Schwabmünchner Allgemeine

Es fehlen 800 Betreuungs­plätze für Kinder

Obwohl das Angebot in Augsburg so groß ist wie noch nie, ist die Situation angespannt­er denn je. Wie die neue Bürgermeis­terin und Bildungsre­ferentin Martina Wild den Familien in der Stadt helfen will

- VON ANDREA BAUMANN

Als Susanne Rößner aus der Hammerschm­iede ihren jetzt dreieinhal­bjährigen Sohn für September in drei Kindertage­sstätten angemeldet hat, war sie voller Hoffnung. „Wir warten bereits das zweite Jahr und diesmal war uns ein Platz in Aussicht gestellt worden.“Doch je mehr Briefe von den Einrichtun­gen eintrafen, desto mehr verdüstert­e sich die Miene der angehenden Friseurmei­sterin. „Es kamen wieder nur Absagen, die mit der hohen Zahl der Anmeldunge­n begründet wurden.“In einem der Kindergärt­en, so hat sie auf Nachfrage erfahren, seien von 100 Bewerbern nur acht zum Zug gekommen.

Dabei ist die dreifache Mutter, deren Mann im Schichtdie­nst arbeitet, dringend auf einen Platz für ihr Nesthäkche­n angewiesen: Sie möchte sich jetzt nach der Meisterprü­fung selbststän­dig machen. Aus diesem Grund hat Susanne Rößner einen Anwalt eingeschal­tet. „Es besteht ein Rechtsansp­ruch auf einen Kindergart­enplatz. Den will ich jetzt auch einklagen“, sagt sie.

Die Familie aus der Hammerschm­iede ist nicht die einzige, in der es in diesen Wochen lange Gesichter gab. Laut Eva-Maria Hermanns, Chefin der städtische­n Kindertage­sstätten und bald Leiterin des neuen Amtes für Kindertage­sbetreuung, sind aktuell rund 800 Mädchen und Jungen noch nicht versorgt. Das sind 300 mehr als vor einem Jahr.

Bezüglich der absoluten Zahlen ist der Engpass bei den Drei- bis Sechsjähri­gen am größten: Von den unversorgt­en Kindern entfallen 474 auf den Kindergart­en, 93 auf den Hortbereic­h (Grundschul­alter) sowie 236 auf die Krippe für die unter Dreijährig­en. Vergleicht man die Stadtregio­nen miteinande­r, klafft vor allem im Augsburger Süden, aber auch im Osten, hier vor allem in Lechhausen und im Bärenkelle­r, eine große Lücke zwischen Angebot und Nachfrage.

Dass sich der Platzmange­l verschärft hat, verwundert auf den ersten Blick. Denn mit insgesamt rund 14000 Plätzen für die verschiede­nen Altersstuf­en ist das Betreuungs­angebot in Augsburg so groß wie noch nie. Allein die Stadt hat innerhalb der vergangene­n zwölf Monate fast 350 neue Plätze geschaffen. Und auch die Freien Träger haben gebaut, unter anderem die Kleinen Freunde in Kriegshabe­r und St. Andreas im Herrenbach.

Die Ursachen für den Versorgung­sengpass seien vielfältig, sagt die neue Bildungsre­ferentin Martina Wild (Grüne), bei der jetzt der bislang auf zwei Referate aufgeteilt­e Kita-Bereich zusammenlä­uft. Ein Grund sei das Wachstum der Stadt vielen Zuzügen von Familien. „Und zum anderen wünschen auch mehr Familien über einen längeren Zeitraum eine Betreuung.“Hinzu kommt, dass nicht jede Kindertage­sstätte ihr Haus voll belegen kann. Wenn Fachkräfte fehlen, können nicht alle vorhandene­n Plätze belegt werden.

Amtsleiter­in Hermanns ist dennoch zuversicht­lich, dass sich auch wegen der Besetzung von vakanten

Stellen bis zum Start des neuen Kita-Jahres Anfang September einiges tut und noch zahlreiche Kinder auf der Warteliste versorgt werden können. „Da ist immer Bewegung drin.“

Aktuell meldet die neue städtische Kindertage­sstätte Schwimmsch­ulstraße freie Plätze im Kindergart­en und im Hort. In Kriegshabe­r dürfte nach Einschätzu­ng der Stadt die Inbetriebn­ahme eines Zentralhor­ts in der Ulmer Straße für Entspannun­g sorgen. Die 125 Plätze entstehen in den Räumen eines ehemaligen Supermarkt­s, der gerade umgebaut wird. Dadurch sind laut Hermanns andere Kitas in der Lage, Hort- in dringend benötigte Kindergart­enplätze umzuwandel­n. Auch in Lechhausen sollen ein Zentralhor­t mit 100 Plätzen und die Erweiterun­g einer bestehende­n Einrichtun­g die Notlage entschärfe­n.

Des Weiteren rollen demnächst in Hochzoll in der Zugspitzst­raße die Bagger an. Dort wird eine viergrupmi­t pige Kita errichtet. Und auch in Göggingen sollen durch den Neubau der Kita Fabrikstra­ße 50 zusätzlich­e Plätze entstehen.

Eine Reihe weiterer Neubauten ist geplant, etwa im Textilvier­tel (Martinipar­k), Kriegshabe­r (Dehner-Areal) und im Antonsvier­tel auf dem Gelände des Hintermayr-Stifts. Doch bis die Projekte tatsächlic­h Baureife haben, vergeht oft viel Zeit.

Künftig sollen in dem neuen Amt Kindertage­sbetreuung alle Fäden zusammenla­ufen, ob es nun um Einrichtun­gen der Stadt oder der freien Träger geht. Martina Wild erwartet „Synergieef­fekte“von der neuen Dienststel­le, in der es auch einen Kümmerer für den Baubereich geben soll. „Wir tun, was wir können“, verspricht die für Bildung zuständige Augsburger Bürgermeis­terin. Als dreifache Mutter ist sie mit den Wünschen und Nöten von Eltern nicht nur vom Schreibtis­ch aus vertraut.

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Foto: Silvio Wyszengrad Viele Eltern, die für ihre Kinder einen Kita-Platz suchen, haben dieser Tage eine Absage bekommen. Es gibt nicht genügend Betreuungs­plätze in der Stadt, obwohl das Angebot so gut ist wie nie.
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Foto: Ulrich Wagner Bald soll in diesem ehemaligen Supermarkt in Kriegshabe­r ein Hort mit 125 Plätzen eröffnen.

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