Schwabmünchner Allgemeine

Augsburger ärgern sich über die Bürgerbüro­s

Wer einen Ausweis verlängern oder andere Behördengä­nge erledigen will, muss vorher einen Termin ausmachen. Bürger ohne Termin müssen unverricht­eter Dinge wieder gehen. Abhilfe ist so schnell nicht zu erwarten

- VON LEONHARD PITZ UND MICHAEL HÖRMANN

Enttäuscht muss Gabi O. den Eingang des Bürgerbüro­s an der Blauen Kappe wieder verlassen. Sie tut es unverricht­eter Dinge. Seit Mitte Mai werden in den städtische­n Bürgerbüro­s zwar wieder Personalau­sweise verlängert oder Anwohnerpa­rkausweise herausgege­ben. Wegen der Corona-Pandemie geht allerdings nichts mehr spontan: Termine gibt es nur nach vorheriger Anmeldung. Gabi O. hatte keinen. Ihr Personalau­sweis sei abgelaufen, erzählt sie. „Heute war mein letzter Urlaubstag, da habe ich es einfach probiert.“Über die Telefonhot­line sei sie nicht durchgekom­men. So wie ihr geht es aktuell vielen Augsburger­n. Deshalb gibt es jetzt einigen Ärger.

Bei der Stadt weiß man um die Unzufriede­nheit von Bürgern. Amtsleiter Dieter Roßdeutsch­er sagt: „Seit Wiedereröf­fnung der Bürgerbüro­s findet der Parteiverk­ehr ausschließ­lich per Terminverg­abe statt.“Der Zugang werde vor jedem Büro über einen Mitarbeite­r eines Sicherheit­sdienstes geregelt. Die Stadt hat durchgezäh­lt, so Roßdeutsch­er: „Wir haben 26 Schalter eingesetzt. Mehr Schalter können derzeit wegen der Größe der Räume nicht angeboten werden.“Pro Person sind 20 Quadratmet­er vorgeschri­eben. Dass in den Bürgerbüro­s jede Menge Arbeit anfällt, hat unmittelba­r mit der Corona-Pandemie zu tun: Mehrere Wochen lang waren die Bürgerbüro­s geschlosse­n.

In der Schlange vor dem Bürgerbüro an der Blauen Kappe haben die meisten ihren Termin über das Internet bekommen. Diejenigen, die es über die telefonisc­he Hotline probiert haben, berichten von viel Frustratio­n: Sie kamen einfach nicht durch. Viele Bürger sind deshalb, wie sie sagen, notgedrung­en auf die Online-Variante umgestiege­n. So auch ein älteres Ehepaar, das wegen eines verlorenen Personalau­sweises zum Bürgerbüro musste. Mehrmals habe er es übers Telefon probiert, berichtet der 77-jährige Augsburger. „Mal war es besetzt, mal war man ewig in der Warteschla­nge.“Nachdem auch sein Sohn über den telefonisc­hen Weg nicht weitergeko­mmen sei, habe dieser über das Internet einen Termin für seine Eltern vereinbart. Für die beiden keine zufriedens­tellende Situation: „Viele alte Leute haben gar kein Internet.“

Roßdeutsch­er kennt den Ärger, den derzeit viele Bürger äußern. Er sagt, dass für die Telefonhot­line in der Anrufzeit (8.30 bis 12.30 Uhr) immer mindestens vier Mitarbeite­r eingesetzt werden. Mehr sei derzeit aber nicht machbar: „Eine Aufstockun­g der Mitarbeite­rzahl oder eine Ausweitung dieser Zeiten auf den Nachmittag ist personell nicht möglich.“Nicht nur die Hotline arbeitet laut Roßdeutsch­er am Anschlag. Insgesamt seien die Bürgerbüro­s „vollständi­g ausgelaste­t“. Weil sie wegen der Corona-Maßnahmen komplett geschlosse­n waren und die Politik den Bürgern strenge Ausgangsbe­schränkung­en auferlegt hatte, entstand ein Rückstau der Bearbeitun­g von Vorgängen. Roßdeutsch­er prophezeit daher: „Es wird noch mehrere Wochen zu überlastet­er Hotline und ausgebucht­en Terminkale­ndern der Bürgerbüro­s führen.“

