Falten für den Tierschutz
Wie sich Biggi Reichhardt und Norman Rauch aus Krumbach mit ihrem Hobby für rumänische Straßenhunde einsetzen
Krumbach „Das ist Mina, sie ist zehn Jahre alt“, sagt Biggi Reichhardt und streicht ihrer Hündin liebevoll über das weiße Fell. Dass sie so alt werden konnte, hat „Mina“der 30-jährigen Studentin und deren Mann Norman Rauch zu verdanken. Das Ehepaar hat sich nämlich zur Aufgabe gemacht, Straßenhunde in Rumänien vor dem sicheren Tod zu bewahren. Kastrieren statt töten – dafür setzen sich die beiden seit Jahren ein. Und das ganz ehrenamtlich. Ihr Engagement ist natürlich auch mit Kosten verbunden. Um diese stemmen zu können, haben sie sich der Kunst des Buchfaltens verschrieben und die Aktion „Falten für Tierschutz“ins Leben gerufen. Der Erlös aus dem Verkauf der von ihnen kunstvoll gefalteten Bücher kommt zu 100 Prozent der Rettung der Hunde zugute.
„Mina“war sieben Jahre lang Straßenhündin in einem Barackenviertel im rumänischen Ort Orastie. Dann wurde sie von Hundefängern eingefangen und eingesperrt, um dann eines Tages getötet zu werden. „Wir haben sie gegen eine Schutzgebühr von 300 Euro adoptiert“, berichtet Biggi Reichhardt. Seitdem genießt „Mina“, die von ihrem Besitzer einst ausgesetzt wurde, ein tiergerechtes Leben in Freiheit. Auch dem dreijährigen Rüden „Fritz“drohte das gleiche Schicksal. Auch er stand auf der Tötungsliste, ehe er letztes Jahr im Mai freigekauft wurde. Doch damit nicht genug. „Wir sind mehrmals im Jahr im Orastie und unterstützen die dortigen Tierschützer bei ihrem Engagement und ihrer Arbeit“, betont der 28-jährige Polizeibeamte, der bei der Polizeiinspektion Krumbach seinen Dienst verrichtet.
Der Schwerpunkt der Aktion liegt jedoch auf der Kastration der Hunde. Das Ehepaar legt Wert darauf, dass die Tiere vor Ort kastriert werden und so ihr Hundeleid gemindert wird. Rund 20 Euro kostet so eine Kastration. „Die Tierschützer in Orastie melden sich, wenn sie Hilfe brauchen und zum Glück mussten wir bisher noch keine Hilfe ausschlagen“, versichert Biggi Reichhardt. Und auf was sie besonders achten ist ein lückenloser Nachweis, was mit ihren Spendengeldern geschieht.
Doch woher kommt dieses Geld? Die Studentin und der Polizeibeamte opfern dafür viele Stunden Freizeit. Sie haben im Selbststudium die Kunst des Papierfaltens erlernt. Es ist eine tolle Möglichkeit der Wiederverwendung von alten Büchern. In Handarbeit entstehen dabei durch das Falten der Buchseiten kunstvolle Objekte. Dabei wird zunächst eine Vorlage angefertigt (kann auch im Internet heruntergeladen werden), nach der dann Blatt für Blatt am Bug markiert, eingeschnitten und gefaltet wird. Teilweise wird auf drei Ebenen gefaltet. Das Ergebnis sind dann plastische Darstellungen von Motiven aller Art. Dazu Biggi Reichhardt: „Man kann jedes Motiv und jeden Spruch falten, egal ob Familienfoto oder Hundeporträt.“Besonders beliebt sind Hochzeitsmotive. Acht Stunden bis eine Woche Arbeit verschlingt so ein Werk. Das nehmen die beiden Tierschützer aber gern in Kauf, „denn wir leben für die Tiere und opfern für sie gerne unsere Freizeit“. Bisher haben sie circa 400 Bücher für den Tierschutz gefaltet. Ihre Kunden können die Motive selbst wählen und eigene gebrauchte Bücher im Umfang von 450 bis 800 Seiten zum Falten bereitstellen. Bücher werden aber auch von Reichhardt und Rauch gestellt. Gekauft beim Bücherausverkauf im Haunstetter Sozialkaufhaus „Contact e.V.“, das mit dem Erlös wiederum soziale Projekte unterstützt.
Zwischen 20 und 50 Euro liegt der Preis für ein gefaltetes Buch, selbst wenn der Preis keineswegs dem Zeitaufwand entsprechen sollte. „Aber wir wollen ja, dass sich jeder so ein Buch leisten und somit etwas für den Tierschutz tun kann“, erklärt Norman Rauch. Nach Kontaktaufnahme mit dem Kunden werden Einzelheiten und Sonderwünsche besprochen und spätestens nach drei Wochen ist das Werk abholbereit.
90 Prozent sind Auftragsarbeiten, den Rest versuchen die Studentin und der Krumbacher Polizeibeamte auf Märkten in der Region, zum Beispiel in Augsburg und Ulm/NeuUlm, an den Mann zu bringen. Wenn sich eine passende Gelegenheit bietet, dann wollen sie in Zukunft auch im Landkreis Günzburg präsent sein.
Der Erlös aus dem Verkauf der gefalteten Bücher geht zu 100 Prozent an den Tierschutz, das heißt: für Arztkosten (Kastrationen, Operationen), Futter, Stroh, Unterstützung des privaten Shelters (Quartiergeber), Unterstützung der Pflegestellen. 2300 Euro sammelten Biggi Reichhardt und Norman Rauch im Jahr 2018 für den Tierschutz, ein Jahr später waren es schon 6300 Euro.
„Jedes Jahr den Erlös um etwa 2000 Euro steigern“, dies schwebt dem Polizeibeamten für die Zukunft vor. Seine Frau geht sogar noch einen Schritt weiter. „Es wäre schön, wenn wir es schaffen würden, dass in Rumänien keine Straßenhunde mehr getötet werden“, sagt sie und streicht wieder über das Fell von „Mina“. Und die Hündin blickt sie mit leuchtenden und dankbaren Augen an, als hätte sie genau verstanden, um was es hier geht … O Weitere Infos zum Projekt und Kontaktaufnahme unter www.faltenfuertierschutz.de.