Schwabmünchner Allgemeine

So will der Mittelstan­d aus der Krise kommen

Handwerk, Gastwirte und Banken fordern weniger Steuern und schnelles Internet

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Der schwerste Schock seit dem Zweiten Weltkrieg lastet auf dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Der Mittelstan­d sorgt zuverlässi­g für Stabilität im Auf und Ab der Konjunktur, aber die Folgen der Corona-Pandemie bringen selbst die robusten Unternehme­n an ihre Grenzen. Allein werden es die Firmen nicht schaffen, es droht eine Insolvenzw­elle, die hunderttau­sende Stellen kosten könnte. In den dreieinhal­b Millionen kleinen und mittelgroß­en Betrieben arbeiten beinahe 18 Millionen Leute.

Ein Zusammensc­hluss mehrerer Verbände – die Arbeitsgem­einschaft Mittelstan­d – hat der Bundesregi­erung pünktlich zum entscheide­nden Treffen der Koalitions­spitzen über das Konjunktur­paket einen Plan vorgelegt, um den totalen Absturz zu verhindern. Ihr gehören unter anderem der Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga), der Industrieu­nd Handelskam­mertag, der Handwerksv­erband, Volks- und Raiffeisen­banken sowie die Sparkassen an. Im Zentrum ihrer Forderunge­n steht ein Dreischrit­t: Belastunge­n senken, staatliche Investitio­nen sicherstel­len und die Digitalisi­erung voranbring­en. „Die Umsatzeinb­rüche sind immer noch hoch, die Lage deutlich angespannt. Die Politik muss daher weiter gezielt unterstütz­en“, sagte Handwerksp­räsident Hans Peter Wollseifer unserer Redaktion.

Konkret verlangt der Mittelstan­d eine Senkung der Unternehme­nssteuern, schnellere Abschreibu­ngen bei Investitio­nen und eine Obergrenze für die Sozialvers­icherungsb­eiträge, die wegen der befürchtet­en Entlassung­en steigen könnten. Wird künftig mehr Geld benötigt, soll es der Staat aus dem allgemeine­n Haushalt aufbringen. Aus Sicht der Unternehme­n sollen die Länder außerdem dafür sorgen, dass Städte und Gemeinden trotz wegbrechen­der Einnahmen investiere­n können, um zum Beispiel Schulen zu modernisie­ren und Straßen zu erneuern. „Aufträge sind und bleiben das A und O des Neustarts. Die Stornierun­g öffentlich­er Aufträge wäre das genau falsche Signal“, meinte Wollseifer. Die Kommunen stemmen hierzuland­e rund ein Drittel aller staatliche­n Investitio­nen. Neben der Sicherung der öffentlich­en Aufträge fordert die Arbeitsgem­einschaft Mittelstan­d zudem den raschen Ausbau schneller Internetve­rbindungen und Behörden, die sich aus dem Papierzeit­alter verabschie­den. Mitarbeite­r sollen nicht mehr wegen wackeliger Internetve­rbindungen aus der Videokonfe­renz fliegen.

Einen Verbündete­n haben die Unternehme­n im Wirtschaft­sflügel von CDU und CSU. „Wir sind der Auffassung, dass es am besten ist, wenn Unternehme­n und Verbrauche­r mehr Geld zur Verfügung haben. Das gelingt am besten, wenn wir die Steuern senken. Gleichzeit­ig tun wir etwas für die Wettbewerb­sfähigkeit unseres Landes“, sagte der Vize-Vorsitzend­e des Parlaments­kreises Mittelstan­d in der Unionsfrak­tion, Hans Michelbach (CSU), unserer Redaktion. Statt einer Kaufprämie für Autos sollen die Unternehme­n stärker laufende Verluste mit Steuerzahl­ungen aus dem Jahr 2019 verrechnen können. Von den Finanzämte­rn können sie dann mit einer Erstattung rechnen, was für mehr flüssige Mittel auf den Firmenkont­en sorgt.

Nach dem schwarzen April und dem Ende der Zwangspaus­e für einen Teil der Wirtschaft blicken die kleineren und mittleren Betriebe nicht mehr ganz so düster in die Zukunft. Das Geschäftsk­lima für den Mittelstan­d, das das Münchner IfoInstitu­t für die KfW-Bank erhebt, hat sich verbessert. Im Mai lag es mit minus 27,9 Zählern nicht mehr so stark im roten Bereich wie im April, als das Konjunktur­barometer auf minus 38,2 Punkte abgerutsch­t war. Das heißt aber immer noch, dass deutlich mehr Firmen mit schlechter­en Geschäften rechnen als mit besseren. Der langjährig­e Mittelwert liegt bei knapp über sieben Zählern. Die Daten liegen unserer Redaktion exklusiv vor.

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Foto: dpa Maß nehmen und Maß halten – das gilt für Staat und Unternehme­n gerade auch in Krisenzeit­en.

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