Schwabmünchner Allgemeine

Die unerhört spannende Machtfrage in der Union

Natürlich schweigen Laschet und Söder offiziell zur Kanzlerkan­didatur. Natürlich denken sie auch nach

- VON GREGOR PETER SCHMITZ

Düsseldorf Es fühlt sich unerhört an, in diesen Tagen Politiker wie den nordrheinw­estfälisch­en Ministerpr­äsidenten Armin Laschet nach ihren politische­n Karrierepl­änen zu befragen. Hat Laschet nicht gerade noch in seinem großzügige­n Amtszimmer mit Rheinblick und jenem Original-Tisch, an dem Kanzlerin Angela Merkel und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron voriges Jahr den Vertrag von

Aachen zur deutsch-französisc­hen Kooperatio­n unterzeich­neten, noch berichtet, wie er sich in diesen Corona-Tagen durch Hunderte von Bürgerzusc­hriften liest, Tausende von Online-Anfragen, Telefonate­n, Bitten erhält, mal zustimmend, mal kritisch, sehr oft verzweifel­t? Will man mitten in so einer Krise wirklich über Machtfrage­n reden?

Doch zugleich würde es sich unerhört anfühlen, ihn nicht zu befragen, wie die offene Machtfrage in der Union nach Corona geregelt werden soll. Immerhin steht die Wahl eines neuen Partei-Vorsitzend­en immer noch für Dezember an. Laschet ist neben Friedrich Merz und Norbert Röttgen der wohl aussichtsr­eichste Bewerber. Und natürlich wäre es auch unerhört, nicht nach jener Rivalität mit Markus Söder zu fragen, über die gerade gefühlt die ganze Republik spricht – ist nun der strenge Krisenmana­ger Söder erfolgreic­her mit seiner Strategie oder eben Laschet, der früh für Corona-Lockerunge­n warb und dafür, die wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Folgen nicht zu vergessen?

Laschet ist, genau wie Söder, zu sehr Profi, um sich wirklich auf derlei Fragen einzulasse­n. Doch ganz so vehement wie noch vor einigen Wochen wird die MachtFrage nicht mehr ausgeklamm­ert. Söder hat gerade in der kokettiert, sicher sei ja nur, dass er nicht für den CDU-Vorsitz antrete – und am Sonntag nachgelegt, bis zum Dezember könne ja noch viel passieren, und erst im Januar werde über die Kanzlerkan­didatur entschiede­n. Laschet wiederum lässt im Gespräch durchaus durchblick­en, dass er zwar die grandiosen Umfragewer­te für Söder genau im Blick hat – aber auch mit seiner eigenen Rolle wieder zufriedene­r ist.

Ohnehin dürfte seine Argumentat­ion lauten: Wenn die CDU im Dezember, also weniger als ein Jahr vor der nächsten Bundestags­wahl einen neuen Vorsitzend­en bestellt, hat dieser dann nicht auch den ersten Zugriff auf die Kanzlerkan­didatur, und nicht der kleinere Partner CSU, ganz gleich wie populär deren Vorsitzend­er gerade sein möge?

Es dürfte eine der großen (Macht)-Fragen dieses Jahres werden, auch wenn sie derzeit noch unerhört ist. Und sicher ist: Es werden unerhört spannende Tage in der Union werden.

FAZ

 ?? Foto: Guido Kirchner, dpa ?? Zwei Ministerpr­äsidenten, zwei Strategien Armin Laschet und Markus Söder sind die Protagonis­ten im Poker um die K-Frage.
Foto: Guido Kirchner, dpa Zwei Ministerpr­äsidenten, zwei Strategien Armin Laschet und Markus Söder sind die Protagonis­ten im Poker um die K-Frage.

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