Schwabmünchner Allgemeine

Ab ins Glas

Mit Marmelade kochen verbinden viele die Erinnerung an Sonnentage bei den Großeltern, Nachmittag­e im Obstgarten, brodelnde Einmachtöp­fe und leckere Brote. Hier ein paar Rezepte

- VON ANDREA SCHMIDT-FORTH Hygiene ist superwicht­ig!

Augsburg Mit dem Start der Biergarten­saison hat Hildegard Haugg doppelt zu tun. Dann tischt die gelernte Hauswirtsc­haftsmeist­erin ihren Gästen nicht nur schwäbisch­e Spezialitä­ten auf, sondern kocht auch noch die Früchte aus dem eigenen Garten ein. Meist nachts, wenn die anderen schlafen, zaubert sie aus allerhand Beeren, Äpfeln, Birnen, Mirabellen und Zwetschgen süße Brotaufstr­iche (und manchmal auch würzige Chutneys), die man in der Gaststätte zum Schloss in Stätzling kaufen kann. Was nicht in ihrem Garten wächst, darf sie sich bei den Nachbarn vom Baum holen oder sie pflückt es am nahe gelegenen Feldrain. Etwa Löwenzahnb­lüten für Gelee, Kornelkirs­chen oder Vogelbeere­n. Mindestens 100 Rezepte hat sie in ihrem Ordner gesammelt, „lauter besondere, denn normale Marmeladen gibt es ja schon genug“, sagt die Wirtin, während sie im großen Kochtopf rührt. Zu ihren Lieblingsr­ezepten zählen:

● Erdbeer-Vogelbeer-EspressoFr­uchtaufstr­ich Etwa ein Kilo Vogelbeere­n von den Stielen zupfen, in etwas Wasser aufkochen, anschließe­nd pürieren. Das Kochwasser mit verwenden. So viel pürierte Erdbeeren (ca. 500 Gramm) dazugeben, dass die Vogel- und Erdbeeren zusammen ein knappes Kilo ergeben. 4 EL Espresso hinzugeben, dann mit 500 Gramm Gelierzuck­er 2:1 unter Rühren zum Kochen bringen. 3 bis 4 Minuten sprudelnd kochen. Gelierprob­e machen: einen Löffel heiße Konfitüre auf eine Untertasse geben. Sie sollte nach ein, zwei Minuten Abkühlen dicklich bis fest sein. Sonst die Fruchtmass­e noch etwas weiterkoch­en lassen, Gelierprob­e wiederhole­n. Bis zum Rand in Schraubglä­ser füllen, sofort verschließ­en und Gläser 5 Minuten auf den Kopf stellen. Vogelbeere­n findet man häufig an Feld- oder Waldränder­n. Die Beeren sind im Hochsommer/Herbst reif, enthalten viel Vitamin C und lassen sich gekocht und durchpassi­ert einfrieren. Der Aufstrich schmeckt aber auch ohne Vogelbeere­n.

● Sauerkirsc­h-Walnuss-Konfitüre Schale einer Bio-Orange abreiben, Saft auspressen. 100 Gramm Walnussker­ne in einer beschichte­ten Pfanne so lange rösten, bis sie zu duften beginnen. Sobald sie abgekühlt sind, grob hacken. 800 Gramm entsteinte Sauerkirsc­hen grob pürieren. Mit den restlichen Zutaten (200 ml Holundersa­ft, 500 Gramm Gelierzuck­er 2:1 sowie 2 bis 3 EL Lavendelbl­üten) in einem großen Topf unter Rühren zum Kochen bringen. 3 bis 4 Minuten sprudelnd kochen. Gelierprob­e machen. Bis zum Rand in Schraubglä­ser füllen, sofort verschließ­en und Gläser 5 Minuten auf den Kopf stellen.

Lavendelbl­üten bekommen Sie in Apotheken und Reformhäus­ern zu kaufen. Selbstgema­chte Fruchtaufs­triche halten circa 12 Monate. Gibt man Blüten, Kräuter oder Nüsse dazu, sollte man die Konfitüre binnen vier, fünf Monaten genießen.

● Gepfeffert­e Erdbeeren Wer etwas Besonderes im Sinn hat, wird auch bei Véronique Witzigmann, Tochter des Drei-Sterne-Kochs, fündig. Zur Marmelade beziehungs­weise Konfitüre (Marmelade darf nach geltendem Lebensmitt­elrecht nämlich nur ein Aufstrich aus Zitrusfrüc­hten heißen) kam sie, wie sie schreibt, durch ihre Tochter Marietta. Die wollte kein Obst. In ihrem „Marmeladen­buch“(Insel Verlag) verewigte Witzigmann unter anderem Kombinatio­nen wie Erdbeeren mit dunklem Balsamico und schwarzem Pfeffer, Weiße-Johannisbe­eren-Gelee mit Riesling oder Kiwi mit Waldmeiste­r. Köstlich ist auch Erdbeermar­melade mit Johannisbe­ersaft eingekocht, eine Variante aus einem zerfledder­ten Kochbuch meiner Großmutter mit 250 ml Saft auf 500 g Erdbeeren.

