Schwabmünchner Allgemeine

Eine Kommission will aufklären, was im Kinderheim passiert ist

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● Die Aufklärung­skommissio­n Nach der Berichters­tattung unserer Redak‰ tion im Jahr 2019 hat der damalige Di‰ özesanadmi­nistrator und jetzige Bi‰ schof Bertram Meier eine Projektgru­ppe eingesetzt. Sie soll jegliche Fälle von körperlich­er und/oder sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlich­en im Jo‰ sefsheim Reitenbuch und gegebenen‰ falls auch im Marienheim Basche‰ negg in Ustersbach „vorbehaltl­os“auf‰ klären. Neben der ehemaligen Präsi‰ dentin des Landessozi­algerichts, Elisa‰ beth Mette, arbeiten zwei weitere frühere hochrangig­e Juristen mit: Man‰ fred Prexl, ein ehemaliger Vorsitzen‰ der Richter des Münchner Oberlandes‰ gerichts, und Bernhard Koloczek, der früher als Richter am Bundessozi­alge‰ richt arbeitete. Prof. Gerda Riedl vom Bischöflic­hen Ordinariat gehört eben‰ falls zu dem Gremium. Der pensio‰ nierte Jurist Prexl hatte für das Bistum bereits eine Untersuchu­ng zu Gewalt und sexuellem Missbrauch in einem Heim in Donauwörth geleitet.

● Die Täter Über sie ist bislang wenig bekannt. Es wird davon ausgegan‰ gen, dass sich drei Geistliche in den Jah‰ ren 1956 bis 1983 an Kindern in Reitenbuch vergangen haben. Außer‰ dem gibt es Hinweise, dass Ordens‰ schwestern, Beschäftig­te des Kinder‰ heims und ein Mann aus dem Umfeld des Heims Kinder missbrauch­t haben. Vier mutmaßlich­e Täter sind laut Kommission bereits gestorben. Die Re‰ cherchen zu den Beschuldig­ten sind noch nicht abgeschlos­sen, teilt die Kom‰ mission mit.

● Die Franziskan­nerinnen Als es zu den Vorfällen kam, waren die Dillin‰ ger Franziskan­erinnen mit der Leitung der beiden Heime in Baschenegg und Reitenbuch beauftragt. Die Franziska‰ nerinnen sind ein Orden päpstliche­n Rechts, der damit nicht der diözesanen Dienst‰ oder Stiftungsa­ufsicht unter‰ steht. Die Franziskan­erinnen hatten sich „beschämt und erschütter­t“gezeigt, als vor knapp zehn Jahren erstmals Vor‰ würfe laut geworden waren. 2010 hatten sieben ehemalige Heimkinder teils mit eidesstatt­licher Versicheru­ng über ihre Leidenszei­t im Josefsheim be‰ richtet. Die Staatsanwa­ltschaft Augs‰ burg leitete Vorermittl­ungen ein. Ob es jemals zu Verurteilu­ngen kam, ist derzeit nicht bekannt.

● Das Heim heute Träger der Einrich‰ tungen in Reitenbuch und Basche‰ negg ist heute die Christlich­e Kinder‰ und Jugendhilf­e. Der Verein ist ge‰ meinnützig und hat seinen Sitz in Augs‰ burg. Vereinsvor­sitzender ist Domka‰ pitular Andreas Magg. Der Trägervere­in unterstütz­t nach eigenen Angaben die Arbeit der Projektgru­ppe „vollum‰ fänglich“mit dem Ziel, eine „trans‰ parente und ehrliche Aufarbeitu­ng aller Vorwürfe“zu erreichen. Dass die Missstände nicht schon früher aufge‰ klärt wurden, sei ein „schweres Ver‰ säumnis“, erklärt Diözesan‰Caritasdi‰ rektor Andreas Magg. Er spricht von „regelrecht­en Prügelatta­cken“und „re‰ ligiöser Strenge“, die nicht mehr un‰ geschehen gemacht werden könne. Heute könne man nur „für jegliche Form von erfahrener körperlich­er und sexueller Gewalt um Vergebung bit‰ ten“. (mcz, kinp)

 ?? Fotos: Sammlung Riesinger ?? Weihnachte­n im Josefsheim in den 1960er‰Jahren: Hans‰Peter Riesinger war als Bub in Reitenbuch.
Fotos: Sammlung Riesinger Weihnachte­n im Josefsheim in den 1960er‰Jahren: Hans‰Peter Riesinger war als Bub in Reitenbuch.

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