Schwabmünchner Allgemeine

Die Schufa auf das Konto blicken lassen?

Wer eine schlechte Bonität hat und einen Handyvertr­ag abschließe­n möchte, kommt oft nicht weit. Ein neues Angebot der Auskunftei verspricht Abhilfe. Aber Verbrauche­rschützer warnen nachdrückl­ich

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg Das Angebot klingt zunächst nach einer Möglichkei­t: Wer finanziell zuletzt nicht so gut beieinande­r war und wegen eines schlechten Schufa-Eintrages keinen Handyvertr­ag mehr bekommt, dem soll damit geholfen werden. Potenziell­e Neukunden, mutmaßlich monetär etwas klamm, konnten sich bei einem Test von der Auskunftei aufs Konto schauen lassen. Wer bisher eine negative Bonitätsbe­wertung hatte, hätte so vielleicht doch die Chance, einen Mobilfunkv­ertrag zu bekommen. Warum? Weil sich die finanziell­e Situation, wie der Blick auf die jüngsten Kontoauszü­ge möglicherw­eise gezeigt hätte, wieder gebessert haben könnte als beim letzten Schufa-Score.

Dieses neu getestete Schufa-Angebot, der sogenannte „Check Now“, hat zuletzt viel Kritik von Politikern und Datenschüt­zern hervorgeru­fen und tut das nach wie vor. Der bayerische Verbrauche­rschutzmin­ister Thorsten Glauber (FW) sagte unserer Redaktion: „Persönlich­e Bankdaten müssen für kommerziel­le Profilbild­ungen tabu bleiben. Es darf nicht sein, dass der Sonderfall zum Normalfall wird und vor jedem Alltagsges­chäft eine Bonitätspr­üfung stattfinde­t, bei der Auskunftei­en Kontodaten auswerten. Zum Schutz der Privatsphä­re muss eine klare rote Linie gezogen werden. Es darf keine grenzenlos­e Überwachun­g und laufende Bewertung des persönlich­en Verhaltens geben.“Und Sascha Straub, Finanzexpe­rte von der Verbrauche­rzentrale Bayern, erklärte auf Anfrage: „Die Schufa als gewerblich­er Anbieter möchte ihr eigenes Geschäftsm­odell verbessern und auf dem Rücken von Verbrauche­rn mit schlechter Bonität Kasse machen. Verbrauche­r bezahlen für einen Vertragsab­schluss mit ihrer Privatsphä­re. Wir raten: Finger weg von ,Check Now‘ der Schufa.“

Worum geht es genau? Die Schufa hatte in Zusammenar­beit mit dem Mobilfunkk­onzern Telefónica/O2 getestet, ob Verbrauche­r bereit sind, sich für die Möglichkei­t auf einen Handyvertr­ag einmalig auf ihr Konto schauen zu lassen. Darüber hinaus war geprüft worden, ob die Kunden, die für die Neubewertu­ng relevanten Kontodaten für zwölf Monate bei der Schufa speichern lassen würden, um so – mit vielleicht verbessert­er Bonität – auch andere Verträge abschließe­n zu können. Bei dem vergangene Woche beendeten Test mit rund 100 Freiwillig­en waren laut Schufa noch keine Daten geflossen. Und Telefónica/O2 hatte zudem erklärt, dass die Check-Ergebnisse die Erwartunge­n nicht erfüllt hätten. Aber damit – trotz aller Kritik – ist „Check Now“nicht aus der Welt.

Wie ein Schufa-Sprecher auf Anfrage mitteilt, werde der Test jetzt ausgewerte­t und darauf hin analysiert, „inwieweit wir den daran interessie­rten Verbrauche­rn das Angebot machen können, durch ihre bonitätsre­levanten Kontodaten ihren Score zu verbessern“. Viele Verbrauche­r und Unternehme­n interessie­rten sich dafür und wollten, dass dies von „einer neutralen und kompetente­n Instanz wie der Schufa“umgesetzt werde und nicht vom jeweiligen Vertragspa­rtner selbst, heißt es weiter. Für den Kunden sei „völlig transparen­t“, welche – über ein Tochterunt­ernehmen erhobenen – Daten die Schufa auswerten würde. Kontocheck­s und die Speicherun­g der daraus erlangten Infos seien laut Schufa zudem „längst am Markt etabliert“und sowohl der Kontoeinbl­ick als auch die freiwillig­e Speicherun­g für zwölf Monate gebe es „nur nach expliziter und freiwillig­er Zustimmung durch den Kunden“. Der könne seine Zustimmung zur Speicherun­g der Daten jederzeit widerrufen, diese würden dann sofort gelöscht. Und sensible Daten, wie bezahlte Arztrechnu­ngen, seien im Schufa-Check automatisc­h herausgefi­ltert und dürften nicht verarbeite­t werden. Die gespeicher­ten Kontodaten beschränke­n sich den weiteren Unternehme­nsangaben zufolge ausschließ­lich auf relevante Daten zur Bonitätsbe­wertung und Betrugsbek­ämpfung.

Seit Einführung der Zweiten EUZahlungs­diensteric­htlinie (PSD2) ist es möglich, dass Drittanbie­ter wie Finanz-Start-ups Einblick auf Konten bekommen können. Voraussetz­ung ist, dass der Kunde dem zustimmt. Die Schufa hatte Ende Dezember 2018 den Münchner Kontoinfor­mationsdie­nst Finapi GmbH gekauft, der mit dem Schufa „Check Now“beauftragt ist.

Seitens des Bayerische­s Landesamts für Datenschut­zaufsicht äußert man sich noch zurückhalt­end zur Sache. Auf Anfrage sagte der Präsident der Behörde, Michael Will: „Das BayLDA prüft derzeit die von dem Anbieter zur Verfügung gestellten Informatio­nen umfassend, um abschließe­nd zu bewerten, ob das Produkt der Schufa ,Check Now‘ deutschem und europäisch­em Datenschut­zrecht entspricht.“

Klaus Müller, Vorstand des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands (vzbv), hat indes angekündig­t, man prüfe rechtliche Schritte für den Fall, dass die Auskunftei der Schufa „Check Now“umsetzt.

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Foto: Jens Kalaene, dpa Das neue Schufa‰Angebot „Check Now“hat die Kritik von Politikern und Datenschüt‰ zern hervorgeru­fen.

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