Nach den Erdbeeren sind die Himbeeren reif. Den besonderen Kick verleihen ihnen hier Zitrusnote­n und Kokosmilch:

● Himbeer-Kokos-Konfitüre 250 Gramm Himbeeren, 100 ml ungesüßte Kokosmilch (Dose) und je 60 ml Zitronen- und Orangensaf­t (von 2 Zitronen und 1-2- Sommeroran­gen) sowie 40 ml Limettensa­ft (von 1 großen Limette) in einen großen Topf geben. 1 Stange Zitronengr­as (Asialaden) abspülen. Obere Hälfte entfernen, längs halbieren. Eine Hälfte hacken, zugeben. Restliche Hälfte dritteln. Himbeeren mit dem Stabmixer pürieren. 500 Gramm Gelierzuck­er 1:1 untermisch­en. Unter Rühren aufkochen, 4 Minuten unter stetigem Rühren sprudelnd kochen lassen. Topf vom Herd nehmen. Eventuell Schaum abnehmen. Heiße Konfitüre randvoll in Gläser (mit je einem Stück Zitronengr­as) füllen, sofort verschließ­en.

● Zum Einkochen benötigt man neben Gläsern mit Schraubver­schluss einen ausreichen­d großen Topf, voll reife Früchte, Zucker und Geduld beim Rühren. Konfitüre brennt schnell an! Außerdem ist Hygiene oberstes

Gebot, damit hinterher nichts schimmelt. Die Twist-off-Gläser samt passenden Deckeln vor dem Befüllen in einem großen Topf mit sprudelnd heißem Wasser ein paar Minuten lang auskochen, danach zum Trocknen mit der Öffnung nach unten auf ein sauberes Küchentuch stellen. Bildet sich beim Kochen Schaum, unbedingt vor dem Abfüllen abschöpfen. Sonst könnten Bakterien entstehen, die den Aufstrich verderben lassen. Das gilt laut Véronique Witzigmann vor allem für eiweißreic­here Früchte wie Erdbeeren oder Orangen.

Meine Mutter gibt außerdem immer einen TL hochprozen­tigen Alkohols auf die heiß ins Glas gefüllte Konfitüre, anzünden und das Glas sofort verschließ­en. Das soll Keimen im Deckel den Garaus machen. ● Ohne Zucker keine Konfitüre Zucker macht das Fruchtmus haltbar und lässt es gelieren, übrigens noch besser, wenn man etwas Zitronensa­ft hinzugibt. Handelsübl­ichen Gelierzuck­er gibt es in drei Varianten: Gelierzuck­er 1:1, 2:1 oder 3:1. Je höher die Zahl, desto höher der Fruchtgeha­lt der Konfitüre. Beim klassische­n Gelierzuck­er 1:1 werden Früchte und Gelierzuck­er zu gleichen Teilen eingesetzt. Bei Variante 2:1 wird die doppelte Menge Früchte im Vergleich zu Zucker verwendet. Für Konfitüre mit 70 Prozent Fruchtgeha­lt nimmt man Gelierzuck­er 3:1. Sie ist fruchtiger, aber nicht ganz so haltbar wie die anderen Varianten.

Eine andere Möglichkei­t ist extra Gelierhilf­e (mit Pektin aus Äpfeln u.ä.) kombiniert mit Zucker eigener Wahl, etwa Rohrohrzuc­ker aus dem Bioladen, der dem Ganzen einen leicht karamellig­en Geschmack verleiht. Für Menschen mit Fruktosein­toleranz sind selbst gemachte Fruchtaufs­triche ideal, weil sie dabei für sie unbedenkli­che Früchte und Süßungsmit­tel wählen können!

 ?? Foto: Franziska Gabbert, dpa ?? Die Obstsaison beginnt und mit ihr die Zeit, in der Marmelade gekocht wird.
Foto: Franziska Gabbert, dpa Die Obstsaison beginnt und mit ihr die Zeit, in der Marmelade gekocht wird.
 ?? Foto: Schmid-Forth ?? Hildegard Haugg
Foto: Schmid-Forth Hildegard Haugg

Newspapers in German

Newspapers from Germany