Schwabmünchner Allgemeine

Mit ihm ist noch zu rechnen

Norbert Röttgens Kandidatur um die Nachfolge von AKK wurde zu Anfang nicht überall ernst genommen. Warum der Außenpolit­ik-Experte den beiden anderen Kandidaten gefährlich werden kann

- VON STEFAN LANGE

Berlin Am Sonntag war Norbert Röttgen einmal wieder zu einer Talkshow im Fernsehen eingeladen. Der CDU-Politiker war links platziert, auf der anderen Seite Sigmar Gabriel. Das Bild hatte Symbolkraf­t, denn möglicherw­eise saß der ehemalige Außenminis­ter Gabriel (SPD) dem künftigen Amtsinhabe­r Röttgen gegenüber. Der außenpolit­ische Sprecher der Unions-Bundesfrak­tion hat gerade einen Lauf und ist im Rennen um den CDU-Vorsitz für die beiden scheinbar aussichtsr­eicheren Mitbewerbe­r Armin Laschet und Friedrich Merz plötzlich eine ernste Bedrohung.

Ein am Wochenende veröffentl­ichtes Politiker-Ranking des ForsaInsti­tuts im Auftrag der Fernsehsen­der RTL und N-TV hat Röttgen nach oben katapultie­rt. Sechs Punkte legte der CDU-Politiker zu, er kommt auf 41 Punkte. Friedrich Merz hingegen verlor zwei Punkte auf 33 Punkte und ist damit deutlich abgeschlag­en. Zulegen konnte hingegen Armin Laschet (plus zwei), der beim Bewerber-Trio mit 42 Punkten vorne liegt.

Zunächst war Röttgens Bewerbung um die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbaue­r nicht allzu große Bedeutung beigemesse­n worden. Im Vordergrun­d standen die Kandidatur­en des Ex-Unionsfrak­tionschefs Merz und des nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten Laschet. Kenn Wunder, wenn man zurückblic­kt: 2012 wollte Röttgen Ministerpr­äsident in Nordrhein-Westfalen werden, verlor aber gegen die volksnahe Amtsinhabe­rin Hannelore Kraft von der SPD. Die Wahl endete mit einem dramatisch schlechten Abschneide­n der CDU. Röttgen ging zurück nach Berlin, Bundeskanz­lerin Angela Merkel warf ihren Umweltmini­ster aus dem Kabinett. Später flog Röttgen auch noch aus dem CDU-Bundesvors­tand. Als der Außenpolit­iker im Februar seinen Hut in den Ring warf, wirkte das ein bisschen wie der Versuch, späte Rache zu nehmen. Der Eindruck wurde dadurch verstärkt, dass der heute 55-Jährige Angebote von Laschet und dessen

Unterstütz­er Jens Spahn für eine Teamlösung ablehnte.

In den folgenden Monaten agierte der amtierende Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Bundestag diplomatis­ch geschickt zwischen den Fronten Merz und Laschet. Er trat als Vermittler auf, wenn das Wort „Kampf“in den Medien zu oft auftauchte. Er spielte früh die Quotenkart­e und zeigte gerade erst, dass er bei diesem Thema nicht blufft. Im Falle eines Sieges will er die CDU-Politikeri­n Ellen Demuth zur Chefstrate­gin der Partei machen. Damit ist der Posten einer Generalsek­retärin gemeint.

Demuth, 38 Jahre alt, ist CDULandtag­sabgeordne­te in RheinlandP­falz. Sie steht dort dem Arbeitskre­is Gleichstel­lung und Frauenförd­erung vor und nennt die paritätisc­he Beteiligun­g von Frauen und Männern als die wichtigste Modernisie­rungsaufga­be in der Partei. In der immer noch männerdomi­nierten CDU ist das eine nahezu revolution­äre Ansage, die Röttgen auf dem entscheide­nden Wahlpartei­tag – er wird vermutlich am 16. Januar stattfinde­n – entscheide­nde Delegierte­nstimmen einbringen könnte.

Als die Junge Union die drei Kandidaten zum „Pitch“einlud, machte Röttgen bei diesem ersten großen Aufeinande­rtreffen der drei Kandidaten eine gute Figur. In der Mitglieder­befragung landete der Nordrhein-Westfale auf Platz zwei hinter Merz. Wenn er diesen Schwung mitnimmt, kann es für ihn weiter nach oben gehen. Am 11. Dezember stellt sich Röttgen im Format „CDU live“exklusiv den Fragen der CDUMitglie­der. Laschet und Merz sind nach ihm dran, am 14. Dezember sowie am 8. Januar sind von der Partei Runden mit allen drei Kandidaten geplant.

Die Chancen auf den CDU-Vorsitz sind für Röttgen sichtlich besser geworden. Was auch an Röttgens Haltung zur K-Frage liegt. Der Außenpolit­iker betont zwar, dass der CDU-Vorsitzend­e den Zugriff auf die Spitzenkan­didatur hat. Gleichzeit­ig hat er, anders als Merz und Laschet, die Tür für mögliche andere Bewerber nicht zugemacht. In weiser Voraussich­t hat er sich respektvol­l gegenüber seinen Konkurrent­en geäußert – und wohlwollen­d über die, die im Moment (noch) nicht zur Wahl stehen. Röttgen würde sowohl mit Gesundheit­sminister Jens Spahn als auch mit CSUChef Markus Söder arbeiten. Als CDU-Vorsitzend­er könnte er dafür einen Preis nennen. Das Amt des Außenminis­ters zum Beispiel.

 ?? Foto: dpa ?? Norbert Röttgens Bewerbung um den CDU‰Vorsitz hat spürbar Schwung auf‰ genommen.
Foto: dpa Norbert Röttgens Bewerbung um den CDU‰Vorsitz hat spürbar Schwung auf‰ genommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany