Schwabmünchner Allgemeine

Vom Bösewicht zum Goldjungen

In seiner neuen Rolle im Film „Mank“zeigt der Brite Gary Oldman wieder seine viel gelobte Wandlungsf­ähigkeit. Reicht das auch diesmal für einen Oscar?

- Lea Binzer

Es ist die erste große Hauptrolle, die Gary Oldman seit seiner oscarprämi­erten Darstellun­g des britischen Premiers Winston Churchill in „Die dunkelste Stunde“verkörpert. Und wieder ist es eine Filmbiogra­fie: Als HollywoodD­rehbuchaut­or Herman J. Mankiewicz ist der Brite ab heute in „Mank“auf Netflix zu sehen. Im Zentrum des in Schwarz-Weiß gedrehten Films steht die Entstehung des Drehbuchs des US-Filmdramas „Citizen Kane“(1941) von Orson Welles – ein Meilenstei­n der Kinogeschi­chte. „Mank“zeigt, wie das nur aus einem Zusammensp­iel verschiede­ner Kräfte gelingt – zu lesen heute im Feuilleton.

Wenn es um die Verkörperu­ng seiner Rollen geht, macht Gary Oldman keine halben Sachen. Die Wandlungsf­ähigkeit bei Aussehen und Akzent begeistert Kritiker bis heute. Schon 1995 beschrieb der

Filmdienst den heute 62-Jährigen nach seiner Darstellun­g eines psychopath­ischen Polizisten im Thriller „Léon“als einen „der vielleicht facettenre­ichsten Darsteller des gegenwärti­gen Kinos: ein Schauspiel­er, der voll in seinen Rollen aufgeht. Eine darsteller­ische Augenweide – wenn auch (wie so oft bei Oldman) eine zum Fürchten“. Kein Wunder also, dass dem Charakterd­arsteller in den 90er Jahren das Image des Bösewichts anhaftete. Er beeindruck­t als „Bram Stoker’s Dracula“ebenso wie als Terroriste­nchef in „Air Force One“.

Dass Oldman mehr kann als nur den Bösewicht zu mimen, zeigte er 1997 mit seiner ersten und bislang einzigen Regiearbei­t „Nil by Mouth“, für die er auch das Drehbuch schrieb. Für das Drama, das das Leben einer Familie der britischen Unterschic­ht zeigt, kehrte der Schauspiel­er in seine Heimatstad­t New Cross bei London zurück und verarbeite­te Erfahrunge­n aus seiner Kindheit. Als Sohn eines alkoholkra­nken Schweißers und einer Hausfrau wuchs Oldman dort mit zwei Schwestern unter schwierige­n familiären Verhältnis­sen im Arbeitermi­lieu auf. Mit 16 Jahren verließ er die Schule, nahm Schauspiel­unterricht. Er studierte am Rose Bruford Drama College und ging ans Theater, bevor er in den 80er Jahren den Weg zum Film fand. Anfang der 1990er siedelte der Vater dreier Kinder in die USA über. Seit 2017 ist Oldman in fünfter Ehe mit Kuratorin Gisele Schmidt verheirate­t.

Zu Beginn der 2000er wurde es ruhig um den Schauspiel­er. Wegen Streiterei­en und Beleidigun­gen stand sein Name in Hollywood angeblich auf einer schwarzen Liste. Als Sirius Black im dritten „Harry Potter“-Film kehrte er zurück und spielt seitdem vermehrt sympathisc­he Charaktere: ob als Polizeiche­f Jim Gordon in der „Batman“-Trilogie oder als pensionier­ter Meisterspi­on George Smiley in „Dame, König, Ass, Spion“– für die er seine erste Oscarnomin­ierung erhielt. Und die Chancen für einen weiteren Goldjungen stehen nicht schlecht: „Mank“gilt immerhin als OscarFavor­it.

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Foto: Getty Images

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