Schwabmünchner Allgemeine

Warum steigen die Corona‰Zahlen so deutlich?

Die Sieben-Tages-Inzidenz im Landkreis Augsburg knackt die Marke von 200 deutlich. Damit verschärfe­n sich die Regeln wieder. Doch weshalb steigen die Zahlen trotz des Lockdowns?

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Seine Fahrschule muss Robert Gessler wieder schließen. Grund dafür ist der sprunghaft­e Anstieg der CoronaZahl­en im Kreis Augsburg. Weil die Sieben-Tages-Inzidenz wieder über den Wert von 200 geklettert ist, gelten verschärft­e Regeln. Der Fischacher Fahrlehrer kennt das bereits. Er betriebt auch eine Filiale in Augsburg, wo die Inzidenzwe­rte bereits seit Wochen höher sind als im Kreis. Doch nicht nur Fahrlehrer müssen wieder mit Umsatzverl­usten rechnen. Der hohe Wert hat auch Auswirkung­en auf andere Lebensbere­iche.

Der plötzliche Anstieg der Zahlen kommt überrasche­nd. Noch am Mittwoch lag der 7-Tages-Wert bei 196,9. Nun bei 210,7. Innerhalb eines Tages schlugen in der Statistik 128 neue Indexfälle auf. Insgesamt steigt die Zahl der bestätigte­n Fälle damit auf 4247. Seit Beginn der Pandemie sind 31 Menschen im Kreis Augsburg gestorben, nachdem sie sich mit dem Virus infiziert hatten. Die Zahlen beruhen auf der Statistik des Robert-Koch-Instituts. In den vergangene­n Tagen war immer wieder ein leichter Rückgang der Corona-Zahlen zu verzeichne­n. Nun der plötzliche Anstieg. Woran liegt das?

Annemarie Scirtuicch­io, Sprecherin des Landratsam­tes, erklärt, dass der Anstieg sich nicht auf einen bestimmten Ausbruchsh­erd zurückführ­en lässt. Eine Rolle spielen allerdings eine Reihe von positiv Getesteten in Seniorenhe­imen. Der Corona-Ausbruch im Haus Raphael im Westen von Schwabmünc­hen ist der bislang größte im Landkreis Augsburg. 21 Bewohner und fünf Mitarbeite­r waren am Montag infiziert. Einen Tag später sind diese Zahlen nochmals angestiege­n. Insgesamt, erklärt Annemarie Scirtuicch­io, lassen sich etwa 30 der 128 Neuinfekti­onen am Mittwoch auf Fälle in Seniorenhe­imen zurückführ­en. Die restlichen Fälle seien auf den ganzen Landkreis verteilt.

Einen weiteren Ansatz zur Erklärung bietet eine neue Statistik des Robert-Koch-Instituts und des Statistisc­hen Bundesamts. Sie zeigt,

die Menschen im Kreis Augsburg trotz Lockdowns noch viel unterwegs sind. Dazu wurden Funkdaten von Handys in ganz Deutschlan­d ausgewerte­t und auf Landkreise­bene herunterge­brochen. Das gibt Aufschluss darüber, wie mobil die Menschen im Kreis Augsburg trotz des „Lockdowns light“waren.

Als dieser Ende November beschlosse­n wurde, wurden Freizeitei­nrichtunge­n und Restaurant­s geschlosse­n. Die Statistik zeigt, dass die Maßnahmen zwar Wirkung zeigen, im Vergleich zum ersten Lockdown im März sind die Menschen allerdings wieder deutlich mehr unterwegs. Damals waren die allerdass

● Das hat sich später geändert. Ende Oktober wurde der neue „Lockdown Light“beschlosse­n. Als die Maßnahmen Anfang November in Kraft treten, waren elf Prozent weniger Menschen unterwegs als im Vorjahr.

● Der Rückgang ist beachtlich, aber nicht mit den Zahlen aus dem ersten Lockdown im Frühjahr zu vergleiche­n. Damals waren die allermeist­en Ge‰ schäfte und viele Wirtschaft­sbetriebe geschlosse­n.

Das schlägt sich in bis zu 61 Prozent weniger Reisen (29. März) nieder. Am Wochenende lagen die Zahlen im März meist knapp unter 60 Prozent Rückgang. (söbe)

meisten Geschäfte und viele Wirtschaft­sbetriebe geschlosse­n – und die Menschen im Augsburger Land bis zu 61 Prozent weniger unterwegs. Am ersten Novemberwo­chenende hingegen verzeichne­t die Statistik nur noch einen Rückgang von rund elf Prozent der Reisen im Vergleich zum Vorjahr.

Durch den erneuten Anstieg der Corona-Zahlen über die Marke von 200 verschärfe­n sich nun auch wieder die Maßnahmen. Konkret ändert sich folgendes:

Märkte Alle Märkte zum Warenverka­uf sind mit Ausnahme des Verkaufs von Lebensmitt­eln im Rahmen regelmäßig stattfinde­nder Wochenmärk­te untersagt. Musikschul­en Der Unterricht an Musikschul­en ist untersagt. Fahrschule­n Sowohl der theoretisc­he als auch der praktische Unterricht von Fahrschule­n ist untersagt. Schulen An allen Schulen – mit Ausnahme der Schulen zur sonderpäda­gogischen Förderung sowie der Abschlussk­lassen – ist ab Montag, 7. Dezember 2020, ab der Jahrgansst­ufe 8, ein durchgehen­der Mindestabs­tand von 1,5 Metern verpflicht­end. Der kann beispielsw­eise durch eine veränderte Sitzordnun­g oder aber ab der Jahrgangss­tufe acht auch durch Wechselunt­erricht sichergest­ellt werden. Die Schulleitu­ngen werden die Eltern über die entspreche­nde Vorgehensw­eise ihrer Schule informiere­n. Alkoholver­bot Theoretisc­h ist ein ganztägige­s Alkoholkon­sumverbot an öffentlich­en Orten unter freiem Himmel, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergeh­end aufhalten, möglich. Bislang hat die Kreisverwa­ltungsbehö­rde dazu aber noch keine zentralen Begegnungs­flächen festgelegt. Dies kann gegebenenf­alls noch zu einem späteren Zeitpunkt der Fall sein und wird entspreche­nd bekannt gegeben.

„Für manche Berufsgrup­pen sind die derzeit notwendige­n Schutzmaßn­ahmen existenzge­fährdend“, sagt Landrat Martin Sailer (CSU). Deswegen könne er die Verzweiflu­ng, die viele Menschen umtreibt, nachvollzi­ehen. „Allerdings ist die Corona-Pandemie eine gesamtgese­llschaftli­che Herausford­erung, die wir gemeinsam bewältigen müssen“, so der Landrat. Ein Außerkraft­treten der verschärft­en Regelungen sei laut der aktuell geltenden Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung erst möglich, wenn die Inzidenz sieben Tage in Folge unter dem festgelegt­en Wert von 200 bleibt.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Die Regeln sind streng, doch die Zahl der Neuinfekti­onen mit dem Coronaviru­s steigt sprunghaft an. Deswegen verschärfe­n sich im Landkreis Augsburg jetzt verschiede­ne Maßnahmen.

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