Schwabmünchner Allgemeine

Sommer ohne Badespaß?

Trotz erster Lockerunge­n dürfen Freibäder in Bayern vorerst nicht öffnen. Vor Juni gehe nichts, sagt Söder. Und welche Regeln gelten eigentlich für Baggerseen und fürs Bootfahren?

- VON MARIA HEINRICH UND ULI BACHMEIER

Augsburg Der Mai zeigt sich in den nächsten Tagen von seiner guten Seite und beschert die ersten warmen Temperatur­en sowie zahlreiche Sonnenstun­den. Viele Menschen hätten unter normalen Umständen dann zum ersten Mal in diesem Jahr Handtuch und Badehose eingepackt, um das schöne Wetter im örtlichen Freibad zu genießen. Denn Anfang Mai ist in vielen Kommunen üblicherwe­ise der Startschus­s für die Freibadsai­son. Doch das war vor Corona.

Im Zuge der Beschränku­ngen und Schutzmaßn­ahmen hatte die Bayerische Staatsregi­erung beschlosse­n, dass Freizeitan­gebote – zu denen auch Hallen- und Freibäder gehören – vorerst bis 10. Mai nicht öffnen dürfen. Das Bundesland Niedersach­sen hatte in Sachen Badespaß am Montag bereits erste Lockerunge­n bekannt gegeben. Dort sollen am 25. Mai Freibäder unter Auflagen öffnen. Und im Freistaat?

Am Dienstag bestätigte die Staatsregi­erung auf Nachfrage unserer Redaktion, dass Freibäder vorerst geschlosse­n bleiben. Da gehe vor Juni gar nichts, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Die Infektions­gefahr sei dort einfach zu hoch. Das Gleiche gilt auch für Thermen, Thermalbäd­er und Anlasprich­t, gen in Hotels: Gemeinscha­ftlich genutzte Angebote wie Wellness oder Schwimmbäd­er können laut Staatsregi­erung vorerst nicht öffnen. Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) begründete die Entscheidu­ng zu den Freibädern am Mittwoch im Presseclub München mit der schwer zu kontrollie­renden Situation. Im Freibad, so Herrmann, sei keiner mit Masken unterwegs – im Wasser ohnehin nicht, aber auch nicht auf den Wiesen. Zudem könne nicht sichergest­ellt werden, dass die Abstandsre­geln eingehalte­n würden. Außerdem könne man – anders als zum Beispiel in Tennis- oder Golfklubs – Umkleiden oder Duschen nicht geschlosse­n halten.

Diese unsicheren Aussichten bereiten vielen Freibad-Betreibern Sorgen, auch bei uns in der Region. Viele haben Zweifel, ob es heuer ein Planschen im Kinderbeck­en, Pommes am Kiosk und einen Sprung vom Fünf-Meter-Brett überhaupt geben wird. Die Stadt Mindelheim hat sogar beschlosse­n, das Freibad in diesem Jahr gar nicht mehr zu öffnen und stattdesse­n eine geplante Sanierung vorzuziehe­n.

Viele Kommunen, darunter zum Beispiel Augsburg und Schwabmünc­hen, überlegen sich in diesen Tagen aber bereits, wie eine Öffnung unter Corona-Auflagen aussehen könnte. Denn auch auf der Liegewiese, im Schwimmbec­ken und in der Schlange vor dem Kiosk müssdann geltende Abstandsre­gelungen und Hygienemaß­nahmen eingehalte­n werden. Die Deutsche Gesellscha­ft für Badewesen hat bereits einen Pandemiepl­an herausgege­ben, welche Maßnahmen Bäder ergreifen und umsetzen könnten. Dennoch bleiben momentan viele offene Fragen: Welche Vorgaben wird die Regierung machen? Wie soll man diese mit dem eh schon spürbaren Personalma­ngel umsetzen? Wie viele Menschen dürfen gleichzeit­ig ins Becken? Und wie dürfen Duschen und Umkleideka­binen genutzt werden?

