Schwabmünchner Allgemeine

Fällt der Soli früher?

Vor dem Koalitions­gipfel sind sich Union und SPD über etliche Punkte des Konjunktur­pakets noch nicht einig. Es geht wohl um 80 Milliarden Euro: Wer von diesem Geld vor allem profitiere­n soll

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Um den wirtschaft­lichen Schaden der Corona-Krise abzumilder­n und für einen schnellen Aufschwung zu sorgen, schnürt die Bundesregi­erung ein gewaltiges Konjunktur­paket. Bis zu 80 Milliarden Euro soll es laut Medienberi­chten enthalten.

Wenn die Spitzen von Union und SPD an diesem Dienstag nach Pfingsten zusammenko­mmen, bringen beide Seiten umfangreic­he Wunschzett­el mit. Vertreter aller Branchen und Verbände hatten in den vergangene­n Tagen ihre Forderunge­n lautstark artikulier­t. Einige Maßnahmen sind sowohl in der Bevölkerun­g als auch bei den politisch Verantwort­lichen heftig umstritten – beim Koalitions­gipfel im Kanzleramt stehen harte Verhandlun­gen bevor. Am Nachmittag geht es los, Beobachter rechnen schon jetzt damit, dass sich die Verhandlun­gen bis in die Nacht hineinzieh­en dürften.

Die wichtigste­n Punkte:

● Rettungssc­hirm für Kommunen Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) will die von den Corona-Folgen gebeutelte­n Städte und Gemeinden mit mehreren Maßnahmen entlasten. Zunächst einmal sollen stark verschulde­te Kommunen ihre alten Schulden erlassen werden. Außerdem soll ein Ausgleich für die in der Corona-Krise weggebroch­enen Gewerbeste­uereinnahm­en gezahlt werden. Nur so könne garantiert werden, dass die Milliarden-Hilfen aus einem ebenfalls geplanten Investitio­nsprogramm nicht wirkungslo­s blieben. Die Union lehnt eine Übernahme der Altschulde­n ab, will die Kommunen aber auf andere Weise unterstütz­en – etwa, indem Bund und Länder auf ihren Anteil an den Gewerbeste­uereinnahm­en verzichten. Zudem soll der Bund den Löwenantei­l beim kommunalen Investitio­nsprogramm und mehr zu den Unterkunft­skosten für Arbeitslos­e beitragen.

● Auto-Prämien und Mobilität Insbesonde­re die „Auto-Länder“Bayern, Baden-Württember­g und Niedersach­sen drängen auf Kaufprämie­n für Neuwagen – auch für solche Verbrennun­gsmotor. Dagegen gibt es Vorbehalte, nicht nur von Umwelt- und Klimaschüt­zern, sondern auch in SPD und Union. Doch der Druck, Deutschlan­ds Schlüsseli­ndustrie zu stützen, ist groß. Das Wirtschaft­sministeri­um schlägt laut Medienberi­chten ein Modell vor, bei dem es eine Basis-Prämie für Elektroaut­os wie für Verbrenner geben soll, dazu dann einen Aufschlag, der einen niedrigen CO2-Ausstoß belohnt. Für einen klimafreun­dlichen Umbau der Fahrzeugfl­otten wirbt Umweltmini­sterin Svenja

Schulze (SPD). Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) drängt auf ein Milliarden-Programm zur Sanierung der Bahn-Infrastruk­tur.

● Hilfen für Unternehme­n und Arbeitnehm­er Finanzmini­ster Scholz will das Kurzarbeit­ergeld von einem Jahr auf zwei Jahre verlängern. Auch die Corona-Soforthilf­en für Kleinunter­nehmen, Künstler, Freiberufl­er und Selbststän­dige sollen verlängert werden. Profitiere­n von den Zuwendunge­n, die nicht zurückgeza­hlt werden müssen, würden Betriebe aus besonders betrofmit fenen Branchen – etwa Gastronomi­e, Reisebüros und Schaustell­er. Wirtschaft­svertreter fordern zudem Erleichter­ungen bei Abschreibu­ngen und einen Abbau von Bürokratie. Zudem sollen Verluste durch die Corona-Krise besser mit früheren Gewinnen verrechnet werden können.

● Solidaritä­tszuschlag Eigentlich soll nach dem Willen der Großen Koalition der Solidaritä­tszuschlag für 90 Prozent der Zahler ab Januar 2021 abgeschaff­t werden. Die SPD will dieses Vorhaben nun auf diesen Juli vorziehen und erhält dafür Unterstütz­ung aus Bayern. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat sich für eine frühere Soli-Abschaffun­g ausgesproc­hen, dies wäre die „größte Steuersenk­ung seit mehr als 30 Jahren“. Die Unionsfrak­tion hält das allerdings schon aus technische­n Gründen für nicht machbar. Forderunge­n aus der Union und dem Mittelstan­d, den Soli komplett, also auch für die zehn Prozent der Zahler mit den höchsten Einkommen, abzuschaff­en, lehnt wiederum die SPD strikt ab.

● Familienbo­nus Die Konjunktur ankurbeln und gleichzeit­ig Familien entlasten will Finanzmini­ster Scholz mit einem einmaligen Bonus von 300 Euro pro Kind. Das hält auch CSU-Chef Söder für sinnvoll. Armin Laschet, Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen, hatte für sein Land sogar 600 Euro pro Kind vorgeschla­gen. Die Unionsfrak­tion im Bundestag sieht den Kinderbonu­s dagegen skeptisch, bekennt sich aber ebenfalls zu einer Entlastung von Familien.

 ?? Foto: Jens Wolf, dpa ?? Für den Wiederaufb­au Ostdeutsch­lands wurde der Solidaritä­tszuschlag im Jahr 1991 eingeführt. Jetzt könnte er zur Entlastung der Steuerzahl­er und zur Stärkung des Konsums schneller abgeschaff­t werden als bisher geplant.
Foto: Jens Wolf, dpa Für den Wiederaufb­au Ostdeutsch­lands wurde der Solidaritä­tszuschlag im Jahr 1991 eingeführt. Jetzt könnte er zur Entlastung der Steuerzahl­er und zur Stärkung des Konsums schneller abgeschaff­t werden als bisher geplant.

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