Zwei Väter eines Sohnes
Späte Erkenntnis aus schmerzhafter Zeit
„Der Fluch, der über der Generation unserer Väter lag, hat mich nicht erreicht, dafür muss ich dankbar sein.“Das schreibt einer, der 1937 „in die Nazizeit hineingeboren war“. Dieser Stefan Schulz-Dornburg, zuletzt Filmproduzent, erfuhr eine Art Weckruf, als 2002 der „Geheimreport“erschien, den der exilierte Carl Zuckmayer 1943 für den CIA über Kulturschaffende im NSReich verfasst hatte. Der Musiker und Dirigent Rudolf Schulz-Dornburg ist darin ein fragwürdiger Nazi-Karrierist. Das trieb seinen Sohn Stefan um. Seine Recherche widerlegt nicht den Karrierewunsch seines Vaters, wohl aber, dass dieser, wie von Zuckmayer unterstellt, der NSDAP, SS oder
SA angehört und in der Reichsmusikkammer eine Rolle gespielt hatte. Den Mächtigen war der einstige Exponent der Moderne offensichtlich suspekt. Sein einst großer Erfolg blieb ihm auch nach dem Krieg versagt, weshalb er seinem Leben wohl selbst ein Ende setzte.
Stefan Schulz-Dornburgs eingangs zitierter „Fluch“betrifft auch seinen leiblichen Vater, den Diplomaten Albrecht Graf von Bernstorff, der 1945 von der SS liquidiert wurde. Gewissheit, dass dieser widerständige Graf und nicht der anpassungswillige Musiker SchulzDornburg sein Erzeuger war, erhielt der Rechtsreferendar Stefan erst bei einem Prozess, der 1964 in München gegen den SS-Führer K. D. Wolff stattfand. Die katastrophale Zeit schmerzt nach. Als deren Heldinnen erkennt Stefan die sich aufopfernden Mütter. Seiner eigenen, der früheren Schauspielerin Ellen Schulz-Dornburg, geb. Hamacher, widmet er seinen Roman.
Allitera, 224 S., 24, 90 ¤
(hks)