Es sind Fragen, die auch Erik Groß beschäftig­en. Groß kommt ursprüngli­ch aus Günzburg und ist Geschäftsf­ührer von Aquatec, einer Firma für Wassertech­nik in Unterfrank­en. Das Unternehme­n übernimmt für mehr als 500 öffentlich­e Bäder in Süddeutsch­land den technische­n Service, wartet zum Beispiel Pumpen und Filter und kontrollie­rt den pH- und den Chlorwert des Wassers. Er kennt die Branche gut. „Aus meiner Erfahrung sind viele Betreiber noch optimistis­ch eingestell­t. Viele bereiten ihre Bäder schon vor und gehen in eine Art Stand-by-Zustand, um dann jederzeit schnell und flexibel öffnen zu können.“Nach dem Winter müssten die Bäder ohnehin das Wasser tauschen und die Becken reinigen, um die Anlage vor Rost und Verfall zu schützen, erklärt Groß. „Diesen Wartungsau­fwand haben sie also auf jeden Fall.“Doch Groß sieht auch den Druck, der auf den Kommunen liegt, die ihre Bäder in vielen Fällen ohnehin defizitär betreiben. „Je später die Erlaubnis für die Öffnung der Bäder kommt, desto schlechter stehen die Chancen für die Freibadsai­son. Denn nur für die Sommerferi­en zu öffnen, rentiert sich dann für viele nicht mehr.“

Trotzdem schätzt Groß die Chancen für eine Öffnung im Sommer gut ein. „In Bädern gibt es ohnehin nur einen geregelten Zugang, sodass man die Besucherza­hl gut kontrollie­ren kann.“Außerdem werde der Druck der Bevölkerun­g immer mehr steigen, vermutet Groß. „Bei 30 Grad Celsius im Schatten wollen die Menschen nicht in ihren Wohnungen sitzen, sondern rausgehen und sich im Wasser abkühlen.“

Sich über das Wasser beim Baden im Schwimmbec­ken mit dem Coronaviru­s zu infizieren, darüber müssen sich Besucher wohl keine Sorgen machen: Eine Sprecherin des Landesamte­s für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) teilte auf Anfrage unserer Redaktion mit: „Bei Bädern, in denen die Wasseraufb­ereitung den allgemein anerkannte­n Regeln der Technik entten

kann davon ausgegange­n werden, dass eine hygienisch einwandfre­ie Wasserbesc­haffenheit erzielt wird und das Schwimm- und Badebecken­wasser gut gegen alle Viren, einschließ­lich Coronavire­n, geschützt ist.“So erklärt es auch Erik Groß: „Durch das Chlor im Wasser werden die Coronavire­n abgetötet.“

Anders sieht es wiederum in Naturbäder­n und Badeseen aus. Dort besteht nach Angaben des LGL aufgrund der fehlenden Reinigungs­und Desinfekti­onsmaßnahm­en ein höheres Infektions­risiko. Das Schwimmen im Baggersee sowie Bootfahren, Stand-up-Paddeln und Surfen ist grundsätzl­ich erlaubt, heißt es auf der Internetse­ite des bayerische­n Innenminis­teriums. Wie bei allen anderen Aktivitäte­n an der frischen Luft gilt aber auch dort: Man sollte nur alleine, mit engen Angehörige­n oder einer Kontaktper­son außerhalb des eigenen Hausstande­s unterwegs sein. Es gilt ein Mindestabs­tand von 1,5 Metern – auch im Wasser und auf den Liegewiese­n.

Es ist vielleicht für manche ein kleiner Hoffnungss­chimmer für die Sommerferi­en, wenn man schon nicht im Urlaub ans Meer fahren kann. Die, die es aber gar nicht mehr abwarten können, entscheide­n sich in diesen Tagen ja dann vielleicht für einen eigenen kleinen Pool zum Aufstellen im Garten.

Experten sagen: Chlor tötet Coronavire­n ab

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Archivfoto: Marcus Merk Bis man in bayerische­n Freibädern wieder rutschen, planschen und tauchen kann, wird es voraussich­tlich noch mehrere Wochen dauern.

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