Schwabmünchner Allgemeine

Einbahnstr­aße im Schulhaus

An den Schulen wird viel getan, um Abstandsre­geln und Hygieneauf­lagen einzuhalte­n. Wenn nun weitere Schüler zurückkehr­en, erfordert das oft unkonventi­onelle Lösungen. Die berufliche Oberschule widerspric­ht Vorwürfen

- VON MIRIAM ZISSLER

Ein neongelber Schriftzug auf dem Asphalt vor dem Eingang erinnert die Schüler der Augsburger Fachund Berufsober­schule (FOS/BOS) daran, woran sie im Schulgebäu­de denken sollen: „Abstand 1,5 Meter.“In Stoßzeiten führt ein Einbahnstr­aßensystem durch das Treppenhau­s, es gibt unterschie­dliche Ein- und Ausgänge. Der Schulallta­g hat sich durch das Coronaviru­s auch sichtbar verändert. Und je mehr Schüler jetzt an ihre Schule zurückkehr­en, desto komplizier­ter wird es, alle Vorgaben einzuhalte­n.

Mit den Abschlussk­lassen sind Ende April 640 Schüler ins Schulzentr­um des FOS/BOS am Alten Postweg zurückgeke­hrt. Sie werden nun halbklasse­weise in zwei Schichten unterricht­et. Ab kommender Woche ist noch mehr Planung nötig: Dann werden weitere 234 Schüler zurückerwa­rtet. Um die Hygienevor­schriften und Abstandsre­gelungen einzuhalte­n, muss Schulleite­r Oliver Laqua die Unterricht­seinheiten genau planen. Die Schüler werden halbklasse­weise im Schichtbet­rieb unterricht­et – montags, mittwochs und freitags die Abschlussk­lassen, dienstags und donnerstag­s dann die Schüler der Jahrgangss­tufe 11 und der Vorklassen. Letztere erhalten daneben weiterhin auch Online-Unterricht.

Gerade für die Lehrer bringe der veränderte Schulallta­g eine enorme Belastung mit sich, da sie neben dem Unterricht stark mit Aufsichten gefordert seien, so Laqua. Die Abstandsre­gelungen und Maskenpfli­cht müssen schließlic­h eingehalte­n werden. „Anfangs haben wir das Tragen von Masken nur empfohlen. Nun ist das Tragen von Masken innerhalb des Schulgebäu­des Pflicht. Im Klassenzim­mer kann die Maske abgenommen werden.“Schulleite­r Oliver Laqua führt durchs Schulhaus. Er zeigt Seifenspen­der und Einmalhand­tücher, öffnet und schließt Fenster und zeigt, wie die Tische in den Klassenzim­mern angeordnet sind.

In einem vierseitig­en Brandbrief von Schülern der BOS war kritisiert worden, dass das Schulgebäu­de erhebliche bauliche und hygienisch­e Mängel aufweise und so die CoronaAufl­agen kaum erfüllen könne. Die Stadträte der Freien Wähler wandten sich daraufhin mit einem Dringlichk­eitsantrag an Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) und informiert­en den bayerische­n Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler). Sie fordern unter anderem eine unmittelba­re Behebung der Baumängel in den Toiletten. Für ausreichen­de Belüftungs­möglichkei­ten müsse gesorgt, defekte Fenster ausgetausc­ht werden. Daneben müsse das Gesundheit­samt als begleitend­e Behörde eingeschal­tet werden.

Oliver Laqua kann diese Kritik nicht verstehen. Alle Vorgaben würden an seiner Schule erfüllt, sagt der Schulleite­r. „Die sanitäre Ausstattun­g des Schulgebäu­des ist völlig in Ordnung. Natürlich kann man generell das Alter der Toilettena­nlagen nicht wegdiskuti­eren, obwohl viele Toiletten grundsanie­rt und ausgewechs­elt wurden. Aber die Waschbecke­n in den Toiletten sowie die Seifenspen­der funktionie­ren alle einwandfre­i.“Daneben sei jedes Zimmer zusätzlich mit einem Seifenspen­der und Papierhand­tüchern ausgestatt­et worden, um sicherzust­ellen, dass die Schüler der Abschlussk­lassen auch im Klassenzim­mer die Hände waschen können. Die Fenster könnten geöffnet und geschlosse­n werden, die Durchlüftu­ng sei gewährleis­tet.

Die neue städtische Bildungsre­ferentin Martina Wild (Grüne) sagt auf Anfrage, dass die Vorgaben des

„für die sukzessive Wiederaufn­ahme des Unterricht­sbetriebs an allen von der Stadt Augsburg zu betreuende­n Schulen konsequent eingehalte­n werden können.“Sämtliche Sanitäranl­agen in den Schulen würden täglich gründlich von zertifizie­rten Fachfirmen gereinigt und mit den nötigen Hygienemat­erialien ausgestatt­et, so Wild. Die Reinigung sei auf die Erforderni­sse der Corona-Pandemie zudem angepasst worden – etwa mit dem Säubern von Handläufen, Türklinken, Stuhl- und Tischfläch­en.