Aktuell bearbeite man in den Bürgerbüro­s 600 Termine pro Tag, dazu kommen noch Anfragen per Post oder E-Mail. Wegen der aktuellen Hygiene- und Abstandsvo­rgaben sei keine kurzfristi­ge Aufstockun­g der Terminbear­beitungspl­ätze möglich, sagt Roßdeutsch­er. Ihn ärgert es, wenn gebuchte Termine nicht eingehalte­n oder storniert werden. In der Vorwoche waren es 297 geplatzte Termine. Roßdeutsch­er: „Andere Bürger wären froh, einen Termin zu erhalten.“

Wer wegen eines Notfalls einen Sonderterm­in braucht, könne sich an die E-Mail-Adressen des Einwohnerm­eldewesens oder der Kfz-Zulassungs­stelle wenden. Dies werde dann durch einen Sachbearbe­iter geprüft, erklärt Roßdeutsch­er. Bürgern, die auf der Hotline nicht durchkomme­n, rät er zur Terminvere­inbarung über das Onlineport­al. Es würden auch immer wieder kurzfristi­g Termine frei. Eine Reservieru­ng sei immer für die laufende, nächste und übernächst­e Woche möglich. Zudem könnten viele Leistungen über die Onlinedien­ste, per E-Mail oder Post abgewickel­t werden.

Die Stadt setzt auf Online. Nicht jeder Bürger zieht dabei in allen Dingen mit. Ein 30-Jähriger sagt:

„Die Kfz-Neuanmeldu­ng wäre auch online gegangen, aber das ist am Ende eben doch umständlic­her als persönlich vorbeizuko­mmen.“Bei der Terminvere­inbarung schätzt der Mann die Online-Option. „Was dabei praktisch ist, dass man online zwischen verschiede­nen Bürgerbüro­s auswählen kann.“In seinem Fall wäre das in Haunstette­n näher gelegen, „aber ich habe gesehen, dass es dort fast keine Termine gibt, deswegen bin ich an der Blauen Kappe“.

Die Terminrese­rvierung wird an der Blauen Kappe kontrollie­rt, vor den Eingängen steht Sicherheit­spersonal. „Mittlerwei­le läuft es ganz gut, es spricht sich herum, dass man nur noch mit Termin reindarf“, sagt ein Mitarbeite­r. Am Anfang habe man mehr Menschen abweisen müssen, vereinzelt hätten die Leute aggressiv reagiert. Beschwerde­n, dass man nur schwer einen Termin bekomme, habe er zu hören bekommen. Man arbeite mit Fingerspit­zengefühl, sagt der Sicherheit­smann: „Neulich war eine 80-Jährige da, die ihren Reisepass verlängern wollte und keinen Termin hatte, die haben wir dann zur Infotheke vorgelasse­n – damit sie dort einen Termin ausmachen kann.“Eine Auflockeru­ng der jetzigen Rahmenbedi­ngungen liegt nicht in der Zuständigk­eit der Stadt. Roßdeutsch­er: „Die Stadt ist an die Vorgaben der jeweils geltenden Bayerische­n Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung gebunden.“Dazu zählt im Übrigen auch, dass Besucher der Bürgerbüro­s eine Mund-Nasen-Maske tragen müssen.

Zumindest steht das Bürgerbüro in der Neuburger Straße in Lechhausen wieder für den Parteiverk­ehr zur Verfügung. Es war länger wegen Sanierungs­arbeiten geschlosse­n. „Nach 15-jähriger Betriebsze­it waren diese Arbeiten unumgängli­ch“, so die Stadt.

OInfo Termine für die Bürgerbüro­s können telefonisc­h unter 0821/324-9999 oder unter augsburg.de/buergerser­vicerathau­s ausgemacht werden. Die KfzZulassu­ng ist unter kfzzulassu­ng@augsburg.de erreichbar.

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Foto: Silvio Wyszengrad Wie läuft es momentan in den Bürgerbüro­s mit dem Parteienve­rkehr? Bürger klagen über belegte Hotlines und zu wenige Termine. Das Foto zeigt wartende Kunden vor dem Bürgerbüro in Lechhausen in der Neuburger Straße.

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