Wie die Partnerstadt mit dem Coronavirus umgeht
Der Bürgermeister des französischen Bourges ist wegen Corona nun häufig auf Facebook zu sehen. Die Pandemie beeinflusst den Austausch zwischen Deutschen und Franzosen in diesem Jahr
Wenn Pascal Blanc, 60, redet, benutzt er beide Hände. Er erklärt, wie das mit den Lockerungen funktioniert, und sitzt dabei in seinem Büro im Rathaus, hinter ihm eine Flagge mit dem Wappen der Stadt Bourges, Frankreich. Es ist die Partnerstadt von Augsburg. Blanc faltet seine Hände, breitet sie aus, macht eine Merkel-Raute. Willkommen in seinem Akute-FrageVideo auf Facebook.
Seit 1967 sind Bourges und Augsburg befreundet. Blanc ist Bürgermeister von Bourges und seinen 65 000 Einwohnern. Wenn der Rathauschef auf der Internetplattform über die Bekämpfung des Coronavirus spricht, wirkt er wie der Leiter
Jugendfreizeit, der Teilnehmern erklärt, wie der Tag abläuft.
Obwohl wie Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber auch Pascal Blanc derzeit Krisenmanager ist, hat er eine Dreiviertelstunde Zeit, um mit einem Reporter aus Augsburg zu telefonieren. Er erkundigt sich, wie die Situation in Augsburg ist und freut sich, dass wieder ein bisschen Normalität einkehrt. Im Departement Cher, das wie Augsburg gut 300000 Einwohner zählt und in dem Bourges liegt, gibt es 68 Tote aufgrund des Virus. In Augsburg sind es aktuell 14.
Blanc blickt derzeit besonders auf Kindergärten, Grundschulen und weiterführende Schulen, die teilweise wieder öffnen. 5000 Schüler gibt es in Bourges, etwa 1500 haben wieder Unterricht, die Anzahl der Schüler pro Klasse ist auf 15 begrenzt. Gymnasien bleiben vorerst geschlossen.
Blanc gehört der Partei Mouvement radical, social, libéral (MRSL) an, die sich für den Frieden in Europa und Chancengleichheit in einer solidarischen Gesellschaft einsetzt. Seit 2014 ist er Bürgermeister, doch eigentlich wären jetzt Kommunalwahlen. Wegen der Corona-Krise musste die zweite Runde auf September verschoben werden. In der ersten im März gab es einen Kandidaten, der mit 32 Prozent der Stimeiner men besser war als Blanc. In Deutschland dagegen fand die Stichwahl statt. Der neuen Oberbürgermeisterin Eva Weber hat Pascal Blanc per E-Mail gratuliert. Vor drei Jahren haben sich die beiden zuletzt gesehen. Sie feierten in Bourges und Augsburg das 50-Jährige der Partnerschaft. Blanc besuchte damals das letzte Heimspiel der Fußball-Bundesligasaison – Augsburg gegen Dortmund (1:1).
Wann er wieder nach Augsburg kommt, weiß er nicht. Die Pandemie beeinflusst die Partnerschaft beider Städte, die als eine der engsten aller Augsburger Städteverbindungen gilt. Ob Feuerwehrleute, Bridgespieler, Musiker, Schüler, Politiker, Tischtennisspieler: Man besucht sich jedes Jahr. In Spitzenjahren
stehen bis zu 20 Treffen auf dem Programm. Doch einige, die nun geplant waren, sind verschoben. Etwa sollten Händlern aus Bourges auf dem Augsburger Stadtmarkt im Juli französische Produkte verkaufen. Käse und Wein von dort gibt es nun wohl erst nächstes Jahr.
Statt diesen Mai wieder ein Heimspiel des FC Augsburg zu besuchen, muss Bürgermeister Pascal Blanc nun Mut und Leidenschaft beweisen, wie er sagt. Die Krise wird für ihn zum Stimmungsbarometer für die zweite Runde der Kommunalwahlen im Herbst. Also setzt er sich weiter vor die Kamera. Was er seinen Zuhörern noch nicht gesagt hat: Wenn Restaurants wieder öffnen, freut er sich auf gutes Bier auf der Terrasse.