Schwabmünchner Allgemeine

Welche Schneisen schlägt Corona in der Musikszene?

Eine Untersuchu­ng soll Daten über die Branche liefern. Auch kulturelle und soziale Werte spielen eine Rolle

- Noch eine kurze Empfehlung für andere… VON BIRGIT MÜLLER‰BARDORFF

Fischer: Mit einer Selbstwahr­nehmung als Opfer und durch das Beschuldig­en anderer kommen wir nicht weiter. Positiv denken.

Ist die Musik- und Clubszene nur eine besondere Art der Freizeitge­staltung oder hat sie darüber hinaus einen kulturelle­n und sozialen Wert? Diese Frage hat in jüngster Zeit im Hinblick auf die CoronaSchu­tzmaßnahme­n viel Wirbel und einige Verwerfung­en gebracht. Eine breit angelegte Studie der Initiative Musik des Bundes, an der die Stadt Augsburg neben dem Land Bayern, Hamburg, Hannover, Köln, Stuttgart, Bremen und München beteiligt ist, könnte darüber nun unter anderem Auskunft geben.

Denn neben Erkenntnis­sen über die ökonomisch­en Daten der Augsburger Musikwirts­chaft wie Beschäftig­tenund Umsatzzahl­en soll auch der kulturelle und soziale Wert der Musikszene ermittelt werden. „Wir werden mit dieser Studie Aufschluss erhalten über die sehr breite Wirkung von Musik auf die Stadtgesel­lschaft, ihre Bindekraft und soziale Verantwort­ung“, benennt Kulturrefe­rent Jürgen Enninger den Effekt. Die eigentlich­e Leistung der Studie sei jedoch, dass sie ein vielschich­tiges Bild der Augsburger Club- und Musikszene zeichne, aus dem sich auch neue kulturpoli­tische Perspektiv­en ergeben könnten. Besonders wichtig ist ihm dabei, dass in die Studie auch die Belange kleinerer Unternehme­n und selbststän­diger Künstler einfließen, „denn von ihnen geht ein hohes Maß an Innovation für die Stadt aus“.

Enninger hatte die Studie bereits in seiner Münchner Zeit als Leiter des Kompetenzt­eams Kreativwir­tschaft betreut und nach der Nominierun­g für sein neues Amt in Augsburg ins Spiel gebracht. Dort stieß er auf offene Ohren, hatte doch die Club- und Kulturkomm­ission schon längere Zeit eine Studie dieser Art gefordert. „Doch als ehrenamtli­ch Tätige hat uns hierfür die Mannund Frau-Power gefehlt“, erklärt Sebastian Karner. Der Vorsitzend­e der Club- und Kulturkomm­ission hält die Untersuchu­ng für „total wichtig“und freut sich auf „valide Zahlen als solide Basis“für Gespräche mit der Stadt. „Damit können wir vor allem an Schwächen besser arbeiten“, hofft er. Besonders spannend findet Karner den Vergleich mit den anderen Städten, die alle größer sind als Augsburg.

Die Kosten der Studie belaufen sich für die Stadt Jürgen Enninger zufolge auf „deutlich unter 10000 Euro“, da den Hauptantei­l der Bund trägt. Bis Mitte Dezember laufen nun die Befragunge­n, die von der Hamburger Agentur Sound Diplomacy entwickelt wurden. Noch in der ersten Jahreshälf­te 2021 rechnet der Kulturrefe­rent mit Ergebnisse­n.

„Wir werden durch die Studie vor allem eine größere Wertschätz­ung der Musikwirts­chaft in unserer Stadt erreichen“, ist sich Enninger sicher. Im Auge hat er dabei nicht in erster Linie die monetäre Förderung, sondern Unterstütz­ung zur Verbesseru­ng eines Netzwerks in der Szene, Qualifizie­rungsmaßna­hmen und Impulse an die Stadtverwa­ltung, wie Förderprog­ramme transparen­ter gestaltet werden und Genehmigun­gsverfahre­n erleichter­t werden könnten. Nachdem nicht nur die einzelnen Städte, sondern auch das Land Bayern und der Bund Auftraggeb­er der Studie sind, sieht Augsburgs Kulturrefe­rent mögliche „Handlungsa­ufforderun­gen auf mehrere Schultern verteilt“.

Neben der Bestandsau­fnahme der Augsburger Musikwirts­chaft wird die Studie auf jeden Fall eine Erkenntnis bringen: welche Auswirkung­en die Corona-Pandemie und die damit verbundene Schließung der Spielstätt­en auf die Szene hat. Denn durch eine Umfrage werden die Verluste und Umsatzerwa­rtungen der Branche für das nächste Jahr abgefragt sowie die Hilfsmaßna­hmen von Bund, Ländern und Kommunen bewertet und analysiert. „Wir haben die einmalige Chance, ein Polaroid der Situation vor und nach Corona zu bekommen“, sagt Sebastian Karner. „Welche Schneisen Corona schlägt, werden wir dadurch erfahren“, befürchtet der Kulturrefe­rent.

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Foto: Siegfried Kerpf Die Musikbranc­he in Augsburg, hier ein Konzert der Düsseldorf Düsterboys in der Soho Stage im Januar dieses Jahres, be‰ leuchtet eine Studie.

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