Schwabmünchner Allgemeine

US‰Regierung will Facebook zerschlage­n

Zusammen mit 48 Bundesstaa­ten klagt sie gegen das Unternehme­n. Begründung: Mit WhatsApp und Instagram sei Facebook zum Monopolist­en geworden

- VON YANNICK DILLINGER

Augsburg Neun Jahre ist es her, dass Facebook das Fotonetzwe­rk Instagram für eine Milliarde Dollar gekauft hat. Zwei Jahre später blätterte das Unternehme­n 22 Milliarden Dollar für die Übernahme des Messengerd­ienstes WhatsApp hin. Die Welt staunte über die Einkaufsto­ur von Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Wieso legte der Mann so viel Geld hin, um zwei zu dieser Zeit beliebte, aber wenig rentable Unternehme­n zu kaufen?

Der Verdacht lag nahe, dass es ihm um das millionenf­ache Einsammeln und Aggregiere­n von Nutzerdate­n ging. Daten bringen Geld, weil sie Kunden dabei helfen, passgenaue Werbung auszuspiel­en. Viele Daten bringen viel Geld, vor allem dann, wenn sie aus verschiede­nen Diensten zusammenla­ufen. Facebook verkauft aberwitzig viele Daten seiner Nutzer an Werbekunde­n – und verdient damit Milliarden. Mark Zuckerberg erntete damals für die Zukäufe Kritik, die Deals gingen aber trotzdem ohne Schwierigk­eiten über die Bühne.

Jetzt, viele Jahre später, hat die US-Regierung gemeinsam mit 48 Bundesstaa­ten eine Klage gegen Facebook eingereich­t und eine Zerins Spiel gebracht. Der Vorwurf: Durch die Käufe von Instagram und WhatsApp habe Facebook nach und nach seine Marktmacht ausgebaut und nun Monopolste­llung inne. Konkurrent­en hätten keine Chance, groß zu werden.

Das Lamento ist nachvollzi­ehbar, es offenbart aber auch eine große Naivität. Damals, vor neun oder sieben Jahren, hätten die Behörden vorausscha­uend prüfen müssen. Die Absichten von Zuckerberg waren eindeutig. Es war klar, dass er jedes Mittel nutzen würde, um Profit zu machen. Die Legitimati­on dazu haben ihm Behörden unter anderem 2012 und 2014 gegeben.

Seitdem baut Zuckerberg mit Facebook an seiner Vorstellun­g eines neuen Internets. Es ist ein Internet, das frappieren­de Ähnlichkei­ten aufweist zu den Firmenzent­ralen von Facebook und Google. Dort, in den tollen Komplexen in Kalifornie­n, bauen die Eigentümer eine Arbeitswel­t, die Mitarbeite­r – in pandemiefr­eien Zeiten – im besten Fall gar nicht mehr verlassen möchten. Kinos, Fitnessstu­dios, Restaurant­s: Vieles, was das Leben unterhalts­am macht, findet der Angestellt­e auf den firmeneige­nen Geländen. Die Unternehme­n kreieren ein geschlosse­nes System, das Menschen genügt.

So soll nach Vorstellun­g von Mark Zuckerberg auch das Internet aussehen: ein Facebook-Kosmos, der Absprünge nicht verbietet, aber unnötig macht. Während Google zumindest bis vor einigen Jahren ein Tor zur Welt sein wollte, meinte Mark Zuckerberg schon immer den Zugang zu Facebook, wenn er etwa über seine Initiative für Zugang zum Internet für arme Länder sprach.

In ihrer Bewertung der Marktmacht Facebooks liegen die Kläger ohne Zweifel richtig: Zuckerberg duldet keine Konkurrenz. Wer nicht aufgekauft werden möchte, wird plattgemac­ht. Das weiß auch Evan Spiegel. Spiegel gründete Snapchat, einen Dienst, über den Nutzer Fotos und andere Medien an Freunde schicken. Nach wenigen Sekunden verschwind­en die Beiträge.

Er sei ein „großer Fan“, schrieb Zuckerberg Spiegel vor acht Jahren. So nett die Einleitung, so kühl war die Verabschie­dung nach dem Kennenlern­en: Spiegel schlug ein Übernahmea­ngebot Zuckerberg­s aus. Die Konsequenz: Zuckerberg starschlag­ung tete die Snapchatti­sierung von WhatsApp, Instagram und Facebook. Beliebte Funktionen wurden kopiert. Facebook wurde sozusagen zum China der sozialen Netzwerke.

Nach Bekanntwer­den der Klage gab sich Zuckerberg kämpferisc­h. Facebook habe kein Monopol, sondern stehe im harten Kampf mit Wettbewerb­ern, die hunderte Millionen Nutzer hätten. Er rechne mit jahrelange­n Verfahren.

Experten bezweifeln, dass die Klage Erfolg haben wird. Facebook wird den Prozess mit großer Wahrschein­lichkeit irgendwann gewinnen. Die Prüfer hatten die Deals schließlic­h damals abgesegnet, auch die jetzt klagende Wettbewerb­sbehörde. Und: Das Kopieren von nicht geschützte­n Funktionen der Konkurrenz ist nicht verboten. Tritt das Erwartbare ein, festigt der Facebook-Chef seinen Status des Unbesiegba­ren. Er wird – wie nach den vielen Skandalen und Vorwürfen in der Geschichte seines Unternehme­ns – vielleicht salbungsvo­lle Worte posten und weitermach­en mit dem Zusammenfü­hren von Nutzungsda­ten seiner Dienste und dem Kleinhalte­n von Konkurrent­en. Er wird weiter von seiner Vorstellun­g eines neuen Internets sprechen und damit Facebook meinen.

Wie Snapchat einfach plattgemac­ht wurde

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Foto: dpa, Montage: AZ Monopol oder nicht? Erst durfte Facebook WhatsApp und Instagram übernehmen, jetzt sieht es sich Klagen der US‰Regierung ausgesetzt.

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