Schwabmünchner Allgemeine

Schlange stehen für ein Brot

Weil nur wenige Personen gleichzeit­ig in die Geschäfte dürfen, heißt es: Warten. Wie die Kunden darauf reagieren

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Einkaufen heißt derzeit vielerorts erst mal – in einer Schlange vor dem Laden warten. Weil die Geschäfte zum Schutz vor dem Coronaviru­s weniger Kunden einlassen dürfen, steht man vor der Tür, bis drin wieder so viel Platz ist, dass der verordnete Sicherheit­sabstand eingehalte­n werden kann. Manche Geschäfte kontrollie­ren den Zugang mit Sicherheit­spersonal, andere geben Kärtchen, Körbe oder sogar Schuhlöffe­l aus, mit denen sie die Anzahl der Besucher im Auge behalten können. Die meisten Kunden nehmen es gelassen.

An diesem Vormittag ist in der Innenstadt nicht besonders viel los. Trotzdem trifft man vor allem vor kleineren Fachgeschä­ften immer wieder auf Menschen, die offenbar darauf warten, endlich eingelasse­n zu werden. So stehen vor der Bäckerei Cumpanum in der Annastraße fünf Kunden – alle mit gehörigem

Abstand und Masken vor Mund und Nase. Durch die geöffnete Tür sieht man, wie drinnen die Verkäuferi­nnen zwei Kunden bedienen. Fabian Spring ist gerade beruflich in der Stadt unterwegs, will jetzt noch schnell ein Brot holen. Er sagt: „Es geht doch fix – ich habe kein Problem damit, kurz vor dem Laden warten zu müssen, bis ich dran bin.“Es ist das erste Mal an diesem Tag, dass er in einer Schlange steht, was auch daran liegen mag, dass er bislang größere Einkaufsto­uren noch vermeidet. Zwei Plätze vor ihm in der Schlange wartet eine Frau, die sich offensicht­lich ärgert. „Nein, nach sechs Wochen habe ich ein generelles Verständni­sproblem für die Maßnahmen“, schimpft sie. „Und ich bin kein Antidemokr­at oder so was, nur weil ich nicht einverstan­den bin, wie unsere Freiheit eingeschrä­nkt wird“, schiebt sie nach.

Kein Problem mit dem Warten vor dem O2-Telefonges­chäft am Königsplat­z hat Eleonore Schilcher.

Für die Rentnerin ist es an diesem Vormittag schon die dritte Warteschla­nge. „Ich habe bereits vor einem anderen Laden und in der Altstadt vor dem Augsburger Restehaus angestande­n“, berichtet sie. „Man muss sich momentan einfach mehr Zeit nehmen“, ist sie überzeugt. „Ich freue mich, dass die Geschäfte wieder geöffnet haben.“

Das Wäschegesc­häft Intimissim­i am anderen Ende der Annastraße ist mit einer roten Kordel versperrt. Drin beraten die Mitarbeite­rinnen drei Kundinnen. „Die Menschen, die wirklich etwas kaufen wollen, nehmen sich die Zeit und warten“, weiß Mitarbeite­rin Sarah Heeda. Allerdings nimmt die Bereitscha­ft anzustehen mit jedem Tag mehr ab, ist ihr Gefühl. „Als wir vor einer Woche wieder aufmachen durften, waren die Schlangen richtig lang“, berichtet sie. „Für uns ist vieles mühsamer geworden, wir können bei der Beratung nicht mehr direkt an den Kundinnen stehen und ihnen zur Hand gehen“, so die Verkäuferi­n. Für die meisten Kundinnen sei das aber kein Problem. „Alle sind freundlich und haben Verständni­s“, so die Verkäuferi­n.

Auch vor dem Teeladen von Manuela Ramsperger in der Steingasse bilden sich jetzt regelmäßig kleine Schlangen. „Vor allem morgens und natürlich am Samstag ist viel los“, weiß die Geschäftsf­rau. Weil es bei der Beratung für den richtigen Tee auch mal etwas länger dauern kann, müssen sich auch die Interessen­ten vor der Tür hin und wieder in Geduld üben. „Solang es nicht regnet, gibt es keine Beschwerde­n“, sagt Ramsperger und lacht. Weil gerade nur maximal vier Personen in ihren Laden passen, bittet sie Begleitper­sonen schon mal, Platz für andere Kunden zu machen. „Mit Charme geht alles“, ist sie überzeugt.

Die ersten Tage habe sie sich viele Gedanken gemacht. „Es war eine seltsame Vorstellun­g, die Kunden wegen fehlender Masken oder des Abstandsge­bots ,zurechtwei­sen‘ zu müssen“, erzählt sie. Aber die Situation habe sich schnell eingespiel­t und die Kunden seien disziplini­ert. „Nur manchmal meinen Paare, sie würden als eine Person zählen – soweit kann Überidenti­fikation gehen“, sagt sie scherzend. Ihr Rezept in Krisenzeit­en: „Wir versuchen, noch freundlich­er und noch spaßiger zu sein als sonst.“

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Foto: Wyszengrad Abstand halten: Vor den Läden warten die Kunde auf Einlass.

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