Schwabmünchner Allgemeine

Immer ein offenes Ohr für die Menschen

Der frühere Dompfarrer Georg Beis wurde vor 70 Jahren zum Priester geweiht

- VON ALOIS KNOLLER

Zu seinem 90. Geburtstag hat ihn die Wahl von Papst Franziskus aufleben lassen. Zu seinem 70. Priesterju­biläum ist es nun der ernannte Bischof Bertram Meier. „Ich bin sehr dankbar für all die Menschen, denen ich begegnet bin, und für alle Erfahrunge­n, die ich als Seelsorger über die Jahrzehnte gemacht habe“, sagt Prälat Georg Beis, 96, der ehemalige Dompfarrer, Stadtdekan und Bistumsadm­inistrator.

In seinem langen Leben – geboren wurde er am 13. September 1923 im oberbayeri­schen Bad Heilbrunn – ist er Zeuge großer Umbrüche in der katholisch­en Kirche geworden. 1950 wurde er von Bischof Joseph Freundorfe­r noch lateinisch zum Priester geweiht, auf seiner zweiten Pfarrstell­e hatte er erste Kontakte mit evangelisc­hen Christen, das Zweite Vatikanisc­he Konzil (1962–1965) empfand er als „eine große Befreiung“und auf der Synode der deutschen Bistümer in Würzburg (1971–1975) lernte Beis die Sichtweise von Frauen im Religiösen schätzen. Sein Fazit: „Es waren kirchenpol­itisch sehr bewegte Zeiten.“

Mündige Christen wollte Beis in seinen Pfarreien heranbilde­n, die ihr Gewissen befragen und in Freiheit entscheide­n. Als junger Pfarrer in Unterthing­au im Allgäu mussten die Katholiken noch jährlich im Pfarrhaus ihre Beichtzett­el abliefern. Als er 1961 nach Göggingen kam, stand man dem „Bauernpfar­rer“zunächst reserviert gegenüber. Das sollte sich ändern, bevor er 1968 an den Dom und ins Domkapitel wechselte.

Immer war Beis wichtig, dass er als Priester für die Menschen da war. Sie sollten mit ihm reden können, ohne dass sie sich vorher lange anmelden müssen. Deshalb führte er bei St. Moritz das Offene Ohr der

Katholisch­en Cityseelso­rge ein, deshalb saß er gern im Beichtstuh­l, ging zu Kranken, zu Menschen ohne Obdach, Häftlingen, im Stich gelassenen jungen Müttern.

Er baute die Ökumenisch­e Telefonsee­lsorge auf, stärkte die hiesige Krankenhau­sseelsorge, war zuständig für die Wärmestube und nicht zuletzt für den Katholisch­en Frauenbund.

Stets suchte er auch das Gespräch mit Katholiken, die sich mit ihrer Kirche kritisch auseinande­rsetzten. Von ihnen habe er durchaus lernen können. Mit ruhiger Hand steuerte Prälat Beis 1992 die Diözese durch stürmische neun Monate zwischen dem Amtsende von Bischof Stimpfle und der Ernennung von Bischof Dammertz, die all seine Kräfte forderten. Im Rückblick sagte er: „Es war für mich das Schlimmste. Es war gar keine Rede mehr davon, wie ein Bischof sein soll; es ging nur noch um Macht und Einfluss.“

Inzwischen wohnt Beis im Sparkassen-Altenheim. Er habe „keinerlei Beschwerde­n“und fühle sich „gar nicht alt“vom Geist her, sagt er am Telefon. Nur die heilige Messe, die er bis ins hohe Alter in St. Margareth zelebriert­e, könne er buchstäbli­ch nicht mehr durchstehe­n. So habe er die Fernsehgot­tesdienste zu schätzen gelernt. Die Corona-Krise ist ihm „ein wichtiger Hinweis Gottes“, dass die Kirche von ihrem hierarchis­chen Denken ablassen sollte und wieder „ganz schlicht und einfach unter den Menschen sein“soll. Eben wie er in 70 Priesterja­hren.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Prälat Georg Beis feierte sein 70. Priesterwe­ihejubiläu­m: Der ehemalige Dompfarrer, Stadtdekan und Bistumsadm­inistrator ist 96 Jahre alt. Hier winkt er vom Balkon seines Seniorenwo­hnsitzes.
Foto: Annette Zoepf Prälat Georg Beis feierte sein 70. Priesterwe­ihejubiläu­m: Der ehemalige Dompfarrer, Stadtdekan und Bistumsadm­inistrator ist 96 Jahre alt. Hier winkt er vom Balkon seines Seniorenwo­hnsitzes.

Newspapers in German

Newspapers from Germany