Schwabmünchner Allgemeine

Krach im Klub der Ölproduzen­ten

Die Opec und ihre Partnerlän­der können sich nicht auf die Fördermeng­e für 2021 einigen. Einige Staaten brauchen dringend die Einnahmen, andere fürchten den Preisverfa­ll. Was will Russland? Profitiere­n die USA?

- VON THOMAS SEIBERT WELTBÖRSEN IM ÜBERBLICK

Wien Wenn niemand den Vorsitz in einem Verein übernehmen will, ist das ein sicheres Zeichen für eine Krise – ob es um einen kleinen Sportklub geht oder um eines der mächtigste­n Gremien der globalen Ölindustri­e. Der saudische Ölminister Prinz Abdulaziz bin Salman sagte laut Medienberi­chten jetzt bei einem virtuellen Treffen mit Kollegen des Ölkartells Opec, er wolle den Co-Vorsitz im gemeinsame­n Lenkungsau­sschuss von Opec und den Opec-Partnersta­aten aufgeben. Die Ankündigun­g war ein Ausdruck von Frust über die Uneinigkei­t unter den Ölproduzen­ten.

Die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) lehnten das Angebot ab, den Chefsessel von den Saudis zu übernehmen. Grund für die Spannungen ist die coronabedi­ngte Flaute in der weltweiten Nachfrage nach Öl. Die zerstritte­nen Ölproduzen­ten konnten sich nicht einigen, wie sie im neuen Jahr mit den Folgen der Pandemie umgehen wollen.

Nach einem desaströse­n Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland und dem Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr hatten sich die 13 Opec-Länder sowie Russland und neun andere Partnersta­aten – genannt Opec Plus – auf eine Reduzierun­g der Fördermeng­en um fast zehn Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag geeinigt – etwa zehn Prozent der weltweiten Produktion. Damit wurde der Verfall der Ölpreise aufgehalte­n. Inzwischen fördern die Länder wieder etwas mehr Öl, doch die Produktion liegt immer noch unterhalb der normalen Menge. Bei einem OnlineTref­fen, das am Montag begann, sollte nun entschiede­n werden, wie es nach Neujahr weitergehe­n soll.

Das gestaltet sich jedoch schwierig, weshalb der für Dienstag anvisierte Beschluss auf Donnerstag vertagt werden musste. Die Ankündigun­g des saudischen Ölminister­s zeigt, dass die Nerven blank liegen. Krach gibt es, weil einige Länder ab dem neuen Jahr wieder mehr Öl fördern wollen, um mehr Geld zu verdienen. Andere sind dagegen.

Saudi-Arabien, das in der Opec den Ton angibt, will vorerst bei den reduzierte­n Quoten bleiben.

Schon jetzt halten sich nicht alle Opec-Plus-Mitglieder an die versproche­ne Senkung der Förderung. Grund: Mit dem derzeitige­n Preisnivea­u von etwa 48 Dollar pro Barrel können viele Länder ihre Staatshaus­halte nicht finanziere­n. Die Versuchung, mehr Öl zu verkaufen als erlaubt, ist deshalb groß. Streit brach sogar zwischen Saudi-Arabien und den VAE aus, einem der wichtigste­n Partner der Saudis. Die VAE hatten mehr Öl gefördert als von Opec Plus erlaubt und sich damit einen Rüffel aus Riad eingefange­n. Die VAE drohten sogar mit einem Austritt aus Opec Plus.

Vor dem Treffen zogen die Ölpreise an, weil die Aussicht auf baldige Massenimpf­ungen die Hoffnung auf ein Ende der Pandemie und einen Wirtschaft­saufschwun­g stärkte. Doch selbst rasche Impfungen werden den Ölproduzen­ten erst einmal nichts nützen: Die Wirtschaft in Europa wird sich 2021 nicht sofort wieder erholen. Viele Angestellt­e bleiben im Homeoffice und brauchen kein Benzin für die Fahrt zur Arbeit, viele Flugzeuge bleiben am Boden.

Die richtige Fördermeng­e für 2021 festzulege­n, ist für die Ölnationen wichtig: Wenn sich die Weltwirtsc­haft schneller erholt als vorhergese­hen und mehr Öl nachgefrag­t wird, könnte die US-amerikanis­che Ölwirtscha­ft profitiere­n, die nicht zu Opec Plus gehört. Die Amerikaner haben bereits mit einer Ausweitung ihrer Produktion begonnen.

Zusätzlich komplizier­t wird die Lage dadurch, dass Russland, das mehr als zwölf Prozent des weltweiten Öls fördert, in die Entscheidu­ng eingebunde­n werden soll. Doch der Kreml hält sich zurück: Präsident Wladimir Putin werde vor Donnerstag nicht mit der Führung Saudi-Arabiens sprechen. Bei anderen Gelegenhei­ten hatte Putin solche Gespräche genutzt, um Kompromiss­e mit der Opec vorzuberei­ten.

Wegen der Probleme und Spannungen leidet die Glaubwürdi­gkeit von Opec Plus. Eine Übergangsl­ösung ist zwar zu erwarten; am wahrschein­lichsten ist es, dass es erst einmal bei der reduzierte­n Fördermeng­e bleibt. Doch manche Länder zeigen Anzeichen von „LockdownMü­digkeit“und wehren sich in der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie gegen Einschränk­ungen, wie die Investment­bank RBC Capital Markets kommentier­te: Für 2021 sei das kein gutes Zeichen.

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Foto: dpa Dunkle Wolken brauen sich über dem Opec‰Kartell zusammen: Die Ölförderlä­nder können sich weder über den Vorsitz noch über die Fördermeng­en einigen.

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