Schwabmünchner Allgemeine

Fernweh zum Verschenke­n

Von der Isar, über Sizilien an den Amazonas: Mit diesen Büchern und Bildbänden machen Sie zu Weihnachte­n nicht nur Globetrott­ern eine Freude

- VON DORIS WEGNER

Derzeit hilft nur Reisen in Gedanken. Vier Bücher und Bildbände, die unterschie­dlicher nicht sein könnten – mal eine Einladung, die Nähe zu entdecken, mal eine nachdenkli­ch stimmende Bilderchro­nik. Aber lesen Sie selbst:

Hintergrün­diges über Sizilien

Als Tourist besucht man auf Sizilien die antiken Tempel, geht ins Meer und spaziert abends durch die morbidbaro­cken Städte. Aber was weiß man schon über die Insel, die gar nicht so richtig zu Italien gehören will? Jetzt kann man in „Voci di Sicilia“mit der Sängerin Etta Scollo zu einer Lesereise aufbrechen und erhält Einblicke, die man nie erhalten würde. Etwa wenn Scollo über die Parknot in ihrer ’Heimatstad­t Catania erzählt und dann überrasche­nd im Palais der Biscaris landet, das sich 80 Erben mittlerwei­le teilen. Oder wenn Autor Daniele Zito von der wundersame­n Neigung der Einwohner von Catania erzählt, die bei einem Ausbruch des Ätna nicht fliehen, sondern der Lava entgegen fahren. Oder die verrückte Geschichte des Ortes Giarre, in dem protzige Bauruinen stehen, weil von irgendwohe­r Geld floß, doch nicht genügend. Jetzt gibt es dort etwa ein unvollende­tes Stadion für Polo-Turniere, aber kein Mensch spielt auf Sizilien Polo. Eine Kommissari­n der Staatspoli­zei erzählt von ihrem Kampf gegen die Kriminalit­ät, ein Bauer und Naturphilo­soph von der Wiederbele­bung der Manna-Produktion und ein Fürst schildert Syrakus in der Antike – und immer wieder Anekdoten von Etta Scollo, deren Lieder man via QR-Code runterlade­n kann. Etta Scollo: Voci di Sicilia. Eine Reise durch Sizilien. Corso, 255 S., 29,90 Euro

Bilder eines Flusses

Eine Hommage an einen Fluss ist der Bildband „Wilde Isar“. 26 Münchner Fotografen, die der Gesellscha­ft für Naturfotog­rafie angehören, haben teils jahrelang auf dieses eine Bild gewartet, das sie von der Isar haben wollten. Bis die Stimmung passte, das Wetter sowieso, bis sich die Tiere zeigten. So ist ein detailreic­hes Porträt über die Isar entstanden – von der Quelle im Karwendelg­ebirge bis zur Mündung in die Donau. Der Bildband ist ein einzige Einladung, die Welt langsam zu

das Spannende in der Nähe zu finden, ja, und auch behutsam mit der Natur umzugehen. Der Artenreich­tum, den die Hobbyfotog­rafen abbilden, ist beeindruck­end. Die Heuschreck­en auf der Kiesbank, die bestens getarnten Eulen, die Wechselkrö­te in der Fröttmanin­ger Heide mit der Allianz Arena im Hintergrun­d. Dass viele unterschie­dliche Fotografen am Werk waren, erhöht des Reiz des Bildbandes. Mal wirken die Fotografie­n pastelligz­art wie alte Landschaft­smalerein, mal sind sie eher grafische Detailaufn­ahmen, mal technische Spielereie­n – am Ende entsteht das Bild eines Flusses. Gesellscha­ft für Naturfotog­rafie: Wilde Isar. Naturschät­ze zwischen Hochgebirg­e, Stadt und Auenlandsc­haft. Knesebeck, 190 S., 36 Euro

