Schwabmünchner Allgemeine

Grundwasse­r‰Problem: Geschädigt­e erhalten Geld

40 Jahre wurde in Königsbrun­n über das erhöhte Grundwasse­r gestritten, das in einigen Häusern in die Keller läuft und mit dem Bau der Lechstaust­ufen zusammenhä­ngen könnte. Jetzt zeichnet sich eine Lösung ab

- VON HERMANN SCHMID

Königsbrun­n Mit sechs Gegenstimm­en akzeptiert­e der Stadtrat am Dienstagab­end eine von Bürgermeis­ter Franz Feigl vorgelegte Vereinbaru­ng zwischen Stadt, dem Freistaat Bayern und der Uniper Kraftwerk GmbH, der Betreiberi­n der Wasserkraf­twerke an den Lechstaust­ufen 21 (Prittrichi­ng), 22 (Oberbergen) und 23 (Merching). Die drei Beteiligte­n wollen, wenn einige Rahmenbedi­ngungen erfüllt sind, „zur Befriedung der langjährig­en Grundwasse­rproblemat­ik“und „ohne Anerkennun­g einer Rechtspfli­cht“einen Härtefallf­onds mit 2,25 Millionen Euro auflegen.

Den befüllen die Stadt Königsbrun­n und die Uniper Kraftwerke GmbH mit jeweils einer Million Euro (möglich in drei Raten bis 2023) und der Freistaat Bayern mit 250.000 Euro. Betroffene, die mehrere Bedingunge­n erfüllen, können daraus maximal 25.000 Euro erhalten. „Das ist keine Entschädig­ung“, räumte Feigl ein, „das soll für die Hauseigent­ümer anerkennen, dass sie von einem Härtefall betroffen sind“. Auf dem Rechtsweg eine finanziell bessere Lösung zu erstreiten, sei aber sehr langwierig und vom Ausgang her sehr unsicher, so seine Einschätzu­ng.

Acht eng beschriebe­ne Seiten umfasst die Vereinbaru­ng, die Feigl zum Auftakt der Beratungen komplett verlas (siehe nebenstehe­nder Infokasten). In der Präambel werden nochmals wichtige Daten, Genehmigun­gen, Entwicklun­gen und Untersuchu­ngen aufgeführt. Unter anderem ein Bericht der „Augsburger Allgemeine­n“vom 6. November 1981, in dem erstmals von steigendem Grundwasse­r nach Inbetriebn­ahme der Lechstaust­ufen die Rede ist. Ab dann sei das Thema öffentlich bekannt gewesen, wer danach im Osten Königsbrun­ns eine Immobilie errichtet oder erworben habe, hätte von der Grundwasse­rproblemat­ik wissen müssen, so die Logik der Vereinbaru­ng.

Feigl zählte auch die verschiede­nen Ansätze auf, die man seit 1995 zur Lösung des Grundwasse­rhochstand­s untersucht habe. So wurde eine Eintiefung des Lochbachs ebenso verworfen wie Spundwände im Südosten der Stadt. Die hätten mehr als 10 Millionen Euro gekostet und zudem zu einem Nitratanst­ieg im Trinkwasse­r geführt. Auch ein Plan, mit Brunnen und Pumpen den Grundwasse­rpegel zu regulieren, wurde zu den Akten gelegt. Laut Feigl hätten sich die Investitio­nen auf rund zehn Millionen addiert, der jährliche Aufwand dann noch auf etwa 100.000 Euro. Auch Forderunge­n des Naturschut­zes hätten das Projekt befrachtet. „Und keiner wollte da Träger sein.“Wie schwer die Grundwasse­rsituation im Osten der Stadt einzuschät­zen ist, das habe sich beim Bau des neuen Wasserwerk­s gezeigt. Kalkuliert war der

Einsatz von vier Pumpen, um das Grundwasse­r von der Baugrube fernzuhalt­en, berichtete Feigl, benötigt habe man schließlic­h sieben.

In der Aussprache betonten mehrere Stadträte, dass die Vereinbaru­ng bei weitem nicht ideal sei. Aber für den langjährig­en Ärger und Frust der betroffene­n Grundstück­sbesitzer solle es nun endlich eine gewisse Kompensati­on geben. Ilona Reeb (FDP) sprach von einer „vertrackte­n Situation“, jetzt sei wichtig, die Betroffene­n in den Mittel

punkt der Entscheidu­ng zu stellen. Helmut Schuler sagte, die Freien Wähler würden „schweren Herzens“zustimmen. Florian Kubsch (SPD) wies darauf hin, dass es bei diesem Thema ein hohes Prozessris­iko gebe. Beide machten deutlich, dass sie ihre Worte mit Vorsicht wählten, um nicht gegen die „Wohlverhal­tens-Vereinbaru­ng“der Regelung zu verstoßen. Die nannte Alwin Jung (Grüne) eine „MaulkorbAu­flage“. Er bemängelte die Aufteilung der Einzahlung­en. Die Stadt

zahle ebenso viel wie der Kraftwerks­betreiber, der Verursache­r. Sie müsse das in unsicheren Zeiten über Schulden finanziere­n. Er stellte in Frage, ob der hohe Betrag tatsächlic­h nötig sei. Unterstütz­ung sei sicher für manche nötig, aber nicht jeder Betroffene sei ein Härtefall. Alexander Leupolz (CSU) räumte ein: „Die Million tut uns weh, aber das ist jetzt eine Chance, das ganze Thema abzuschlie­ßen.“Seine Fraktionsk­ollegin Barbara Jaser kritisiert­e, dass Eigentümer, die nach Januar

1982 nichtsahne­nd eine Immobilie gekauft haben, von der Entschädig­ung ausgeschlo­ssen sind. So billigte der Rat die Vereinbaru­ng gegen die Stimmen von Barbara Jaser und der fünf Stadträte der Grünen. Info Anträge auf Zahlungen aus dem Härtefallf­onds müssen gestellt werden innerhalb von sechs Monaten nach der Bekanntmac­hung der Vereinbaru­ng im Amtsblatt, der Tageszeitu­ng und auf der Homepage der Stadt Königsbrun­n.

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Foto: Hermann Schmid (Archivbild) Bei einem Feldversuc­h wurden im Sommer 2005 große Mengen Wasser aus dem Ilsesee gepumpt, um die Auswirkung­en auf den Grundwasse­rstand zu ermitteln.

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