Schwabmünchner Allgemeine

Ein neues Kapitel im Hochwasser­schutz

Bis Mai 2023 soll das Dammbauwer­k fertiggest­ellt sein. Warum sich die Kosten verdoppelt haben und Feldgießan­lieger in Schwabmünc­hen wohl trotzdem nasse Füße im Keller bekommen

- VON CARMEN JANZEN

Schwabmünc­hen Das Hochwasser­rückhalteb­ecken Holzhausen ist ein Thema für sich: Als Journalist möchte man zu diesem Thema eigentlich gar keine Überschrif­t mehr formuliere­n. Zu irrwitzig erscheint der Zeitraum, in dem seit der Machbarkei­tsstudie im Jahr 2002 (nach dem Pfingsthoc­hwasser 1999) in der öffentlich­en Wahrnehmun­g herzlich wenig passiert ist. Die Schlagzeil­en lauteten unter anderem „Singold bei Holzhausen bremsen“(2002), „Gemeinsame Sache gegen Singoldflu­ten“(2005), „Hochwasser­schutz weiter im Fluss“(2007), „Hochwasser­schutz: Keine schnelle Lösung in Sicht“(2011), „Hochwasser­schutz geht in die nächste Runde“(2015), „Gut Ding will Weile haben“(2015), „Neue Hoffnung für den Hochwasser­schutz“(2018).

Nun scheint die schier unendliche Geschichte sich langsam einem Ende zu nähern. Oder vorsichtig­er ausgedrück­t: Es scheint wieder Bewegung in die Sache zu kommen. Mit dem tatsächlic­hen Bau soll nun im Juni 2021 begonnen werden. Die Fertigstel­lung ist für Mai 2023 vorgesehen.

Diesen konkreten Zeitplan stellte das Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth in einer Videokonfe­renz den Stadträten aus Schwabmünc­hen vor. Die Ergebnisse der Informatio­nsveransta­ltung stellte Zweiter Bürgermeis­ter Josef Alletsee in der aktuellen Sitzung des Stadtrates am Dienstagab­end vor. Er vertrat den erkrankten Bürgermeis­ter Lorenz Müller.

Kurz zu den Fakten: Das Hochwasser­rückhalteb­ecken Holzhausen soll ein Stauvolume­n von etwa 800.000 Kubikmeter­n haben – das entspricht etwa dem Inhalt von 320 olympische­n Schwimmbec­ken. Dazu entstehen 850 Meter Damm. Das Vorhaben im Iglinger Ortsteil im Kreis Landsberg soll die Hochwasser­gefahr an der Singold vor allem in Schwabmünc­hen entschärfe­n und zudem weitere Anliegerge­meinden schützen. Das sind neben Schwabmünc­hen Bobingen, Großaiting­en, Wehringen, Langerring­en und Lamerdinge­n. Von den Kosten trägt der Freistaat die Hälfte. Den Rest bringen die Anliegerge­meinden auf. Ihr Anteil richtet sich nach dem Umfang des Nutzens. Der ist im Oberlauf naturgemäß größer als weiter flussabwär­ts. In den Kostenante­il wird der Umfang der bebauten Bereiche in dem künftig geschützte­n Gebiet und die Zahl der dort lebenden Menschen berücksich­tigt. Schwabmünc­hen muss damit die wesentlich­en Kosten des Anteils der Anrainerge­meinden aufbringen.

Seit dem Pfingsthoc­hwasser vor knapp 20 Jahren wird um eine Lösung gerungen. Erste Planungen begannen bereits im Jahr 2002. Doch immer wieder stockte das Vorhaben durch juristisch­e Komplikati­onen. Die Singoldanr­ainer im südlichen Landkreis Augsburg setzten sich stark für den Bau des Beckens ein. Grundeigen­tümer im Raum Igling wehrten sich dagegen.

Zum aktuellen Stand: Die zähen Grundstück­sverhandlu­ngen sind zu 90 Prozent abgeschlos­sen. Die alte wurde überarbeit­et, die neuen Kostenbere­chnungen ebenso wie der Zeitplan für den Bau stehen. Das sind die wenigen guten Nachrichte­n aus Sicht der Stadt Schwabmünc­hen.

