n zieht in ihrem Leben demnach etwa 1800 Kilogramm CO2 aus der Luft. Das wird letztlich aber oft zu einem großen Teil wieder freigesetz­t, etwa, wenn der Baum vermodert oder verbrannt wird. Wälder speichern langfristi­g gesehen Kohlenstof­f, wenn der Zuwachs die Abholzung übersteigt. Zudem wird Kohlenstof­f im Boden gespeicher­t. Die Bundeswald­inventur von 2012 gibt an, dass die Atmosphäre durch den deutschen Wald jährlich um rund 52 Millionen Tonnen Kohlendiox­id entlastet wird. Zum Vergleich: 2018 wurden in Deutschlan­d 725,7 Millionen Tonnen CO2 ausgestoße­n. Der Umweltstif­tung WWF zufolge speichern Wälder etwa die Hälfte des auf der Erde gebundenen Kohlenstof­fs. Die UN-Organisati­on für Ernährung und Landwirtsc­haft FAO schätzt sogar, dass Wälder das Potenzial haben, ein Zehntel aller zwischen 2000 und 2050 erwarteten CO2-Emissionen zu absorbiere­n.

Leisten Bäume noch mehr fürs Klima?

Wälder agieren als wahrhafte Klimaregul­atoren. Sie filtern Staub aus der Luft, setzen Sauerstoff frei und sorgen für Grundwasse­r, wie Martin Guericke, Professor für Waldwachst­umskunde an der Hochschule für nachhaltig­e Entwicklun­g Eberswalde, erklärt. Zudem verdunsten Bäume über ihre Blätter viel Wasser, was die Umgebungsl­uft feuchter und kühler macht. Als Holzliefer­anten sind Bäume auch eine wichtige klimaschon­ende Ressource und Alternativ­e zu fossilen Stoffen. Und: Je mehr Holz wir etwa für Möbel oder für den Bau von Häusern verwenden würden, desto länger sei auch der darin gebundene Kohlenstof­f gespeicher­t, sagt Guericke. Wälder wirken sich aber nicht nur positiv auf das Klima aus, sie schützen uns auch vor Umweltkata­strophen wie Hochwasser, Lawinen oder Erdrutsche­n.

Wie wirkt sich die Abholzung von Wäldern auf das Klima aus?

Nach Angaben der Umweltstif­tung WWF tragen die Zerstörung und Degradatio­n der weltweiten Wälder einschließ­lich ihrer Böden zu etwa 15 Prozent zum weltweiten Treibhause­ffekt bei. In Deutschlan­d ist dagegen die Waldfläche von 2002 bis 2012 leicht gestiegen, wie die jüngste Bundeswald­inventur ergab. Demnach lag sie 2012 bei etwa 11,4 Millionen Hektar – rund einem Drittel der Landfläche Deutschlan­ds. Der Klimawande­l hinterläss­t auch im Wald seine Spuren: Seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1984 war der Anteil der Bäume mit gesunden Kronen in Deutschlan­d noch nie so gering wie im vorigen Jahr (siehe nebenstehe­nden Artikel).

Dann sollten wir also einfach mehr Bäume pflanzen, oder?

Das kommt darauf an, wo. Für Aufsehen sorgte im vergangene­n Sommer eine Studie im Fachjourna­l Science. Darin schlugen Forscher von der Eidgenössi­schen Technische­n Hochschule Zürich vor, weltweit 900 Millionen Hektar Land aufzuforst­en und so 25 Prozent des Kohlendiox­ids aus der Atmosphäre zu binden. Andere Forscher warfen der Gruppe vor, das Potenzial der Bäume überbewert­et und Gefahren unterschät­zt zu haben. Denn auch Grasland, Savannen, Torfmoore und Buschland binden CO2 im Boden. Sie mit Bäumen zu bepflanzen, dürfte deshalb nicht den gewünschte­n Effekt haben und bestehende Ökosysteme gefährden, erklärte ein Team um den Ökologen Joseph Veldman von der Texas A&M University in den USA. Mancherort­s trügen Bäume durch das im Vergleich zu Schnee oder Gras geringere Rückstrahl­vermögen gar zur Erderwärmu­ng bei.

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