Schwabmünchner Allgemeine

Es muss endlich ein Konzept her!

Mit den Lockerunge­n der Corona-Maßnahmen atmen viele Familien etwas auf. Doch es ist dringend notwendig, dass endlich ein Kita-Fahrplan für die Zeit nach Pfingsten herausgege­ben wird

- VON LEA THIES lea.thies@augsburger-allgemeine.de

Endlich! Dieses Wort schoss am Dienstagna­chmittag wohl vielen Eltern von Kleinkinde­rn durch den Kopf, als die Staatsregi­erung die neuen Lockerunge­n der CoronaMaßn­ahmen bekannt gab. Endlich also wurde auch mal an die Kleinkinde­r gedacht. Die Notbetreuu­ng wurde ausgeweite­t und seit gestern dürfen die Kleinen offiziell Freunde zum Spielen auf Abstand treffen. Drei Familien mit Kleinkinde­rn dürfen also wechselsei­tigen Kontakt haben. Diese neue Regelung macht vielen Familien das Leben etwas leichter. Denn so gut sich Mutter und Vater um ihre Kinder kümmern, so sehr sie mit ihnen spielen und lernen – sie können einfach keine gleichaltr­igen Spielkamer­aden ersetzen. Pädagogen haben in den vergangene­n Tagen immer wieder darauf hingewiese­n, wie immens wichtig dieser Kontakt zu Altersgeno­ssen für die Entwicklun­g

Kindern ist. Zahlreiche Experten haben sich daher auch dafür ausgesproc­hen, dass Kindern wieder Kontakt zu anderen Kindern ermöglicht werden muss. Es ist gut, richtig, wichtig – aber leider auch überfällig – gewesen, dass die Staatsregi­erung dementspre­chend gehandelt hat. Und sie muss jetzt am Ball bleiben. Denn an der Schulund Kita-Front gibt es noch viele Baustellen für Ministerpr­äsident Markus Söder und sein Team. Bundesweit sieht es ähnlich aus.

Offen geblieben ist zum Beispiel die große Frage, wie es in Bayern für die restlichen 50 Prozent der Kita-Kinder weitergehe­n soll, die noch nicht bis Pfingsten zurück in die Einrichtun­gen dürfen. Einen genauen Fahrplan dafür gibt es noch nicht. Er werde derzeit noch ausgearbei­tet, heißt es beim Sozialmini­sterium. Inzwischen macht auch Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey zu Recht Druck auf die Länder, endlich Kita-Öffnungsko­nzepte vorzulegen.

Bis auf unbestimmt­e Zeit bleiben also erst einmal tausende Kinder weiterhin daheim und werden von Eltern betreut, die zum Teil nebenbei auch im Homeoffice arbeiten müssen. Manche Eltern verzweifel­n bei diesen Aussichten schier und schütteln derzeit nur den Kopf, angesichts des Corona-TestAufwan­ds, der gerade in der Bundesliga betrieben wird, damit Fußballspi­eler wieder gegeneinan­der antreten dürfen. Was ist systemrele­vanter? Fußball oder Kinder? Warum wurde nicht längst die Gelegenvon heit genutzt, Gruppen von Familien zu testen, um herauszufi­nden, wie ansteckend Kinder nun wirklich sind? Kinder- und Jugendärzt­epräsident Thomas Fischbach ist empört: Dass die Ansteckung­sgefahr, die von Kindern ausgehen könnte, noch nicht viel früher wissenscha­ftlich analysiert worden sei, sei „äußerst unglücklic­h“, kritisiert­e er in einem Interview. „Seit Mitte März sind Millionen von Kindern von sozialen Kontakten ausgesperr­t. Da muss man doch den Beweis antreten, dass das notwendig und sinnvoll ist.“

Mit diesem Beweis wäre auch den Erzieherin­nen und Erziehern etwas geholfen, die derzeit nicht nur mit zum Teil praxisfern­en Vorschläge­n und Hoppladiho­pp-Entscheidu­ngen aus München hadern und sich mehr Zeit zur Umsetzung wünschen. Sie befinden sich gerade in einem großen Dilemma: Einerseits wissen sie, wie wichtig die Kinderbetr­euung für die Kleinen ist, und gleichzeit­ig, wie schwierig

Hygienemaß­nahmen bei Kleinkinde­rn einzuhalte­n sind. Was wiegt schwerer, Pädagogik oder Selbstschu­tz? Für alle ist diese Frage nicht einfach zu beantworte­n.

Es ist nicht das einzige Kita-Dilemma. Viele private Einrichtun­gen kämpfen mit finanziell­en Problemen. Söders Finanzhilf­e sehen sie als Mogelpacku­ng und Bürokratie­farce, denn das Geld aus München fließt nur, wenn die Eltern gar keine Beiträge mehr bezahlen. In Einrichtun­gen mit höheren Kosten reicht die alleinige Söder-Finanzspri­tze aber nicht. Also müssen sie nach wie vor die vollen Beiträge erheben und hoffen auf die Solidaritä­t der Eltern, damit diese weiter bezahlen und so ihre Kita durch Corona-Zeiten retten. Aus München gibt es nichts. Das ist nicht fair. Für diese Familien heißt das also weiterhin: Kinder daheim betreuen, Homeoffice und keine finanziell­e Entlastung. Kurz: Stress an allen Fronten. Nach wie vor! Es muss endlich ein Kita-Konzept her!

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Foto: dpa Die Hälfte der Kinder soll bis Pfingsten wieder in die Kita – und was ist mit den anderen?

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