Schwabmünchner Allgemeine

Mit „Herrn Schneider“aus Thailand begann das Problem

Für drei Männer aus der Region Augsburg endete ein geschäftli­ches Abenteuer in einem Desaster. Nach dem Verkauf von angebliche­n EM-Originaltr­ikots landeten sie nun vier Jahre später auf der Anklageban­k

- VON KLAUS UTZNI

Die Erwartunge­n waren hoch – das Ergebnis am Ende enttäusche­nd. Bei der Fußball-Europameis­terschaft 2016 in Frankreich schied das DFB-Team von Jogi Löw im Halbfinale gegen Frankreich nach einer 0:2-Niederlage aus dem Turnier aus. Für drei Männer aus der Region endete ein geschäftli­ches Abenteuer im Windschatt­en der EM dagegen sogar mit einem völligen Desaster und jetzt, vier Jahre später, mit einem Platz auf der Anklageban­k im Strafgeric­ht.

Das Trio hatte für einen ominösen Geschäftsm­ann aus Thailand angebliche EM-Originaltr­ikots der DFB-Elf über die Online-Verkaufspl­attform eBay zu äußerst günstigen Preisen offeriert. Doch die Leibchen mit den Logos des EM-Ausstatter­s adidas und des Deutschen FußballBun­des erwiesen sich als plump gefälschte Plagiate. Dass Ebay-Accounts zu zweifelhaf­ten Geschäften genutzt werden, ist inzwischen bekannt. Am häufigsten ist der Betrug durch Fake-Shops, die für angepriese­ne Waren Vorkasse fordern und dann einfach nicht liefern. Oder eben billige Fälschunge­n als Markenware­n verkaufen. Beide Versionen der Abzocke in Hunderten von Fällen waren Inhalt einer ellenlange­n Anklage, verlesen von Staatsanwa­lt Benjamin Rüdiger im Prozess vor einem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Roland Fink.

Die drei Angeklagte­n, deren einst freundscha­ftliches Verhältnis inzwischen arg gelitten hat, räumen über ihre Anwälte Benjamin Prötzel, Manfred Gnjidic und Harald Müller die Vorwürfe ein. Sie sind redselig und um eine klare Sprache nicht verlegen: man habe „halt Sch… gebaut“. Alles begann damit, dass der Hauptangek­lagte, ein Sicherheit­smann,

39, seinen Job los war und dringend Geld benötigte. Im Internet stieß er auf die Anzeige eines „Herrn Schneider aus Thailand“, der „gute Verdienstm­öglichkeit­en von zu Hause aus“anbot.

Das Joint Venture sah so aus: Herr Schneider stellte über den eBay-Account des Angeklagte­n diverse Waren zum Verkauf ein, schickte diese später per Post an den 39-Jährigen, der die Ware dann an die Kunden ausliefert­e und über sein Bankkonto abkassiert­e. Als Provision durfte er 30 Prozent behalten, der Rest floss nach Thailand. Der Sicherheit­smann holte dann am Stammtisch die beiden Mitangekla­gten, 35 und 36 Jahre alt, ins Boot, die ihrerseits eBay-Account und Konto für die Deals zur Verfügung stellten. Um gute Bewertunge­n für ihre Shops zu bekommen, verscherbe­lten die Angeklagte­n anfangs lediglich Spaß-Aufkleber mit frechen Sprüchen. Als 2016 die Fußball-EM nahte, witterten die Angeklagte­n das große Geld mit dem Verkauf von Trikots der deutschen Elf um Manuel Neuer, Thomas Müller und Bastian Schweinste­iger. „Herr Schneider“aus Thailand stellte die angebliche­n original Leibchen, die im Handel rund 80 Euro kosteten, für 45 Euro ein. Natürlich

ohne eine Lizenz, also die Genehmigun­g der Markeninha­ber DFB und adidas, für den Verkauf zu haben. Der Absatz florierte. Allerdings mit Hinderniss­en.

Die EM war bereits zur Hälfte vorüber, als die Trikots aus Thailand in Deutschlan­d eintrafen. Nach der Auslieferu­ng an die Kunden ging der Ärger aber erst richtig los.

Die Trikots waren wohl eher für die im Schnitt kleineren Thais genäht. Sie passten vielen Kunden einfach nicht. Und Käufer, die sich die angebliche­n Originale näher anschauten, stellten fest, dass die üblicherwe­ise eingenähte­n Sicherheit­shologramm­e fehlten.

Und was besonders ärgerlich war: Das Logo des Deutschen Fußballbun­des, das auf der Brustseite prangte, stammte aus der Mottenkist­e, war also veraltet. Es hagelte Rückläufer und Anzeigen bei der Polizei, die geprellten Kunden forderten ihr Geld zurück – einige sogar persönlich vor Ort.

Auch der EM-Ausrüster adidas hatte inzwischen die Plagiate durch Scheinkäuf­e aufgespürt und die Shop-Betreiber wegen Verstöße gegen die Markenrech­te finanziell abgemahnt. Der Versuch vor allem des Hauptangek­lagten, zu retten was zu retten war, ging ebenfalls schief.

„Herr Schneider“aus Thailand bot I-Phones und Smartphone­s an, Rolex-Uhren und Goldketten. Die nach Deutschlan­d geschickte­n I-Phones erwiesen sich als Totalfälsc­hungen, die anderen Geräte wurden erst gar nicht geliefert.

Gerichtsvo­rsitzender Roland Fink wertete den schwunghaf­ten Handel mit Plagiaten iim Prozess als eine „billige Nummer, um schnell Geld zu verdienen“. Das Urteil des Schöffenge­richts: Zwei Jahre auf Bewährung für den Sicherheit­smann plus 160 Sozialstun­den und eine Geldauflag­e von 2000 Euro. Er muss überdies Wertersatz von 70000 Euro leisten. Der 35-jährige Mitangekla­gte erhielt zehn Monate auf Bewährung mit Arbeits- und Geldauflag­en. Gegen den Dritten wurde das Verfahren wegen geringer Schuld eingestell­t. Er muss dafür 5000 Euro an das Hospiz Albatros bezahlen.

Das DFB-Logo war veraltet

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