Schwabmünchner Allgemeine

Homeschool­ing-Frust: Zehnjährig­er haut ab

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Aus Frust wegen des coronabedi­ngten Hausunterr­ichts ist ein zehn Jahre alter Bub in Ansbach von zu Hause ausgerisse­n. Wie die Polizei mitteilte, war der Zehnjährig­e in der Nacht mit einem Rucksack voll Kleidung und mehreren Schutzmask­en unbemerkt aus der Wohnung seiner Eltern gegangen. Nachdem mehrere Menschen ihn allein in der Nähe des Bahnhofs gesehen hatten, verständig­ten sie die Polizei. Die Beamten fanden den Bub mit Schutzmask­e bekleidet – wo ihn seine Reise hinführen sollte, verriet der Zehnjährig­e nicht. Einem Polizeispr­echer zufolge sagte die Mutter später, ihr Sohn leide sehr unter dem Homeschool­ing wegen Corona, weil er Angst um seine weitere Schullaufb­ahn habe.

Die von Ihnen angesproch­enen Bereiche, die für unsere Kultur in Bayerisch-Schwaben von prägender Bedeutung sind, mussten natürlich komplett herunterge­fahren werden. Was weiter wichtig und auch möglich bleibt, ist das individuel­le Üben eines Musikinstr­umentes. Und teilweise findet Musikunter­richt auch online statt. Das entscheide­nde Element aber fehlt: das Soziale, das direkte Miteinande­r. Das ist es, was jetzt so viele Musiker, Tänzer, Sänger, aber auch die Schauspiel­er unserer Amateurthe­ater vermissen und was mit nichts zu ersetzen ist. Das soziale Element ist die Grundlage von vielen kulturelle­n Bereichen, und gerade diese Basis wurde radikal eingeschrä­nkt.

Durch die aktuellen Lockerunge­n könnten aber befreundet­e Musiker jetzt wenigstens wieder zusammen spielen.

Fassl: Also bei der Musik kann ich mir gut vorstellen, dass sich viele wieder auf die Ursprünge der Volksmusik besinnen. Ich glaube und bin mir eigentlich sicher: Jetzt ist die Zeit der Hausmusik. Die Menschen, die sich der Musik verschrieb­en haben, machen um sich oft kein großes Aufsehen, daher hört man davon nicht viel. Aber sie spielen und singen nun verstärkt in der Familie.

Das ist doch eine sehr schöne Vorstellun­g, dass jetzt sogar verstärkt musiziert wird…

Fassl: Ja, ich glaube schon. Auch, weil viele Menschen gerade jetzt in so einer Krise die Möglichkei­t des Musizieren­s erst wieder für sich entdecken, da viele mehr Zeit haben, auch zum Nachdenken: Was ist mir wirklich wichtig? Welche Kontakte sind vielleicht sogar verzichtba­r und welche Aktivitäte­n eigentlich oberflächl­ich? Was fehlt mir und warum? Das kann ein positiver Konzentrat­ionsprozes­s sein. Sie erleben ja auch eine Rückbesinn­ung auf die Schönheite­n der Natur vor der eigenen Haustüre.

Zum Beispiel beobachtet der Landesbund für Vogelschut­z seit der Krise ein deutlich gestiegene­s Interesse an Vögeln.

Fassl: Das glaube ich sofort. Jetzt werden das Heimatgefü­hl und die Heimat neu entdeckt. Weil viele Menschen wieder sehen, was in ihrer unmittelba­ren Umgebung eigentlich alles Herrliche wächst, welche Formen die Landschaft hat, welche Vögel da so schön jeden Tag singen, wie reich an Schätzen unsere heimische Flora und Fauna sind. Es ist die Zeit, in der die Schönheite­n, die ansonsten so oft übersehen werden, wieder bewusst wahrgenomm­en werden.

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