Schwabmünchner Allgemeine

Falten für den Tierschutz

Wie sich Biggi Reichhardt und Norman Rauch aus Krumbach mit ihrem Hobby für rumänische Straßenhun­de einsetzen

- VON ALOIS THOMA

Krumbach „Das ist Mina, sie ist zehn Jahre alt“, sagt Biggi Reichhardt und streicht ihrer Hündin liebevoll über das weiße Fell. Dass sie so alt werden konnte, hat „Mina“der 30-jährigen Studentin und deren Mann Norman Rauch zu verdanken. Das Ehepaar hat sich nämlich zur Aufgabe gemacht, Straßenhun­de in Rumänien vor dem sicheren Tod zu bewahren. Kastrieren statt töten – dafür setzen sich die beiden seit Jahren ein. Und das ganz ehrenamtli­ch. Ihr Engagement ist natürlich auch mit Kosten verbunden. Um diese stemmen zu können, haben sie sich der Kunst des Buchfalten­s verschrieb­en und die Aktion „Falten für Tierschutz“ins Leben gerufen. Der Erlös aus dem Verkauf der von ihnen kunstvoll gefalteten Bücher kommt zu 100 Prozent der Rettung der Hunde zugute.

„Mina“war sieben Jahre lang Straßenhün­din in einem Barackenvi­ertel im rumänische­n Ort Orastie. Dann wurde sie von Hundefänge­rn eingefange­n und eingesperr­t, um dann eines Tages getötet zu werden. „Wir haben sie gegen eine Schutzgebü­hr von 300 Euro adoptiert“, berichtet Biggi Reichhardt. Seitdem genießt „Mina“, die von ihrem Besitzer einst ausgesetzt wurde, ein tiergerech­tes Leben in Freiheit. Auch dem dreijährig­en Rüden „Fritz“drohte das gleiche Schicksal. Auch er stand auf der Tötungslis­te, ehe er letztes Jahr im Mai freigekauf­t wurde. Doch damit nicht genug. „Wir sind mehrmals im Jahr im Orastie und unterstütz­en die dortigen Tierschütz­er bei ihrem Engagement und ihrer Arbeit“, betont der 28-jährige Polizeibea­mte, der bei der Polizeiins­pektion Krumbach seinen Dienst verrichtet.

Der Schwerpunk­t der Aktion liegt jedoch auf der Kastration der Hunde. Das Ehepaar legt Wert darauf, dass die Tiere vor Ort kastriert werden und so ihr Hundeleid gemindert wird. Rund 20 Euro kostet so eine Kastration. „Die Tierschütz­er in Orastie melden sich, wenn sie Hilfe brauchen und zum Glück mussten wir bisher noch keine Hilfe ausschlage­n“, versichert Biggi Reichhardt. Und auf was sie besonders achten ist ein lückenlose­r Nachweis, was mit ihren Spendengel­dern geschieht.

Doch woher kommt dieses Geld? Die Studentin und der Polizeibea­mte opfern dafür viele Stunden Freizeit. Sie haben im Selbststud­ium die Kunst des Papierfalt­ens erlernt. Es ist eine tolle Möglichkei­t der Wiederverw­endung von alten Büchern. In Handarbeit entstehen dabei durch das Falten der Buchseiten kunstvolle Objekte. Dabei wird zunächst eine Vorlage angefertig­t (kann auch im Internet herunterge­laden werden), nach der dann Blatt für Blatt am Bug markiert, eingeschni­tten und gefaltet wird. Teilweise wird auf drei Ebenen gefaltet. Das Ergebnis sind dann plastische Darstellun­gen von Motiven aller Art. Dazu Biggi Reichhardt: „Man kann jedes Motiv und jeden Spruch falten, egal ob Familienfo­to oder Hundeportr­ät.“Besonders beliebt sind Hochzeitsm­otive. Acht Stunden bis eine Woche Arbeit verschling­t so ein Werk. Das nehmen die beiden Tierschütz­er aber gern in Kauf, „denn wir leben für die Tiere und opfern für sie gerne unsere Freizeit“. Bisher haben sie circa 400 Bücher für den Tierschutz gefaltet. Ihre Kunden können die Motive selbst wählen und eigene gebrauchte Bücher im Umfang von 450 bis 800 Seiten zum Falten bereitstel­len. Bücher werden aber auch von Reichhardt und Rauch gestellt. Gekauft beim Bücherausv­erkauf im Haunstette­r Sozialkauf­haus „Contact e.V.“, das mit dem Erlös wiederum soziale Projekte unterstütz­t.

Zwischen 20 und 50 Euro liegt der Preis für ein gefaltetes Buch, selbst wenn der Preis keineswegs dem Zeitaufwan­d entspreche­n sollte. „Aber wir wollen ja, dass sich jeder so ein Buch leisten und somit etwas für den Tierschutz tun kann“, erklärt Norman Rauch. Nach Kontaktauf­nahme mit dem Kunden werden Einzelheit­en und Sonderwüns­che besprochen und spätestens nach drei Wochen ist das Werk abholberei­t.

90 Prozent sind Auftragsar­beiten, den Rest versuchen die Studentin und der Krumbacher Polizeibea­mte auf Märkten in der Region, zum Beispiel in Augsburg und Ulm/NeuUlm, an den Mann zu bringen. Wenn sich eine passende Gelegenhei­t bietet, dann wollen sie in Zukunft auch im Landkreis Günzburg präsent sein.

Der Erlös aus dem Verkauf der gefalteten Bücher geht zu 100 Prozent an den Tierschutz, das heißt: für Arztkosten (Kastration­en, Operatione­n), Futter, Stroh, Unterstütz­ung des privaten Shelters (Quartierge­ber), Unterstütz­ung der Pflegestel­len. 2300 Euro sammelten Biggi Reichhardt und Norman Rauch im Jahr 2018 für den Tierschutz, ein Jahr später waren es schon 6300 Euro.

„Jedes Jahr den Erlös um etwa 2000 Euro steigern“, dies schwebt dem Polizeibea­mten für die Zukunft vor. Seine Frau geht sogar noch einen Schritt weiter. „Es wäre schön, wenn wir es schaffen würden, dass in Rumänien keine Straßenhun­de mehr getötet werden“, sagt sie und streicht wieder über das Fell von „Mina“. Und die Hündin blickt sie mit leuchtende­n und dankbaren Augen an, als hätte sie genau verstanden, um was es hier geht … O Weitere Infos zum Projekt und Kontaktauf­nahme unter www.faltenfuer­tierschutz.de.

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Fotos: Alois Thoma Kunstvolle Werke mit den verschiede­nsten Motiven haben Biggi Reichhardt und Norman Rauch durch das Falten von Buchseiten geschaffen.
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Biggi Reichhardt und Norman Rauch engagieren sich intensiv für den Tierschutz. Un‰ ser Bild zeigt sie mit Hündin „Mina“und der Rüde „Fritz“.

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