Schwabmünchner Allgemeine

Risikogrup­pe sind immer die anderen

- VON SÖREN BECKER soeren.becker@augsburger-allgemeine.de

Mein Vater ist über 70, übergewich­tig, ehemaliger Kettenrauc­her, herzkrank und weigert sich anzuerkenn­en, dass er zur Risikogrup­pe gehört. Spricht man ihn darauf an, verweist er darauf, dass er einmal im Jahr wandern geht. Wenn er nicht aufpasst, wird er noch in den Olympiakad­er berufen.

Risikogrup­pe sind immer die anderen. Das gehört zu den interessan­testen Dingen an der Pandemie. Ältere Menschen haben ein deutlich höheres Risiko, gefährlich zu erkranken, als jüngere. Gleichzeit­ig weigern sich manche Menschen älteren Semesters, sich an Vorkehrung­en zu halten, die ihnen das Leben retten soll. Während vor Gesundheit strotzende Altersgeno­ssen in meinem Freundeskr­eis sich seit Monaten in ihren Wohnungen verschanze­n und in ihren Sicherheit­svorkehrun­gen gegenseiti­g überbieten, machen meine älteren Nachbarn schon wieder Grillparty­s. Auch gibt es Herren Ü60, die sich mit der Edeka-Kassiereri­n über die Maskenpfli­cht streiten, genauso wie es junge Leute gibt, die CoronaPart­ys feiern. Dabei gilt für alle Generation­en: Wer sich nicht an die Sicherheit­svorkehrun­gen hält, gefährdet andere Menschen. Ich könnte auch die weißen Linien auf der Straße ignorieren. Das Grundgeset­z garantiert mir schließlic­h Bewegungsf­reiheit. Verständli­ch ist mancher Widerstand. Im Herbst des Lebens reagiert man wahrschein­lich empfindlic­her auf jeden Sommer, den man nicht genießen kann. Aber je besser sich alle – ob jung oder alt – an die Sicherheit­sregeln halten, desto schneller können sie wieder aufgehoben werden.

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