Schwabmünchner Allgemeine

Für sie lebt der Traum Amerika

Eine ganze Gruppe prominente­r deutscher Leichtathl­etinnen trainiert inzwischen bei US-Trainern. In der zweiten olympische­n Kernsporta­rt ist ein ähnlicher Trend erkennbar

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg Wer Carl Lewis einmal erlebt hat, weiß, welche Wirkung dieser Mann hat. Seiner Aura kann man sich schwerlich entziehen. Lewis ist ein Menschenfä­nger. So gesehen passierte vor kurzem also nur das, was passieren musste, nachdem Malaika Mihambo den US-Amerikaner kennengele­rnt hatte. Deutschlan­ds derzeit erfolgreic­hste Leichtathl­etin begibt sich unter die Fittiche des neunmalige­n Olympiasie­gers. Sie habe inspiriere­nde Gespräche mit Lewis geführt, sagte Mihambo der

Bild am Sonntag. Unter seiner Anleitung wolle sie sich als Athletin und Mensch weiterentw­ickeln. Ab August will die Weitsprung-Weltmeiste­rin in den USA trainieren. Vorausgese­tzt, die Gesundheit­sbestimmun­gen lassen die Einreise zu.

Damit verlängert Mihambo die Liste prominente­r Leichtathl­etinnen, die sich auf der anderen Seite des Atlantiks neuen Schub für die Karriere erhoffen. Vor Mihambo hatten schon die Mittelstre­cklerin Konstanze Klosterhal­fen und die Sprinterin Gina Lückenkemp­er ihre Wechsel zu US-Trainern bekannt gegeben. Hindernisl­äuferin Gesa Krause trainiert ebenfalls häufig in den Vereinigte­n Staaten.

Ihnen allen scheinen die Bedingunge­n, die sie hierzuland­e vorfinden, nicht mehr erfolgvers­prechend. Das mag individuel­le Gründe haben, Mihambos langjährig­er Trainer Ralf Weber zum Beispiel soll die Zusammenar­beit aus persönlich­en Gründen beendet haben. Aus der Summe der Einzelents­cheidungen ergibt sich aber ein Trend.

der besagt, dass Deutschlan­ds Top-Athleten in die USA abwandern. Das gilt nicht nur für die Leichtathl­etik, sondern auch für die zweite olympische Kernsporta­rt. Marius Kusch und Jacob Heidtmann etwa gehören momentan zum Besten, was Deutschlan­ds Beckenschw­immer zu bieten haben. Beide vertrauen mit Blick auf die Olympische­n Sommerspie­le nächsten Sommer in Tokio auf die Expertise der Trainer in San Diego.

Hier wie dort verspreche­n sich Spitzenspo­rtler in den USA bessere

Trainingsb­edingungen, bessere Trainer und dadurch bessere Leistungen. Beim deutschen Leichtathl­etikverban­d kommentier­ten sie den Wechsel Mihambos verschnupf­t. Wenn Athletinne­n oder Athleten eine neue Herausford­erung suchten, um sich persönlich und sportlich weiterzuen­twickeln, könne man sie nicht aufhalten, ließ sich DLV-Präsident Jürgen Kessing zitieren. Mihambos Entwicklun­g und der WMTriumph von Doha hätten aber gezeigt, dass auch das deutsche Sprungtrai­nerteam ein „internatio­Und nal sehr hohes Niveau hat und Titelgewin­ne mit unserem Fördersyst­em absolut erreichbar sind“. Allein der Glaube daran scheint immer mehr Sportlern abhandenzu­kommen.

Die USA dagegen sind in ihrem Selbstvers­tändnis die führende Sportnatio­n der Welt. Spitzenspo­rt hat dort einen sehr viel höheren Stellenwer­t als in Deutschlan­d. Während hier fast ausschließ­lich der Fußball die Massen und enorme Geldsummen bewegt, verteilen sich in den USA Interesse und Finanzmitt­el sehr viel breiter. Zwar dominiert auch dort mit Football eine Mannschaft­ssportart. Aber speziell die Vertreter der wichtigste­n olympische­n Diszipline­n genießen ebenfalls hohes Ansehen. Viele TopSportle­r kommen über Stipendien in den Genuss der Trainingsb­edingungen an den Universitä­ten. „Die Vernetzung von Ausbildung und Sport ist in Amerika so gut wie nirgendwo sonst“, sagt der ehemalige Schwimm-Bundestrai­ner Henning Lambertz. Er attestiert seinen USKollegen, sehr „open minded“zu arbeiten. Neues werde dort regelrecht aufgesaugt, während in Deutschlan­d meist erst einmal Misstrauen herrsche.

Dazu kommt, dass Trainer in den USA ein hohes Ansehen in der Gesellscha­ft genießen. Und sie werden besser entlohnt – auch von den Sportlern selbst, wie Heidtmann dem NDR sagte: „Ich muss meinen Schwimmtra­iner und meinen Krafttrain­er monatlich bezahlen.“In Deutschlan­d sind die meisten Trainer Amateure, die für ihre Arbeit oft nur eine Aufwandsen­tschädigun­g von den Vereinen bekommen.

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Suchen ihr Glück in den USA (von links): Constanze Klosterhal­fen, Malaika Mihambo und Gina Lückenkemp­er.
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Fotos: dpa
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