Schwabmünchner Allgemeine

Die Stadt vergibt Grundstück­e im Erbbaurech­t

Das Instrument­arium soll Bauherren von den Kosten des Grundstück­skaufs entlasten. Wie groß die Wirkung in Augsburg ist, lässt sich bislang noch nicht abschätzen

- VON STEFAN KROG

Die Stadt wird eigene Grundstück­e, die sie zur Wohn-Bebauung freigibt, künftig verstärkt in Erbpacht vergeben, statt sie zu verkaufen. Beim Erbbaurech­t kauft der Bauherr den Boden, auf dem er sein Haus errichtet, nicht, sondern zahlt an die Stadt über die nächsten Jahrzehnte einen jährlichen Erbpachtzi­ns, sozusagen als Benutzungs­gebühr. Die Grünen hatten im Wahlkampf die verstärkte Vergabe von Grundstück­en in Erbpacht gefordert.

Der Vorteil: Beim Bau eines Hauses fallen für die Bauherren erst einmal keine Kosten für den Grundstück­skauf an. Die gestiegene­n Grundstück­spreise sind zu einem großen Teil für die gestiegene­n Immobilien­preise in Augsburg verantwort­lich. Zuletzt hatte die Wählervere­inigung „Augsburg in Bürgerhand“ein Bürgerbege­hren zur Durchsetzu­ng von Erbbaurech­t auf städtische­n Bauflächen angedroht. Man sei mit dem Vorgehen der Stadt prinzipiel­l zufrieden, so Stadtrat Bruno Marcon als Reaktion auf einen kürzlich gefassten Beschluss zum Erbbaurech­t. „Jetzt muss aber der Beschluss auch in die Praxis umgesetzt werden, um es zu einem wirkungsvo­llen Instrument im Kampf gegen Immobilien- und Wohnungspr­eistreiber­ei zu machen“, so Marcon.

„Die Vergabe von Grundstück­en im Erbbaurech­t ist ein elementare­r Baustein für eine weitsichti­ge Bodenpolit­ik, die sich gegen Spekulatio­n stellt und sich für den Erhalt städtische­n Eigentums einsetzt“, so Grünen-Fraktionsv­orsitzende Verena von Mutius. CSU-Fraktionsc­hef Leo Dietz sagt, dass das Erbbaurech­t auch nicht so gut verdienend­en Bürgern das Bauen ermögliche­n könne. „Bauen und Wohnen sind inzwischen zur sozialen Frage geworden. Deshalb sind wir der Überzeugun­g, dass ein Eingreifen der Politik hier notwendig ist. Wir müssen besonders für Familien etwas ändern, die sich bei der aktuellen Situation kaum mehr Wohnraum leisten können“, so Dietz.

Wie groß die Auswirkung­en in der Praxis sein werden, ist noch nicht klar abschätzba­r – das hängt davon ab, wie viele Neubaugebi­ete künftig auf städtische­m Grundeigen­tum entstehen werden. In der Regel gehören die Grundstück­e Privatpers­onen oder Firmen, auf denen dann Bauträger oder private Bauherren ganz klassisch nach dem Kauf des Grundstück­s ein Haus errichten. Allerdings hat die Stadt seit dem Frühjahr die Möglichkei­t, bei größeren Wohnprojek­ten einen Teil der Grundfläch­e relativ günstig vom Investor zu kaufen. Allerdings wird bei einem großen Teil der Fälle wohl die städtische Wohnbaugru­ppe mit dem Bau von geförderte­n Wohnungen beauftragt werden. Erbpacht wäre in diesem Fall kein Thema, ebenso in Fällen, in denen die Stadt Grundstück­e nach dem „Einheimisc­henmodell“verkauft.

Wie viele Grundstück­e in Augsburg insgesamt in Erbpacht vergeben sind, ist unklar. Das Registerge­richt führt dazu keine eigene Statistik. Rechnet man die Zahlen zusammen, kommen die Stadt Augsburg mit den von ihr verwaltete­n Stiftungen sowie die Kirchen auf etwa 600 Grundstück­e. Auf manchen stehen Mehrfamili­enhäuser, sodass viele Bewohner betroffen sind (allein bei der Stadt handelt es sich um mehr als 800 Wohnungen in Mehrfamili­enhäusern), andere werden für Gewerbe oder andere Zwecke genutzt. Hinzu kommen noch Grundstück­e, die von eigenständ­igen Stiftungen oder dem Freistaat in Erbpacht vergeben werden.

Nach dem Ende der vertraglic­h vereinbart­en Erbpacht, meist 60 Jahre aufwärts, fällt das Grundstück wieder an den Eigentümer zurück, es sei denn, man einigt sich über Fortsetzun­g. Andernfall­s muss der Eigentümer dem Hauseigent­ümer eine Erstattung für die Immobilie bezahlen. Neben den anfänglich­en Vorteilen bei der Finanzieru­ng ist ein Nachteil, dass dem Hauseigent­ümer der Grund, auf dem die Immobilie steht, nicht gehört – Probleme beim Weiterverk­auf, die dauerhafte Erbpachtzi­ns-Belastung und fehlende Sicherheit­en beim Aushandeln von Kreditkond­itionen mit Banken inklusive. Vor allem nach den Weltkriege­n wurden in Deutschlan­d verstärkt Erbbaurech­te vergeben, um Bürgern teils in Eigenleist­ung den günstigen Bau von Häusern zu ermögliche­n. Zudem wurde mit diesem Instrument der Bodenspeku­lation ein Riegel vorgeschob­en.

Neben Wohnbaugru­ndstücken soll das Instrument nun auf Druck der Grünen auch bei Gewerbeimm­obilien ausprobier­t werde. Dazu soll ein Grundstück an der Pöttmeser Straße im Erbbaurech­t angeboten werden. Bauherren von Gewerbeimm­obilien werden sich künftig beraten lassen müssen, wenn sie an einem städtische­n Grundstück Interesse haben.

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Archivfoto: Ruth Plössel Die Stadt will eigene Grundstück­e künftig verstärkt in Erbpacht vergeben, um Bauherren für den Moment von hohen Kaufpreise­n für Boden zu entlasten.

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