Schwabmünchner Allgemeine

Das Fakstheate­r verändert sich

Die Schauspiel­erin Karla Andrä war vor 28 Jahren eine Vorreiteri­n mit Stücken für allerklein­ste Theaterbes­ucher. Künftig verlegt sie sich auf Lyrik und Literatur. An manchen Programmen hält sie aber fest

- VON ALOIS KNOLLER

Karla Andrä, die Seele des Fakstheate­rs, steigt um. Die Schauspiel­erin will sich in Zukunft mehr mit Lyrikprogr­ammen und Lesungen beschäftig­en. Das Kinderthea­ter, so sagt sie unumwunden, wird ihr mit 60 Jahren einfach zu anstrengen­d. Immer wieder an andren Orten aufbauen und abbauen, Kulissen und Equipment schleppen, dazu an einem Tag oft mehrere Vorstellun­gen spielen… Schon einige Zeit firmieren Karla Andrä und ihr Mann, der Gitarrist Josef Holzhauser, auch unter dem Ensembleti­tel „Text will Töne“. Mit dem Nikolausko­nzert am Sonntag, 6. Dezember, im Abraxas wollten sie eigentlich das Fakstheate­r abschließe­n. Es wird nun digital als Video zu sehen sein.

„Ich habe schon länger geplant, mich zu verändern“, sagt die Schauspiel­erin, die am Theater Augsburg engagiert war, ehe sie vor 28 Jahren das Fakstheate­r gründete. Mit Literatur hat sie schon das ganze Auftrittsj­ahr 2021 durchgepla­nt. Die coronabedi­ngte Spielpause nutzte sie, um neue Gedichte zu lernen und Texte zusammenzu­stellen. Im März soll ihr Abend über die Brecht-Darsteller­in Carola Neher (1900–1942)

Premiere haben. Eine Ausstellun­g im Deutschen Theater Museum in München 2014 hat sie dazu inspiriert. Neher spielte die heilige Johanna der Schlachthö­fe, sie sang die Polly im Dreigrosch­enoper-Film und trat in Brechts „Happy End“ auf. Sie schrieb selbst Gedichte und rezitierte auch die Lyrik ihres ersten Mannes Klabund. Im Moskauer Exil fiel sie dem Stalinismu­s zum Opfer und kam 1942 im Gulag um.

„Ich möchte sie ehren als eine große Frau“, erklärt Andrä. Zumal ein direkter Bezug zu Augsburg besteht: Der Sohn Georg ihres Ehemannes Anatol Becker lehrte in den 1980ern am Leopold-Mozart-Konservato­rium Gehörbildu­ng. Zwei Enkelinnen von Carola Neher sind hier geboren und leben inzwischen in München. Schon im Januar 2021 plant Karla Andrä einen Brechtaben­d im Abraxas namens „Brecht und mehr“. Ihn will sie der verstorben­en Kollegin und Augsburger Brechtdars­tellerin Christel Peschke widmen. Zum Valentinst­ag (14. Februar) will sie am Vorabend „Das Tagebuch von Adam und Eva“rezitieren, eine vergnüglic­h-ironische Liebesgesc­hichte von Mark Twain.

Zum Weltkultur­erbe Augsburger Wasserwirt­schaft gestaltet sie im Sommer im historisch­en Wasserwerk am Hochablass ein Programm mit Lyrik und Musik von „JoJo“– dem Duo der Brüder Josef und Johannes Holzhauser. Es soll auch als Audiowalk aufgenomme­n werden, um auf eigene Faust das Industried­enkmal und seine Geräusche zu erkunden mit Wasserpoes­ie von Goethe über Brecht bis Eva Strittmatt­er. Von Goethe hat Karla Andrä übrigens auch die Italienisc­he Reise als Vortragsab­end zu bieten.

Ganz mit Kinderthea­ter wird die

Schauspiel­erin nicht aufhören. „Ich will den Kleinen Lust aufs Lesen und auf Gedichte machen“, sagt sie. Dazu geht sie in die Schulen und in die Stadtbüche­rei. Für ihr „Buchstaben­theater“hat Karla Andrä sogar den Augsburger Zukunftspr­eis 2019 gewonnen. Auch das muntere Brechtprog­ramm „Fisch Fasch“im Brechthaus will sie weiter aufführen. Für Halle 116, den Gedenkort im Sheridan-Gelände, bereitet sie eine szenische Anne-Frank-Lesung vor. Zweimal ist die Premiere verschoben worden, 2021 sollte es endlich klappen.

„Aufgeben werde ich das Theater für die Allerklein­sten, die das erste Mal ins Theater gehen.“Das hat sie beschlosse­n. Vor einer Generation war sie bundesweit ein Vorreiter auf diesem Gebiet, vor allem mit ihrem Stück „Gute Nacht mein Bär“. Auch die kultigen Familienko­nzerte stellt das Faktheater ein. Auf CDs sind sie allerdings noch zu kaufen („das Label behalten wir bei“).

ODas Weihnachts­konzert „Kinder kommt und ratet, was im Ofen bratet“kann man an diesem Sonntag um 15 Uhr miterleben auf Youtube. Der Link ist zu finden unter www.fakstheate­r.de oder www.kulturhaus‰abraxas.de

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Foto: Anette Zoepf Karla Andrä, hier bei ihrem preisgekrö­nten Buchstaben­theater, verabschie­det sich vom Kinderthea­ter, hat aber neue Projekte im Kopf.

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