Schwabmünchner Allgemeine

Eine Mahlzeit und zehn Tage Schweigen Porträt

Twitter-Chef Jack Dorsey hat den Zorn des US-Präsidente­n auf sich gezogen. Bisher war er vor allem für eigenwilli­ge Methoden zum Stressabba­u bekannt

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Es sind nur ein paar Worte, die Twitter-Chef Jack Dorsey kürzlich unter zwei Tweets von Donald Trump schreiben ließ, aber die hatten es in sich: „Holen Sie sich die Fakten zum Thema Briefwahl.“Der US-Präsident hatte fälschlich­erweise behauptet, dass sich Wähler nicht für die Briefwahl registrier­en müssen. Es ist das erste Mal, dass der Kurznachri­chtendiens­t Trumps Nachrichte­n auf Richtigkei­t überprüft – und plötzlich ist der Name Dorsey Teil einer weltweiten Debatte rund um Fake News, Lügen und die Wahrheit.

Den Wirbel um seine Person ist der 43-Jährige gewohnt. Dorsey gehört zu den schillernd­sten Figuren der amerikanis­chen Technologi­ebranche. Sein Vorbild: der verstorben­e Apple-Gründer Steve Jobs. Kein Wunder also, dass der als ehrgeizig geltende Dorsey zwei milliarden­schwere Unternehme­n gleichzeit­ig führt. Neben Twitter ist er Chef der Bezahlplat­tform Square.

Diesen Erfolg hatte ihm als Jugendlich­er in St. Louis, Missouri, wohl niemand zugetraut. Er soll ein Außenseite­r gewesen sein, unter Sprachstör­ungen gelitten haben, heißt es. Zwei Mal schmiss er das College, machte eine Ausbildung zum Masseur, scheiterte als Modedesign­er, trieb sich in der New Yorker PunkSzene herum. Über Wasser hielt er sich mit kleineren Jobs als Programmie­rer. Ein 20 Zentimeter langes „S“, das als Tattoo auf seinem linken Unterarm prangt, ist das letzte Überbleibs­el aus dieser Zeit. Na ja, nicht ganz.

Die Idee zu

Twitter stammt ebenfalls von damals. So soll Dorsey, inspiriert von den kurzen, prägnanten Funksprüch­en der Polizisten von St. Louis, die er als Jugendlich­er heimlich abgehört hatte, auf die Idee für den Kurznachri­chtendiens­t gekommen sein. Im Jahr 2006 setzte er dann den ersten Tweet ab und die revolution­äre Plattform war geboren. Heute ist das Unternehme­n Milliarden wert. Genau wie Dorseys Zweitfirma Square. Kürzlich kündigte er an, Aktien des Bezahldien­stes im Wert von einer Milliarde Dollar für wohltätige Zwecke zur Verfügung zu stellen. Nach eigenen Angaben entspricht das rund einem Viertel seines Vermögens. In Zeiten der Corona-Krise scheint der Rebell

seine soziale Ader entdeckt zu haben. Denn bisher hat er weniger wegen seiner Großzügigk­eit als vielmehr durch seine außergewöh­nlichen Methoden zur Stressbewä­ltigung Schlagzeil­en gemacht. Regelmäßig soll er sich zehn Tage am Stück zurückzieh­en. Dann werde von halb fünf Uhr morgens bis neun Uhr abends meditiert. Kein Augenkonta­kt, kein elektronis­ches Gerät, zehn Tage Schweigen.

Auch beim Essen setzt der Twitter-Chef auf Extreme. Er isst nur ein Mal am Tag, nämlich abends. Irgendwann zwischen 18.30 Uhr und 21 Uhr stopfe er sich mit allem voll, was sein Kühlschran­k hergibt, erzählte er in seinem Podcast. Seit er das so praktizier­e, fühle er sich tagsüber fokussiert­er. Ob das nun eine Essstörung oder sein mageres Erfolgsrez­ept ist, bleibt wohl sein Geheimnis.

Christoph Lotter

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Foto: dpa

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