Verbaute Welt

George Steinmetz ist als Reporter für die New York Times seit Jahrzehnte­n in aller Welt unterwegs und für seine Luftaufnah­men berühmt. Seine Bilder entstehen meist aus Ultraleich­tflugzeuge­n oder mit Drohnen. In dem Bildband „Human Planet“dokumentie­rt der Fotograf, wie der Mensch die Erde zu seinem

Zweck formt. Die oft grafische Ästhetik der Bilder täuscht aber nicht darüber hinweg, wie sehr der Mensch die Erde sich schon zum Untertan gemacht hat. Der Bildband beginnt mit menschenle­eren Weiten in der Wüste etwa. Allmählich schleicht sich der Mensch in die Aufnahmen, bis er diese dominiert. Die scheinbar endlosen Reisterras­sen von Pengyang in China, die kreisrunde­n, bewässerte­n Tomatenfel­der in der Wüste Saudi-Arabiens. Und schließlic­h die gigantisch­en Einheitssi­edlungen für die Arbeiter auf Soja-Feldern im Amazonasbe­cken. Ein Buch das nachdenkli­ch macht, aber auch Staunen macht – über die Welt. George Steinmetz, An‰ drew Revkin (Texte): Human Planet, wie der Mensch die Erde formt. Knese‰ beck, 255 S., 45 ¤

Das Harte‰Jungs‰Dings

Sie haben es wieder getan. Nach ihrem Abenteuert­rip auf dem Yukon sind Rammstein-Sänger Till Lindemann und Joey Kelly, Sänger der gleichnami­gen Family und Extremspor­tler, nun in das Amazonasbe­cken gereist. Mit dem Kanu sind sie zwischen Bolivien, Peru und Koentdecke­n, lumbien auf dem Javari-Fluss gepaddelt, haben Koka-Plantagen besucht und mit Einheimisc­hen Fußball gespielt. Wer den ersten Band kennt, wird beim zweiten Bildband nicht überrascht: Da haben zwei ihr Harte-Jungs-Abenteuerd­ings gemacht. Das Buch? Gleiches opulentes Format, gleiche optische Anmutung, nur in einem anderen Land. Das Titelfoto, das die beiden Sänger mit einer gigantisch­en Schlange um den Schultern zeigt, kündigt an wovon das Buch vor allem handelt: von Till Lindemann und Joey Kelly. Und so geht es innen weiter: viel Selbstdars­tellung, ein erklärende­s Interview über den Trip, ein wenig Länderkund­e dazu Gedichte von Till Lindemann: „Der Mann mit dem Sombrero, ein garstig Caballero, er spielt mit der Machete, alle Mädchen spielen mit, die schönste bläst Trompete.“Die großformat­igen Fotos von Thomas Stachelhau­s und Matthias Matthies sind oft Schwarzwei­ß beziehungs­weise mit einem Filter, der die Farben kalt erscheinen lässt, passend zum HarteJungs-Abenteuer-Dings halt. Joey Kelly, Till Lindemann: Amazo‰ nas. Reise zum Rio Javari. National Geographic, 240 S., 79 Euro

 ?? Foto: Andreas Volz/Knesebeck ?? In aller Herrgottsf­rüh ein Glücksmome­nt für den Fotografen. Eine Hirschkuh durch quert mit zwei Jungtieren die Isar.
Foto: Andreas Volz/Knesebeck In aller Herrgottsf­rüh ein Glücksmome­nt für den Fotografen. Eine Hirschkuh durch quert mit zwei Jungtieren die Isar.
 ?? Foto: NG Verlag/Stachelhau­s ?? Zwei harte Jungs: Joey Kelly und Till lin‰ demann.
Foto: NG Verlag/Stachelhau­s Zwei harte Jungs: Joey Kelly und Till lin‰ demann.
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Foto: Steinmetz Plastikabd­eckungen für Felder in Süd‰ spanien.
 ?? Foto: Ver‰ lagshaus Römerweg; Anton Maria Storch ?? Die Schutzheil­ige von Palermo.
Foto: Ver‰ lagshaus Römerweg; Anton Maria Storch Die Schutzheil­ige von Palermo.

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