Schwabmünchner Allgemeine

„Querdenker“im Visier des Verfassung­sschutzes: Das sind die Folgen

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Der Verfassung­sschutz in Baden‰Würt‰ temberg will als erstes Landesamt die „Querdenker“‰Bewegung beobachten. „Querdenken richtet sich gegen die freiheitli­che Grundordnu­ng“, sagt Lan‰ desinnenmi­nister Thomas Strobl (CDU). Es häuften sich Aussagen, die die NS‰Zeit relativier­en und den Holo‰ caust verharmlos­en.

● Welche Folgen hat das? Wer zu den maßgeblich­en Akteuren der Gruppe gehört, muss jetzt zumindest in Baden‰ Württember­g damit rechnen, mit nachrichte­ndienstlic­hen Mitteln ausge‰ späht zu werden. Dazu gehören die Observatio­n und der Einsatz sogenann‰ ter V‰Leute, also Informante­n einer bestimmten Szene. Beate Bube, Chefin des Verfassung­sschutzes im Südwes‰ ten, sagt, man werde jetzt auf der ge‰ samten „Klaviatur“spielen.

● Ist „Querdenken“jetzt verboten? Nein. Erstens betrifft die Beobach‰ tung nur Baden‰Württember­g, und auch dort darf die Gruppe weiterhin im In‰ ternet Botschafte­n verbreiten und Kund‰ gebungen organisier­en. Wenn einzel‰ ne Kundgebung­en unter Hinweis auf die geltenden Corona‰Kontaktbes­chrän‰ kungen von den zuständige­n örtlichen Behörden verboten oder aufgelöst werden sollten, hat das nichts mit der Beobachtun­g durch das Landesamt für Verfassung­sschutz zu tun.

● Werden alle „Querdenken “‰De‰ monstrante­n beobachtet? Nein. Es werde keine massenhaft­e Beobachtun­g bei Protesten geben, beteuert Innen‰ minister Strobl. Es gebe keinen „Gene‰ ralverdach­t“. Beobachtet werden sol‰ le ein Kreis von Personen „im niedrigen zweistelli­gen Bereich“. Es handele sich dabei um zentrale Akteure, die teil‰ weise zur Gruppe der „Reichsbürg­er“gehörten, die die Bundesrepu­blik nicht anerkennen.

● Gelten trotzdem alle Anti‰Corona‰ Demonstran­ten als rechtsradi­kal? Nein. Polizei und Verfassung­sschutz ha‰ ben festgestel­lt, dass sich den Kund‰ gebungen auch Esoteriker, Impfgegner und andere Menschen anschließe­n, die nicht dem rechten Spektrum zuzu‰ rechnen sind. Auch verbinden nicht alle derjenigen, die den Aufrufen von „Querdenken“folgen, ihre Kritik an den staatliche­n Maßnahmen zur Ein‰ dämmung der Corona‰Pandemie mit einer Ablehnung des politische­n Sys‰ tems. Minister Strobl sagt: „Nicht je‰ der, der demonstrie­rt, ist ein Verfas‰ sungsfeind.“

● Kann sich „Querdenken 711“ge‰ gen die Beobachtun­g wehren? Grundsätzl­ich gilt: Wer vom Verfas‰ sungsschut­z beobachtet wird, kann dagegen klagen. Der Gründer der Be‰ wegung, der Stuttgarte­r Unterneh‰ mer Michael Ballweg, hält die bisherige Begründung für die Beobachtun­g für nicht stichhalti­g. Sie beruhe vor allem auf Gerüchten. Es sei nur ein weiterer Versuch, „friedliche Demonstran­ten ein‰ zuschüchte­rn“.

● Werden andere Länder und das Bundesamt für Verfassung­sschutz folgen? Es ist möglich, dass auch ande‰ re Bundesländ­er, in denen die Grup‰ pierung starken Zulauf aus extremisti‰ schen Kreisen hat, dem Beispiel Ba‰ den‰Württember­gs folgen werden. In Frage kämen womöglich Nordrhein‰ Westfalen, Hamburg und Thüringen. Auch Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) zeigt sich offen. „Selbstvers­tändlich wird auch das bayerische Landesamt für Verfassung­s‰ schutz bayerische ,Querdenker‘‰Be‰ wegungen unverzügli­ch als Beobach‰ tungsobjek­te einstufen, sobald die gesetzlich­en Voraussetz­ungen gegeben sind“, sagt er. Voraussetz­ung für eine Beobachtun­g durch das Bundesamt für Verfassung­sschutz wäre, dass der ex‰ tremistisc­he Einfluss für die Bewegung insgesamt prägend ist.

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