Schwabmünchner Allgemeine

„Landshut“landet endgültig in Friedrichs­hafen

Das Flugzeug, in dem sich 1977 ein Geiseldram­a abspielte, sollte schon längst im Museum stehen. Der Streit um Standort und Geld zog sich jahrelang hin – doch nun gibt es eine Lösung. Und auch schon wieder neue Kritik

- VON DANIEL WEBER

Friedrichs­hafen Die „Landshut“bekommt endlich ein neues Zuhause. Das hätte schon 2019 geschehen sollen, aber das Vorhaben lief ins Leere. Diesmal sollen die Ausstellun­gspläne für das Flugzeug, das 1977 von Terroriste­n auf dem Weg von Mallorca nach Frankfurt gekapert worden war, endgültig umgesetzt werden.

Die Boeing 737 war durch das fünftägige Geiseldram­a berühmt geworden, bei dem mehrere RAFTerrori­sten aus dem Gefängnis freigepres­st werden sollten. Nach mehreren Zwischenla­ndungen und der Ermordung des Piloten stand die Maschine im somalische­n Mogadischu, wo Passagiere und Besatzung von deutschen GSG-9-Beamten gerettet und drei der vier Geiselnehm­er erschossen wurden. Nach diesen ereignisre­ichen Tagen folgten sehr gewöhnlich­e Jahre für das Flugzeug: Die „Landshut“war bis 1985 weiter auf Linienflüg­en der Lufthansa unterwegs. Anschließe­nd wechselte sie mehrmals den Besitzer, zuletzt flog sie 2008 unter brasi

Flagge. Schließlic­h wurde sie auf einer Art Flugzeugfr­iedhof im brasiliani­schen Fortaleza eingelager­t und rottete vor sich hin, bis sie 2017 nach Friedrichs­hafen überführt wurde. Eigentlich sollte sie im Dornier-Museum ausgestell­t werden, aber der Plan ging nicht auf.

In der Stadt am Bodensee, die sich als Wiege der Luftschiff­fahrt bezeichnet, feierte man die Ankunft der „Landshut“zwar, doch seitdem wurde das Flugzeug nicht restaurier­t, noch nicht einmal wieder zusammenge­baut; es steht noch immer in einem Hangar am Bodensee-Airport. Dabei hätte die Ausstellun­g im Oktober 2019 eröffnet werden sollen. Warum bis heute nichts passiert ist? Wie so oft geht es ums Geld.

Das Außenminis­terium hatte das marode Flugzeug für nur 20000 Euro erworben und nach Deutschlan­d gebracht, für Restaurier­ung und Ausstellun­g sind aber weitaus größere Summen nötig. Und die wollte oder konnte offenbar niemand zahlen. Monika Grütters, Staatsmini­sterin für Kultur und Medien, sagte zwar fünf Millionen Euro zu, an den Betriebsko­sten für eine

wollte sie sich jedoch nicht beteiligen. Andere potenziell­e Geldgeber wie Stadt und Landkreis hielten sich bedeckt, dann steckte offenbar auch noch das DornierMus­eum in finanziell­en Schwierigk­eiten: Weil der Fortbestan­d des Museums nicht über das Jahr 2025 hinaus gesichert sei, prüfe die Bundesregi­erung alternativ­e Standortop­tionen, hieß es im Januar. Die CSU wollte den Flieger nach München holen, auch das Militärhis­torische

Museum der Bundeswehr in Berlin-Gatow war als Ausstellun­gsort im Gespräch. Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) hatte aber erst kürzlich eine Ausstellun­g im Bundeswehr­museum angezweife­lt.

Doch nun hat der Haushaltsa­usschuss des Bundestags Fakten geschaffen: 15 Millionen Euro hat er zur Verfügung gestellt, wie der stellvertr­etende Vorsitzend­e Martin Gerster und Oberschwab­en-Abgelianis­cher ordnete (SPD) mitteilte. Die „Landshut“soll in Friedrichs­hafen bleiben – aber sie kommt nicht ins Dornier-Museum. Stattdesse­n soll sie ihr eigenes Museum bekommen. Das Geld kommt nun vom Bundesinne­nministeri­um: Die 15 Millionen fließen über die Bundeszent­rale für politische Bildung nach Friedrichs­hafen. Mit dem Geld ist wohl der Auftrag verbunden, mit dem Landshut-Museum einen Erinnerung­sort gegen den Terror und dessen Bekämpfung zu schaffen. Die Hälfte der Summe soll für zehn Jahre die Betriebsko­sten zumindest anteilig sichern, verbunden mit der Auflage, dass ein Ticket maximal fünf Euro kostet. Die andere Hälfte ist für die Restaurier­ung des Flugzeugs (2,5 Millionen Euro), für den Hangar (vier Millionen Euro) und ein pädagogisc­hes Konzept (eine Million Euro) eingeplant. „Damit schaffen wir eine würdige Heimat für diesen Zeitzeugen deutscher Innenpolit­ik“, sagt der Abgeordnet­e Gerster.

Martin Rupps kommentier­t die neue Entwicklun­g mit den Worten: „Da hat die Vernunft gesiegt.“Er ist Mitglied des wissenscha­ftlichen BeiAusstel­lung rats, der ein Konzept für die museale Präsentati­on der „Landshut“entwerfen soll. Rupps sagt, dass eine noch zu gründende Stiftung „18. Oktober“– das Datum der Geiselbefr­eiung – den Auftrag erhalten soll, das Museum zu bauen und zu betreiben. Diese Initiative geht auf David Dornier zurück, der bis September Direktor des Dornier-Museums und Vorstandsv­orsitzende­r der Dornier-Stiftung war, nun aber beide Ämter abgegeben hat. Nun setzt er sich als Privatmann dafür ein, die geschichts­trächtige Maschine in Friedrichs­hafen auszustell­en. Er erklärte, ein privates Grundstück neben dem Dornier-Museum dafür bereitzust­ellen.

Jürgen Vietor, damals Co-Pilot der entführten Maschine, ist froh, dass die „Landshut“nun in Friedrichs­hafen ihre letzte Heimat finden soll. Er hatte sich schon länger dafür eingesetzt. Nur eine freut sich offenbar nicht über die neue Lösung: Von einem Sprecher von Kulturstaa­tsminister­in Grütters hieß es: „Aufgrund unserer langjährig­en Erfahrunge­n mit Friedrichs­hafen sehen wir diesen Standort skeptisch.“

Sie soll Erinnerung­sort gegen den Terror werden

 ?? Foto: Kerstin Mommsen ?? Der Rumpf verwittert, die Flügel abgebaut: Die „Landshut“liegt noch immer unsaniert in einem Hangar des Friedrichs­hafener Flughafens. Doch jetzt ist das Geld bewilligt, mit dem sie auf Vordermann gebracht werden kann.
Foto: Kerstin Mommsen Der Rumpf verwittert, die Flügel abgebaut: Die „Landshut“liegt noch immer unsaniert in einem Hangar des Friedrichs­hafener Flughafens. Doch jetzt ist das Geld bewilligt, mit dem sie auf Vordermann gebracht werden kann.

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