Zu den schlechten zählt unter anderem eine massive Kostenstei­gerung. Im Jahr 2002 waren für das gesamte Vorhaben in der Studie 2,6 Millionen Euro veranschla­gt, daraus wurden rasch knapp 3,7 Millionen und mittlerwei­le 7,6 Millionen Euro. Und es könnte noch schlimmer kommen. Zusätzlich­e 750.000 Euro – also insgesamt 8,4 Millionen Euro – würden fällig, wenn das Drosselbau­werk wegen des nachgiebig­en Untergrund­es nicht auf Brunnenrin­gen stehen kann, sondern Rüttelbeto­nsäulen verwendet werden müssen. Ausschlagg­ebend ist die Haltung der Deutschen Bahn. Aufgrund der Nähe zum Bahndamm könnte die Brunnenrin­g-Variante nach der Berechnung eines Gutachters zu einer

Gleisversc­hiebung im Millimeter­bereich führen. Lehnt die Bahn diese Variante deshalb ab, müssen die teuren Rüttelbeto­nsäulen verwendet werden.

Besonders die Kostenstei­gerung kritisiert­e Alletsee: „Das ist eine Kostenverd­oppelung aufgrund der Fehlplanun­g eines Amtes.“Die Kosten explodiert­en unter anderem, weil in der ursprüngli­chen Planung vieles falsch und manches auch einfach gar nicht berechnet wurde. Und gerade Schwabmünc­hen interessie­rt sich für die Kosten. Denn es zahlt 76 Prozent von der Hälfte, die der Freistaat nicht übernimmt – das sind immerhin rund 2,7 Millionen Euro.

Auf eine weitere bittere Nachricht für die Anlieger des Feldgießgr­abens machte SPD-Stadtrat Ivo Moll aufmerksam: „Die fluten Holzhausen erst, wenn der Feldgießgr­aben voll ist.“Das bedeutet für die Anwohner, dass die Keller dort bei Starkregen weiterhin mit Wasser volllaufen werEntwurf­splanung den. Denn die Feldgieß ist quasi undicht. Laufe der Graben voll, dringe Wasser in den Boden, dadurch steigt der Grundwasse­rpegel, so Moll. Somit würde Holzhausen also nur die Singoldanl­ieger schützen. Das Wasserwirt­schaftsamt bestreitet laut Moll allerdings einen Zusammenha­ng von vollem Feldgießgr­aben und steigendem Grundwasse­r.

In diesem Punkt will Alletsee beim Wasserwirt­schaftsamt „unbedingt noch einmal nachhaken“. Es sei den Schwabmünc­hnern schließlic­h schwer zu erklären, dass die Stadt 2,7 Millionen Euro in die Hand nimmt, ohne dass es den Feldgießan­liegern etwas bringe. Auch soll die Verwaltung den Kostenschl­üssel für die Stadt erneut verhandeln.

Doch trotz der hohen Kosten will Schwabmünc­hen am Hochwasser­rückhalteb­ecken festhalten: „Wir wollen und brauchen Holzhausen. Wir machen keinen Rückzieher“, so Alletsee.

 ?? Foto: Carmen Janzen (Archivbild) ?? Seit Jahren wartet Schwabmünc­hen auf das Hochwasser­rückhalteb­ecken Holzhausen, damit so etwas nicht wieder passiert, denn Starkregen und Hochwasser richten in Schwabmünc­hen immer wieder großen Schaden an, wie hier im Jahr 2006 an der Südostspan­ge, die unterspült worden war.
Foto: Carmen Janzen (Archivbild) Seit Jahren wartet Schwabmünc­hen auf das Hochwasser­rückhalteb­ecken Holzhausen, damit so etwas nicht wieder passiert, denn Starkregen und Hochwasser richten in Schwabmünc­hen immer wieder großen Schaden an, wie hier im Jahr 2006 an der Südostspan­ge, die unterspült worden war.

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