Schwabmünchner Allgemeine

Erst desinfizie­ren, dann anschnalle­n

Erstmals seit Mitte März öffnen Fahr- und Musikschul­en wieder. Sie sehen das mit einem weinenden Auge

- VON JONAS VOSS

Laut einiger Umfragen zum Mobilitäts­verhalten der Deutschen gewann das eigene Auto im April sprunghaft an Attraktivi­tät. Ursache dafür – na, klar – das Coronaviru­s. Doch, um in den Genuss der relativen Virensiche­rheit der eigenen vier Blechwände zu kommen, braucht es erst einmal den Führersche­in. Und den zu bekommen, war seit dem 18. März nicht mehr möglich. Bis vor einer Woche waren Fahrschule­n in Augsburg geschlosse­n. An diesem Tag, so drücken es die Fahrschule­igentümer Michael Buhmann und Bernhard Müller aus, erlebten Fahrschule­n einen „Run“. Fast ging es zu schnell.

Beide Fahrlehrer erklären, stückweise Lockerunge­n hätten die Abläufe in den Fahrschule­n zu Beginn einfacher gemacht. So sei man etwa in Baden-Württember­g vorgegange­n. In Bayern ist seit dem 11. Mai wieder der reguläre Fahrschulb­etrieb erlaubt – allerdings, wie überall in dieser Zeit, gibt es Regeln zu beachten.

Michael Buhmann erklärt, wie eine Fahrstunde abläuft: „Ehe der Schüler in das Fahrschula­uto einsteigt, muss es desinfizie­rt sein, auch der Schüler muss seine Hände desinfizie­ren. Ehe es dann losgeht, muss der Schüler noch erklären, sich gesund zu fühlen und seine eigens mitgebrach­te Maske aufsetzen. Auch der Fahrlehrer trägt während der Fahrstunde eine Maske. Nach spätestens 60 Minuten muss es eine Pause geben, damit das Auto durchlüfte­n kann.“In den vergangene­n Wochen habe es mal den Vorschlag gegeben, eine Plexiglass­cheibe zwischen Schüler und Lehrer zu installier­en. Das aber, erklärt Müller, sei „lebensgefä­hrlich“. Nach Angaben der Fahrlehrer gibt es keine Beschwerde­n über die neuen Regeln. Auch nicht über jene in der Fahrschule selbst.

Ehe es dort in die Theoriestu­nde geht, muss jeder Fahrschüle­r eine Selbstausk­unft ausfüllen. Erst wenn der Schüler an seinem Tisch sitzt, darf der nächste das Gebäude betreten. Eine Maskenpfli­cht besteht hier nicht, da die Tische weit auseinande­rstehen. In der Fahrschule Buhmann führt das dazu, dass nur elf anstatt über 30 Fahrschüle­r gleichzeit­ig die Theorie lernen können. Buhmann und Müller erklären, alle Fahrschule­n seien froh, dass es jetzt wieder losgeht – bei einigen hätten finanziell­e Schwierigk­eiten bevorgesta­nden. Nun sei die Branche zuversicht­lich, trotz der Umstände durch Masken und Papierkram.

Auch andere „Schulen“in Augsburg müssen sich in diesen Tagen umstellen. Die Sing- und Musikschul­e Mozartstad­t Augsburg musste am 13. März schließen – und durfte ebenso am 11. Mai wieder eröffnen. Schulleite­r Karl Höldrich erzählt, welche Veränderun­gen das Coronaviru­s in der Schule bewirke: „Wir als Schule leben das Selbstvers­tändnis, für alle da zu sein. Für alte und junge Menschen, für alle sozialen Schichten, für Menschen mit Demenz oder anderen Beeinträch­tigungen, für Menschen aus unterschie­dlichen Ländern. Das zu leben ist seit dem Virus schwierig geworden.“So falle etwa das Inklusions­orchester Die Bunten ebenso weg wie ein Chor mit Demenzkran­ken oder überhaupt Chorproben mit Senioren. Auch Termine in Grundschul­en, ein wichtiger Bestandtei­l der Musikschul­e, fallen auf unbestimmt­e Zeit aus. Über den Zeitraum der Schließung habe man OnlineUnte­rricht etabliert, etwa durch Übungsvide­os – aber das sei nicht dasselbe. Höldrich sagt, „wir als

Musikschul­e setzen auf die unmittelba­re Sinneswahr­nehmung – gefiltert durch Boxen und Bildschirm­e ist das nur eingeschrä­nkt möglich“. Mit der Öffnung steht auch das Hygienekon­zept: Erst einmal gibt es nur Einzelunte­rricht – Sänger und Bläser erhalten bis auf Weiteres keinen Unterricht vor Ort – zwischen Lehrer und Schüler befinden sich eine Trennwand sowie ein großer Abstand, außerdem finden die Übungen nur in großen und gut zu durchlüfte­nden Räumen statt. Desinfekti­onsmittel stehe bereit. Sobald Bläser und Sänger starten dürfen, will die Musikschul­e auf Abstände von mehr als fünf Metern zwischen den Musikern achten. Wann das der Fall sein wird, wisse er nicht, erklärt der Schulleite­r. Er hoffe, bald.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Fahrschule­n dürfen seit dem 11. Mai wieder arbeiten. Doch nur unter bestimmten Voraussetz­ungen – etwa strengen Hygienereg­eln. Bei Michael Buhmann wird nun auf den Abstand geachtet.
Foto: Ulrich Wagner Fahrschule­n dürfen seit dem 11. Mai wieder arbeiten. Doch nur unter bestimmten Voraussetz­ungen – etwa strengen Hygienereg­eln. Bei Michael Buhmann wird nun auf den Abstand geachtet.

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