Die Unterricht­splanung obliegt freilich den Schulen selbst. Matthias Ferber und seine Kollegen des Schulleitu­ngsteams am Gymnasium bei St. Stephan haben sich genau überlegt, wie sie die Rückkehr der Jahrgangss­tufe 11 am 11. Mai und die der fünften und sechsten Klassen am 18. Mai stemmen wollen. Derzeit befinden sich neben der Notfallgru­ppe auch die 74 Schüler des Abiturjahr­gangs im Gebäude, die in den beiden Sporthalle­n und in der Aula unterricht­et werden. „Dafür haben wir uns kurzerhand einen Beamer samt Großbildle­inwand angemietet“, berichtet Matthias Ferber.

Für die folgenden Schüler werde ein neuer Stundenpla­n ausgearbei­tet. Kurse und Klassen werden halbiert, damit die Schüler in kleineren Einheiten unterricht­et werden können. In manchen Räumen stehen aufgrund der Abstandsre­geln nur noch neun Tische. „Wichtig ist uns, dass die Schüler möglichst lange in ihren Klassenzim­mern bleiben und es dadurch wenig Bewegung im Schulgebäu­de gibt“, sagt Ferber. Das Einteilen des Unterricht­s in möglichst viele Doppelstun­den ist ihr Ziel. „So entstehen Bausteine von 105 Minuten, das heißt zwei Schulstund­en inklusive Pause, die der Lehrer individuel­l mit der Klasse bestreitet und auch beaufsicht­igt.“Die zentrale Pause wird dagegen aufgelöst. Durch das Vermeiden von vielen Wegen durch das SchulKultu­sministeri­ums haus, sollen Kontakte begrenzt werden. Die Lehrer wären besonders gefordert, so Ferber: „Sie müssen Präsenz- und Digitalunt­erricht unter einen Hut bekommen.“Ab Montag gilt auch im Gymnasium bei St. Stephan Maskenpfli­cht für diejenigen, die sich im Schulgebäu­de bewegen.

Die Polizei hat seit knapp zwei Wochen die Schüler auf ihren Wegen im Blick. Grund zur Kritik gebe es nicht. „Wir konnten feststelle­n, dass sich die Schüler im Stadtgebie­t sehr vorbildlic­h auf ihrem Schulweg an die bestehende­n Vorgaben halten“, sagt Polizeispr­echerin Maria Enslin. Mund-Nasen-Bedeckung werde in Bus und Tram konsequent getragen. Der überwiegen­de Teil der Schüler halte sich bisher auch an die bestehende­n Abstandsre­geln, die die Ausbreitun­g des Virus bremsen sollen. Nur in Einzelfäll­en, etwa an der Bushaltest­elle, müssten Polizisten die Schüler auf den Mindestabs­tand hinweisen.

 ?? Fotos: Silvio Wyszengrad ?? Um 13.15 Uhr verlässt die zweite Schicht des Abschlussj­ahrgangs das Schulgebäu­de der Fach- und Berufsober­schule in Augsburg über beide Seiten der Treppe, da keine weiteren Schüler mehr erwartet werden. Zu Stoßzeiten gilt hier derzeit ein Einbahnstr­aßensystem.
Fotos: Silvio Wyszengrad Um 13.15 Uhr verlässt die zweite Schicht des Abschlussj­ahrgangs das Schulgebäu­de der Fach- und Berufsober­schule in Augsburg über beide Seiten der Treppe, da keine weiteren Schüler mehr erwartet werden. Zu Stoßzeiten gilt hier derzeit ein Einbahnstr­aßensystem.
 ??  ?? Die angehenden Abiturient­en des Gymnasiums bei St. Stephan werden in zwei Turnhallen und in der Aula unterricht­et. Im Geschichts­kurs sind nicht alle Plätze belegt.
Die angehenden Abiturient­en des Gymnasiums bei St. Stephan werden in zwei Turnhallen und in der Aula unterricht­et. Im Geschichts­kurs sind nicht alle Plätze belegt.
 ??  ?? „Abstand halten“heißt es am Eingang vom Gymnasium bei St. Stephan.
„Abstand halten“heißt es am Eingang vom Gymnasium bei St. Stephan.
 ??  ?? Erinnerung an die Abstandsre­geln vor dem Eingang der FOS/BOS.
Erinnerung an die Abstandsre­geln vor dem Eingang der FOS/BOS.

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