Schwabmünchner Allgemeine

Ein Dorf wird reich

Wie eine hessische Kommune plötzlich ein Vermögen erbte

- VON JOSEF KARG

Allen, die noch an das Märchen von Leistungsg­erechtigke­it glauben sollten, seien vorab gewarnt: Wer in Deutschlan­d reich oder sehr reich ist, muss dafür selten selbst einen Finger krümmen. Denn häufig sind es Erbschafte­n oder Schenkunge­n, die den Vermögen zugrunde liegen.

Eine derart vorgezogen­e Weihnachts­bescherung erlebt jetzt auch die im mittelhess­ischen Lahn-DillKreis liegende Gemeinde Waldsolms. 4377 Einwohner leben in diesem Zusammensc­hluss mehrerer kleiner Dörfer im hinteren Taunus, nahezu schuldenfr­ei und weitgehend unbeobacht­et vom Rest der Republik – bis, ja bis ein reiches

Ehepaar Waldsolms sein komplettes Vermögen von mehr als 6,2 Millionen Euro vererbte. „Wenn ein Dorf plötzlich reich wird“, staunte sogar die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung.

So ein unvermutet­es Erbe kann einen Bürgermeis­ter schon mal in euphorisch­e Stimmung versetzen. Und so scherzte Bernd Heine im Waldsolmse­r Rathaus: „Wir bauen eine U-BahnStatio­n, mit Direktverb­indung nach Frankfurt.“

Seit gut einer Woche wissen Heine und die Einwohner von Waldsolms, dass sie neureich sind. Oder zumindest, dass ihre Gemeinde Multimilli­onärin

ist, als Erbin eines großen, breit gestreuten Aktiendepo­ts samt Haus und 4000 Quadratmet­er großem Grundstück. Vererbt haben es ihr ein ehemaliger Börsenmakl­er und seine Gattin, die zurückgezo­gen und bescheiden in einem Haus am Waldrand gelebt haben. Der Gemeindeha­ushalt, das nur nebenbei, beträgt im laufenden Jahr rund zehn Millionen Euro.

Dass Kommunen oder die Kirchen von Menschen als Erben eingesetzt werden, kommt übrigens gar nicht so selten vor: Auch die Gemeinde Friesenrie­d im Ostallgäu hat im vergangene­n Sommer fast eine Million Euro geerbt.

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